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Zum Gedenken an Freya von Moltke: vor 100 Jahren in Köln geboren

Freya Deichmann wurde 1911 in Köln geboren, wo ihr Vater Carl Theodor Deichmann eine Privatbank betrieb. Sie wurde im Mai 1911 in der evangelischen Antoniterkirche getauft, wuchs am Georgsplatz auf und besuchte das Kaiserin-Augusta-Gymnasium. Mit 19 Jahren heiratete sie Helmuth James Graf von Moltke und promovierte 1935 an der juristischen Fakultät in Berlin. Anschließend beaufsichtigte Freya von Moltke die Bewirtschaftung des Familienguts ihres Mannes, Kreisau in Niederschlesien (heute Krzyzowa, Polen), während Helmuth James in Berlin als Jurist arbeitete.

1937 und 1941 kamen ihre Söhne Helmuth Caspar und Konrad zur Welt. Ab 1940 begannen Helmuth James von Moltke und Peter Yorck von Wartenburg damit, eine Widerstandsgruppe mit Menschen verschiedener sozialer, politischer und konfessioneller Herkunft aufzubauen. Während ihrer drei Treffen in Kreisau in den Jahren 1942 bis 1943 machten sie Pläne für ein demokratisches Deutschland und ein vereintes Europa – nach Hitler. Einige der „Kreisauer“, darunter Moltke, bezahlten diesen Widerstand gegen Hitler mit ihrem Leben.

Das Berghaus war der Ort der Treffen des Kreisauer Kreises zur Zeit der nationalsozialistischen Diktatur. Hier sitzt Helmuth James von Moltke auf der Terasse des Hauses, vermutlich 1939.

Wichtige Zeugnisse deutschen Widerstands
Freya von Moltke hatte an den Kreisauer Sitzungen teilgenommen und ihren Mann im Widerstand wie in der Haftzeit begleitet. Seine täglichen „Briefe an Freya“ gehören heute zu den wichtigsten Zeugnissen des deutschen Widerstands. Nach Kriegsende ging Freya von Moltke mit ihren Kindern nach Südafrika, in die Heimat der Großeltern ihres Mannes, wo sie als Sozialarbeiterin tätig war. 1956 kehrte sie nach Deutschland zurück und lebte ab 1960 in Vermont (USA), zusammen mit ihrem langjährigen Lebensgefährten, Eugen Rosenstock-Huessy.
Durch die Herausgabe der Briefe ihres Mannes 1988, die Betreuung und Beratung bei Veröffentlichungen sowie die Herausgabe ihrer eigenen „Erinnerungen an Kreisau“ 1997 sorgte Freya von Moltke dafür, die Erinnerung an den Widerstand wach zu halten.

Freya von Moltke im Gedenkraum von Kreisau, etwa im Jahr 2004.

Begegnungsstätte für die europäische Jugend: Kreisau heute
Das frühere Kreisau, der Ort wichtiger Treffen der deutschen Widerstandsgruppe Kreisauer Kreis, liegt heute in Polen und heißt Krzyzowa. Als Freundin und Ratgeberin begleitete Freya von Moltke den Wiederaufbau der Stadt nach dem Krieg. Noch bis 2004 kam sie fast jährlich auf Einladung der polnischen Stiftung Kreisau für Europäische Verständigung aus den USA nach Kreisau.

Seminarpause auf der Wiese vor dem Kreisauer Schloss.

Im Sommer 1989 hatte sich eine deutsch-polnische, zivilgesellschaftliche Initiative gebildet, die sich vorgenommen hatte, in Kreisau eine Begegnungsstätte für die europäische Jugend zu gründen. Dieser Initiative stand Freya von Moltke von Anfang an als „spiritus rector“ zur Seite. Gern sprach sie mit jungen Menschen, nicht nur über den Kreisauer Kreis sondern über alles, was die Jüngeren bewegte. Im Dezember 2004 gab Freya von Moltke ihren Namen einer Bürgerstiftung, deren Ziel es ist, die Arbeit der Kreisauer Begegnungsstätte zu fördern und deren Existenz langfristig zu sichern. Für die Freya von Moltke-Stiftung für das Neue Kreisau schrieb sie Briefe, reiste und gab Interviews. Mit ihrem Aufruf „Lassen Sie uns helfen!“ erreichte sie dabei viele Menschen. Mehr über das „neue und alte Kreisau“ hier.
Am 1. Januar 2010 starb Freya von Moltke im Alter von 98 Jahren in ihrem Haus in Norwich (Vermont, USA).

Helmuth Caspar von Moltke, Margot Käßmann, Gesine Schwan, Christian Wulff und viele mehr….
Dieses Jahr wäre also die Frau, die im Rückblick auf ihr Leben sagte „Wissen Sie, wenn ich nicht ein Christ und ein Rheinländer gewesen wäre, hätte ich das nicht überlebt“, 100 Jahre alt geworden. Konkreter formuliert, müsste man sagen: Sie war Protestantin. Und Kölnerin.
Das sind gute Gründe, um rund um das Leben dieser mutigen, politisch hoch engagierten Kölnerin und stetigen Kämpferin für eine lebendige Demokratie einen großen Festattagsreigen in Köln zu inszenieren. Das tun seit dem 24. Februar bis zum 25. Mai 2011 die Freya von Moltke-Stiftung, der Diözesanrat der Katholiken in Köln, das DOMFORUM, der Katholikenausschuss in der Stadt Köln, das katholische Bildungswerk Köln, die Karl-Rahner-Akademie, die Melanchthon-Akademie des Evangelischen Kirchenverbands Köln und Region, die AntoniterCityKirche und das NS-Dokumentationszentrum und die Stadt Köln.

Überblick über die kommenden Termine

Nationalsozialismus und Widerstand in Köln
Donnerstag, 10. März bis Dienstag, 31. Mai: „Es waren nur Wenige, die fest blieben“ – Anpassung und Widerstand 1933-1945. Führungen in der Dauerausstellung „Köln im Nationalsozialismus“
Am Kölner Beispiel werden Bedingungen widerständigen Verhaltens in der NS-Gesellschaft aufgezeigt. Neben dem konfessionell gebundenen und dem organisierten politischen Widerstand wird besonders die Bewegung der unangepassten Jugendlichen thematisiert. Der Blick wird sich dabei auch auf das generelle Verhalten und die Handlungsmöglichkeiten der Mehrheitsgesellschaft richten. Dieses Angebot ist besonders für Gruppen und/oder Schulklassen geeignet – Termine und Kosten bitte telefonisch erfragen!
Veranstalter/Ort, Kontakt: NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln (EL-DE-Haus), Appellhofplatz 23-25, Telefon 0221/22 12 65 67, barbara.kirschbaum@stadt-koeln.de

In der Wahrheit leben: Ausstellung und Begleitprogramm der Melanchthon-Akademie
Montag, 21. März, bis Donnerstag, 21. April: Ausstellung „In der Wahrheit leben“. Aus der Geschichte von Widerstand und Opposition gegen die Diktaturen im 20. Jahrhundert in der Melanchthon-Akademie
Beispiele von Widerstand und Opposition gegen den Nationalsozialismus und den Kommunismus. Dabei werden unterschiedliche Formen des Widerstands von Gruppen und Einzelpersonen aus Deutschland, Polen und anderen Teilen Osteuropas aufgezeigt.
Teil 1: Das Wirken des Kreisauer Kreises und dessen Verbindung zu anderen Widerstandsgruppen gegen den Nationalsozialismus.
Teil 2: Beispiele gesellschaftlicher und politischer Gruppen und Bewegungen in den Ländern des ehemaligen „Warschauer Paktes“, die sich gegen den Kommunismus richteten.
Eröffnet wurde die Ausstellung von Dr. Günter Brakelmann, mehr darüber hier.

Außerdem gibt es von Dienstag, 22. März bis Donnerstag, 21. April, ein eigenes Angebot für Schulklassen, die Ausstellung „In der Wahrheit leben“ zu besuchen und über Widerstandsbewegungen im Nationalsozialismus und demokratisches Verhalten heute zu sprechen. Als Einstieg in die Ausstellung bestehen verschiedene Möglichkeiten: Ein Interview mit Freya von Moltke ist sowohl als Film als auch als szenische Lesung (mit Vreneli Busmann und Dorothee Schaper) zu buchen. Weitere pädagogische Zugänge zur Ausstellung werden im Multiplikatoren-Workshop vorgestellt. Termine nach Vereinbarung.
Veranstalter/Ort, Kontakt: Melanchthon-Akademie, Kartäuserwall 24b, 50678 Köln, Telefon 0221/93 18 030.
Öffnungszeiten der Ausstellung: Montag bis Freitag, 10 bis 20 Uhr. Handzettel zu Ausstellung und Vortrag – gern auch zum Ausdrucken und Verteilen – hier.


Veranstaltungen im April: Vortrag, Führung, Workshop, Radiowerkstatt…
Montag, 4. April, 19 Uhr: Das katholische Köln und der Nationalsozialismus – Vortrags- und Diskussionsabend mit Prof. Dr. Horst Matzerath, Direktor a. D. des NS-Dokumentationszentrums
Nach wie vor sind die Haltung der katholischen Kirche gegenüber dem Nationalsozialismus und das Verhalten der Katholiken im Dritten Reich umstritten. Den damit zusammenhängenden Fragen ist für Köln vor allem Horst Matzerath in seinem Buch „Köln und der Nationalsozialismus“ nachgegangen. Der Eintritt kostet 8, ermäßigt 6 Euro.
Veranstalter/Ort, Kontakt: Karl Rahner Akademie Köln, Jabachstraße 4-8, (Nähe Neumarkt), Telefon 0221/801 07 80

Donnerstag, 7. April, 17 Uhr: Kölnerinnen und Kölner im Widerstand- Führung durch das EL-DE-Haus mit dem Direktor des NS-Dokumentationszentrums, Dr. Werner Jung
Ob die Inschriften in den ehemaligen Zellen, die Fotografien und Dokumente in den damaligen Büros oder die Interviews mit Überlebenden: In dem von 1935 bis 1945 von der Gestapo genutzten Haus sind zahlreiche Spuren von Kölnerinnen und Kölnern zu finden, die sich gegen das NS-Regime zur Wehr setzten. Es sind Zeugnisse vom Mut dieser Männer und Frauen, ihren Hoffnungen und Zielen, aber auch ihrem Leid. Es wird zugleich ein Überblick über die verschiedenen in Köln aktiv gewesenen Gruppierungen gegeben. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich, für Kölnerinnen und Kölner im Rahmen des KölnTages ist der Eintritt frei
Veranstalter/Ort, Kontakt: NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln (EL-DE-Haus), Appellhofplatz 23-25.

Freitag, 15. April, 17 bis 22 Uhr und Samstag, 16. April, 9 bis 13 Uhr: „Töchterliches Denken“ – Freya von Moltke und Eugen Rosenstock-Huessy. Ein Workshop der Melanchthon-Akademie mit Vreneli Busmann, Dr. Karola Fings, Dr. Michael Gormann-Thelen, Dr. Martin Bock, Dorothee Schaper
Freya von Moltke steht für den unscheinbaren, unerhört weiblichen Namen des Widerstands, wie er mit dem Kreisauer Kreis verbunden ist. In ihre Biografie führt am ersten Abend Dr. Karola Fings, stellvertretende Direktorin des NS-Dokumentationszentrums Köln ein. Ein Lehrer und Lebenspartner Freya von Moltkes, der Jurist, Soziologe und Sozialpionier Eugen Rosenstock-Huessy (1888-1973) nannte das Geheimnis dieses Widerstands „töchterliches Denken“. Wie jedes biblische Geheimnis wirkt auch dieses als Verheißung einer Zukunft. Diese soll in einem Workshop erkundet werden, und zwar wie sie sich nach 1945 vor allem in Osteuropa Bahn brach. Einige weniger bekannte Zeugen dieses Geheimnisses und dieser Verheißung sollen vorgestellt werden. Der Eintritt kostet 15 Euro für beide Tage.
Veranstalter/Ort, Kontakt: Melanchthon Akademie des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region, Kartäuserwall 24b, Anmeldung bitte unter Telefon 0221/931 80 30

Dienstag, 6. bis Freitag, 30. April: Jugendradioprojekt „Zivilcourage“ – Jugendliche machen Radio!
Zivilcourage – ein immer aktuelles Thema! Doch was ist Zivilcourage genau: Wann ist sie erforderlich? Wie kann Zivilcourage bewiesen werden? Was halten die Leute davon? Wer ist bereit, Zivilcourage zu beweisen? Wann ist man dazu bereit? Warum ist Zivilcourage so wichtig in einer Gesellschaft – im Großen wie im Kleinen? Das soll Thema eines Jugendradioprojektes sein. Teilnehmen können Jugendliche ab 16 Jahren. InteressentInnen reichen bitte bis zum 26. März einen Text, eine Collage oder etwas Kreatives zum Thema „Zivilcourage“ ein. Aus den Einsendungen werden die besten 20 Werke ausgewählt, deren AutorInnen dann am Radioprojekt teilnehmen können.
Veranstalter/Ort, Kontakt: Radiowerkstatt im Katholischen Bildungswerk Köln, Domkloster 3 (gegenüber Hauptportal Dom). Informationen unter Telefon 0221/92 58 47 50

Schlussveranstaltung im Mai: Filme zum Widerstand
Mittwoch, 25. Mai, 14 bis 16 Uhr: Im Gespräch mit Freya von Moltke – Filme zum Widerstand gegen die NS-Diktatur mit Hellmut Schlingensiepen
Der Filmemacher Hellmut Schlingensiepen stellt seine beiden Filme „Im Gespräch mit Freya von Moltke“ und „… weil wir zusammen gedacht haben“ vor. Der Eintritt kostet 3 Euro.
Veranstalter ist die Melanchthon Akademie des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region, Veranstaltungsort ist das Filmhaus Köln, Maybachstraße 111, Anmeldung bitte unter Telefon 0221/931 80 30.

Service für Medien: Fotografien zur Bebilderung Ihrer Beiträge über Freya von Moltke finden Sie hier zum Download (21MB, gezippt mit WinRar).

Text: Amt für Presse und Kommunikation
Foto(s): Freya von Moltke-Stiftung für das Neue Kreisau