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Prädikant Bernd Flamming mit seiner Hündin Liesel beim „Abendgottesdienst für Menschen und ihre Hunde“

Zur Belohnung gibt’s ein Leckerli – Prädikant Bernd Flamming lud zur Abendkirche für Menschen und ihre Hunde ein

Es sitzt sich idyllisch unter der hellgrün belaubten Linde, die Vögel zwitschern, zu den Füßen der Gottesdienstbesucherinnen und -besucher liegen zufrieden braune, schwarze und weiße Vierbeiner. Zum zweiten Mal hat Prädikant Bernd Flamming zum „Abendgottesdienst für Menschen und ihre Hunde“ auf den Platz vor der Pauluskirche in Köln-Höhenhaus eingeladen. Nicht alle Stühle sind besetzt, aber an diesem Abend spielt auch die deutsche Fußballnationalmannschaft im EM-Spiel gegen die Schweiz. Trotzdem sagt Bernd Flamming zum Schluss: „Ich habe mich ehrlich gefreut, dass ihr da wart!“

Natürlich ist seine Mischlingshündin Liesel auch dabei. Der kleine Vierbeiner mit dem rötlich schimmernden Fell lässt sich reihum streicheln, beschnuppert die anderen Hunde und schlabbert geräuschvoll Wasser aus dem Napf.  Derweil erzählt Bernd Flamming, wie es zu diesem besonderen Gottesdienst kam: „Zwei ältere Damen erzählten, sie würden sehr gerne zum Gottesdienst kommen, wüssten aber nicht wohin mit ihren Hunden.“ Also fand 2023 zum ersten Mal dieser besondere Gottesdienst statt, bei dem die Vierbeiner an der Seite ihrer Frauchen und Herrchen Gottesdienst erlebten und zum Ende hin auch den Segen erhielten. „Ich würde diese Art Abendkirche durchaus öfter anbieten, aber so, dass es etwas Besonderes bleibt“, sagt Bernd Flamming. Er war es auch, der Kontakt zum Tierheim Köln-Dellbrück aufnahm. Diana Haase vom Tierheim ist Mitglied der Höhenhauser Gemeinde und lacht, als sie berichtet, dass mit dem Prädikanten plötzlich ihr ehemaliger Religionslehrer vor ihr stand: „Er erzählte uns vom Hundegottesdienst und davon, dass die Kollekte an uns gehen solle. Das hat uns sehr gefreut.“

An diesem Abend ist Diana Haase mit Hund Jogi da, ihre Kollegin Sylvia Hemmerling, Öffentlichkeitsbeauftragte im Tierheim, hat „Bürohund“ Lupo dabei. Diana Haase sagt: „Ich finde, das ist eine ganz tolle Idee, denn mit diesem besonderen Gottesdienst erreichen wir vielleicht auch kirchenferne Menschen. Und ich habe Gelegenheit, an die vielen allein gelassenen Seelen in unserem Tierheim zu erinnern.“ Rund 100 Hunde, 80 Katzen und zahlreiche weitere Tiere versorgt das Team im Tierheim aktuell.

Deutliche Worte zum Umgang mit Tieren findet Prädikant Bernd Flamming in seiner Predigt, nachdem zunächst alle tierischen Gäste namentlich begrüßt wurden. „Natürlich kann ich zwischen der Liebe zu Menschen und zu Tieren unterscheiden. Aber ich kann auch ehrlich zugeben, dass ich meine Hündin liebhabe.“ Tieren eine Seele abzusprechen, sei nicht mehr möglich, wenn man einen Hund, aber auch einem Schwein mit Ferkeln, einmal in die Augen gesehen habe, ist er überzeugt. Und erläutert, er lebe schon viele Jahre vegetarisch: „Alles, was die Werbung der Fleischindustrie uns, unter anderem durch Verpackungen, bedruckt mit idyllischen Bildern, einreden will, ist gelogen!“

Der Prädikant zitiert den katholischen Theologen Eugen Drewermann und Alt-Bundespräsident Theodor Heuss. Drewermanns Zitat „Haben Tiere eine Seele und Gefühle, kann nur fragen, wer über keine der beiden verfügt“ und Heuss‘ Aussage von 1951 „Dass das Wort ,Tierschutz‘ überhaupt erfunden werden musste, ist wohl eine der blamabelsten Angelegenheiten der menschlichen Entwicklung“ passen gut in diese unbequeme, aber wichtige Predigt. „Ich lehne den Begriff ,Nutztier‘ entschieden ab“, betont Bernd Flamming und erinnert daran, dass in unserer Welt alles miteinander verknüpft ist, jeglicher Eingriff in das Ökosystem Konsequenzen hat. „Selbst die Mücke oder die Nacktschnecke gehören zur Schöpfung und werden gebraucht.“

Zum Schluss des Abendgottesdienstes verabschieden sich Menschen und Tiere mit dem Lied „Weißt du wie viel Sternlein stehen“ voneinander, im Text tauchen die „Mücklein“ auf und die Zusage, dass Gott jedes seiner Geschöpfe kennt und an allen sein Wohlgefallen hat. Und dann gibt‘s für jeden der Vierbeiner ein Leckerli von Bernd Flamming – ein Augenblick, den auch Liesel richtig toll findet.

Text: Katja Pohl
Foto(s): Matthias Pohl