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Zum ersten Mal angeboten: Ein Gesundheitstag für Kita-Mitarbeitende

„Wenn Sie vom Stuhl aufstehen, stützen Sie sich ruhig ab“, riet Sportwissenschaftler Sebastian Schröder, und demonstrierte, wie es geht: Beide Hände leicht gegen die Oberschenkel drücken und damit eine Rücken schonende Aufwärtsbewegung ermöglichen. Alternativ könne man das Sitzmöbel auch anders herum nutzen – mit der Lehne nach vorne, die sich in dieser Position ideal zum Abdrücken eigne. Schröder gehörte zu den externen Referierenden auf dem Gesundheitstag des Evangelischen Kindertagesstätten-Verbands Köln-Nord, dem ersten seiner Art. Schröder leitete den „Aktiven Hebe- und Trageparcours“. Zu seinen Utensilien zählte unter anderem auch ein Kasten Mineralwasser, mit dem er die empfohlene Technik des Lastentragens vormachte: in die Knie gehen, den Rücken gerade halten, so den Kasten oder Vergleichbares anheben und eng am Körper tragen. Schröder hatte eine Menge Tipps für alltägliche Situationen parat. So warnte er vor langem, statischen Stehen – „das ist Gift“. Ebenso seien Rotationsbewegungen bei gleichzeitig starrer Fußstellung zu vermeiden. Der Experte empfahl, insbesondere die Bauchmuskulatur zu stärken: „Das geht ohne großen Aufwand. Machen Sie einfach vor dem Fernseher regelmäßig ´sit-ups´.“ Und er warb dafür, „seinen Kopf einzuschalten“. „In unserem Alltag ist alles eingespielt. Wir kennen zwar alle Tricks und Kniffe“, wendeten sie aber zu selten an. „Trauen Sie sich auch, Kolleginnen und Kollegen darauf hinzuweisen.“



„Belastungsfaktoren für Kita-Mitarbeitende nehmen ständig zu“
Die Frage nach „Vorbildern“ für diese Veranstaltung verneinte Wolfgang Krause. Zwar sei der Aspekt Gesundheitsschulung in Kirchengemeinden schon mal thematisiert worden. „Aber das ein kirchlicher Arbeitgeber so etwas für einen Tag anbietet, bedeutet Neuland“, sagte Krause, Geschäftsführer des Evangelischen Kindertagesstätten-Verbands Köln-Nord. Als Grund nannte er „unsere Beobachtung, dass die Belastungsfaktoren für Kita-Mitarbeitende ständig zunehmen“. Dazu trage auch das Kinderbildungsgesetz (KiBiz) von 2008 bei, das mit der Regelung der Betreuung von Kleinkindern unter drei Jahren nochmals andere Anforderungen an die Mitarbeitenden stelle und gleichzeitig andere Belastungen, etwa hinsichtlich des Tragens, mit sich bringe. Diese Situation habe insgesamt zu einem relativ hohen Krankenstand geführt. Insbesondere habe die Zahl der Langzeit-Kranken zugenommen, so Ute Bunjes, Mitarbeitervertreterin im Evangelischen Kindertagesstättenverband Köln-Nord.

Neunzig Mitarbeitende in zwölf Einrichtungen
Um dem Problem entgegenzusteuern, reifte auf den Ebenen der Geschäftsführung und der Mitarbeitervertretung die Überlegung, einen Gesundheitstag anzubieten. Einen Tag, an dem die aktuell neunzig pädagogischen Mitarbeitenden der zwölf Einrichtungen im Kita-Verband zur gesundheitsfördernden Prävention angeleitet und motiviert werden sollten. „Im Vordergrund sollte der Input stehen, was ich täglich selber unternehmen kann für meine Gesundheit“, informierte Krause. „Die Idee wurde dem Vorstand angetragen, und wir fanden sie großartig, haben die Finanzierung übernommen“, so der Vorsitzende Pfarrer Torsten Sommerfeld. Denn mangelnde Gesundheit führe zu Unzufriedenheit, zur Beeinträchtigung der Mitarbeitenden. „Aber uns liegt das Wohlergehen unserer Mitarbeitenden am Herzen.“ Daqs belege auch der letztjährige Bildungstag zum Thema „Frühkindliche Bildung“, zu dem die pädagogischen Kita-Mitarbeitenden eingeladen waren. Nun trafen sie sich zum ersten Gesundheitstag im Evangelischen Gemeindezentrum Bocklemünd. „Die Gemeinde strahlt eine große Gastfreundschaft aus. Hier finden wir gute räumliche Möglichkeiten vor“, begründete Krause die Ortswahl, „und die engagierte Küsterin Edith Siegl´.“

Bewältigung von Stress, Rückenproblemen und Lärm
Das Programm sei in enger Kooperation mit der Mitarbeitervertretung konzipiert worden, so Krause. Gewünscht worden seien vor allem Anleitungen zur Bewältigung von Stress, Rückenproblemen und Lärm. „Wir haben dann geschaut, was auch finanziell machbar ist – und ich denke, dass das alles in einer Form stattfindet, die die eine oder den anderen überrascht.“ Nach der Begrüßung und kurzen Vorstellung der einzelnen Angebote nahmen die Teilnehmenden am Vor- und Nachmittag verschiedene Workshops wahr. In denen ging es beispielsweise darum, wie Raucher sich zu Nichtrauchern entwickeln können oder wie man sich „Zeit zum Durchatmen“ nimmt. Vorgestellt wurden „Gesundheitsbasics für Erzieherinnen und ein Grundprogramm zum Stressabbau“. Vertraut gemacht wurde mit autogenem Training und Kurzentspannungsübungen, mit Meditation, mit Yoga in Theorie und Praxis. Und selbstredend gab es praktische Tipps zur Rückengesundheit. Bei der Organisation und Durchführung kooperierte der Kita-Verband mit dem Betriebsärztlichen Dienst, der Berufsgenossenschaft, der Techniker-Krankenkasse und der EKiR, die zudem mit Infoständen vertreten waren. Zudem nutzten über sechzig Mitarbeitende über den Tag verteilt die Möglichkeit, einen Hörtest durchzuführen.

„Ein Geschenk des Arbeitgebers und Vorstands“
Eine Teilnehmerin bezeichnet die Veranstaltung als „ein super Angebot. Schön, dass die Workshops so gebündelt sind, dass man auf kurzem Weg in vieles hinein schnuppern kann.“ Andere Mitarbeiterinnen zeigten sich „überrascht, wie gut ich in die Entspannung gekommen bin. Das kenne ich im beruflichen Alltag von mir nicht.“ Oder empfanden es als wohltuend, „mal einen Tag lang nur für sich etwas tun zu können“. Ebenso positiv fiel das Fazit der Geschäftsleitung und der Mitarbeitervertretung aus. „Wir sehen den Tag als ein Geschenk des Arbeitgebers und Vorstands“, freute sich Bunjes. „Der Tag mit allen Mitarbeitenden war wertvoll und wichtig für die präventive Gesundheitsarbeit im Kita-Verband. Wir werden am Thema dranbleiben“, so die pädagogische Geschäftsführerin Claudia March. „Die Chancen, die aus diesem Tag erwachsen können, empfinde ich als groß“, ergänzte Sommerfeld. Er könne sich gut vorstellen, dass sich Gesundheitsprävention in den Einrichtungen selbst weiter entwickle, dass beispielsweise auch Übungen in die gemeinsamen Pausen der Erziehenden aufgenommen würden.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Broich