Die Verbandsvertretung des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region im November 2018 hat sich im Schwerpunkt mit dem Thema Zukunft beschäftigt. Der Vorstand informierte die Delegierten dabei über verschiedene Themen, wie zum Beispiel die Weiterentwicklung der Pläne für eine neue Bebauung am Kartäuserwall oder aber auch die Entwicklungen im Diakonischen Werk Köln und Region.
„Liebet eure Feinde“
Stadtsuperintendent Rolf Domning erinnerte in seiner Andacht zu Beginn der Sitzung an das Ende des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren. „Den Historikern gilt der Erste Weltkrieg als die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts mit 17 Millionen Toten. Sie führte zu Faschismus und Kommunismus und sehr bald in den Zweiten Weltkrieg. Manche reden gar vom zweiten 30-Jährigen Krieg zwischen 1914 und 1945“, sagte Domning. Der Evangelische Kirchenverband Köln und Region hat ein Themenheft mit dem Titel „Suche Frieden“ herausgebracht. In den Gemeinden habe es eine Fülle von Veranstaltungen zu dem Thema „Frieden“ gegeben. „Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde! Das Jesuswort auf höchster politischer Ebene, das ist kein religiöser Wahn, wenn aus Feinden Freunde werden, wenn sich Freundschaft aus bitterer Feindschaft heraus entwickelt. Und ich hoffe, die bleibt“, fuhr der Superintendent fort. Denn: „Wir müssen weiterhin sehr viel dafür tun und für dieses Europa der gemeinsamen Interessen und des Friedens eintreten. Nationale Interessen spielen leider wieder eine verstärkte Rolle und europafeindliche Parteien lassen zum Teil die alten Feindschaften und Fronten wiederaufleben.“
Flüchtlingspolitik im Geist der Nächstenliebe
In seinem letzten Bericht vor der Verbandsvertretung – Stadtsuperintendent Rolf Domning geht im Juli nächsten Jahres in den Ruhestand – erinnerte er an die Demonstration „Köln zeigt Haltung“. Dort seien weit über zehntausend Menschen für eine Flüchtlingspolitik im Geist der Nächstenliebe eingetreten. „In meiner Rede habe ich noch einmal deutlich machen können, dass Rechtspopulisten versuchen, sich mit dem Bezug auf christliche Symbole und Begrifflichkeiten ein bürgerliches und Vertrauen bildendes Mäntelchen überzuhängen. Das gelingt immer weniger, hoffentlich. Die nationalistisch-völkischen Positionen vieler Mitglieder der Alternative für Deutschland lassen sich nicht mehr kaschieren.“ Trotz aller Herausforderungen gelte es, für ein offenes Europa einzutreten. Gegen Antisemitismus richtete sich die Versammlung „Köln trägt Kippa“ zu Beginn des Jahres neben dem Dom vor dem Römerbogen. „Der erinnert schließlich daran, dass wir alle, also auch Juden und Christen vor 1700 Jahren einmal gemeinsam in die Stadt Colonia Agrippina eingewandert sind. Wir haben uns also gewissermaßen an unsere gemeinsamen Anfänge erinnert.“ Der Superintendent appellierte an die Mitglieder der Verbandsvertretung: „Es ist auch unsere Aufgabe als Christen das Gift des Antisemitismus, gerade weil wir es trotz dieser gemeinsamen Anfänge aus unserer eigenen Geschichte so gut kennen, beim Namen zu nennen und dabei auch mit Selbstkritik nicht zu sparen.“
Kritik an Plänen der Kirchenleitung
Heftige Kritik übte Rolf Domning an den Plänen der Leitung der Evangelischen Kirche im Rheinland, die Kirchensteuerverteilung zu verändern. Die Kirchensteuerhoheit soll auf die Landeskirche verlagert werden, wodurch die sogenannten „gebenden Kirchenkreise“ etwa in den Städten Köln, Bonn und Düsseldorf neben der bisherigen einvernehmlichen und solidarischen Pro-Kopf-Verteilung von 95 % des gesamten Kirchensteuereinkommens auch die restlichen 5 % nicht mehr einbehalten dürfen. Nach Abschluss des Umstellungsprozesses in zehn Jahren stünden den Gemeinden in Köln und der Region ca. 14 Euro pro Jahr pro Gemeindeglied weniger zur Verfügung. Das müsse unbedingt verhindert werden. Der Verbandsvorstand hat ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. „Ich finde, hier wird überzeugend herausgearbeitet, dass eine solche tief in unsere presbyterial-synodale Kirchenverfassung eingreifende Verlagerung der Kirchensteuerhoheit, wenn überhaupt, nur durch eine Änderung der Kirchenordnung erfolgen kann“, stellte Stadtsuperintendent Rolf Domning fest.
„Unsere Kirche“ mit Regionalausgabe für Köln und Region
„Unsere Kirche“ heißt eine Zeitung, die bislang im Evangelischen Presseverband der Westfälischen Kirche erscheint, in Bielefeld produziert und von dort verbreitet wird. In Zusammenarbeit mit dem Amt für Presse und Kommunikation des Kirchenverbandes wird in Bielefeld eine Regionalausgabe für Köln und Region erstellt. „Ab dem Ersten Advent gibt es bei uns also wieder eine evangelische Wochenzeitung“, freute sich Domning. Im Regionalteil werden die Leserinnen und Leser neben journalistischen Beiträgen auch Gottesdienste, Veranstaltungen und Konzerte in Köln und der Region finden. „Das wird uns nicht mehr als unsere redaktionellen Beiträge kosten, die wir sowieso schon auf unterschiedlichen Wegen in die Öffentlichkeit bringen“, sagte der Superintendent in Bezug auf die Kosten für den Verband.
144,80 Euro pro Gemeindeglied
Dann standen Zahlen im Vordergrund der Verbandsvertretung. Finanzkirchmeister Lothar Ebert präsentierte den Jahresabschluss 2017 und den Haushalt für 2019. Der Jahresabschluss 2017 wird mit einer Bilanzsumme in Höhe von rund 110 Millionen Euro und einem Bilanzergebnis sowie einem Haushaltsergebnis in der Ergebnisrechnung in Höhe von 2,04 Millionen Euro aufgestellt. 80 Prozent des Jahresüberschusses, 1,6 Millionen Euro, werden an die dem Evangelischen Kirchenverband angeschlossenen Gemeinden nach Anzahl der Gemeindeglieder überwiesen. 20 Prozent des Überschusses, knapp 410.000 Euro, werden in die Ausgleichsrücklage des Kirchenverbandes eingestellt. Für das Jahr 2019 rechnet Lothar Ebert mit Erträgen und Aufwendungen in Höhe von ca. 122 Millionen Euro. Nach Abzug aller Umlagen sollen laut Plan rund 40 Millionen Euro Kirchensteuern an die Gemeinden überwiesen werden. Das sind 144,80 Euro pro Gemeindeglied.
Sicherung und Stärkung der diakonischen Arbeit
„Die Diakonie ist Auftrag der Kirche Jesu Christi“, sagte Pfarrer Markus Zimmermann, Superintendent des Kirchenkreises Köln-Nord, zu Beginn seines Berichtes auf der Verbandsvertretung des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region. „Dies muss und wird auch weiter so wahrgenommen werden.“ Es gehe darum, das Niveau der diakonischen Arbeit zu halten und wenn möglich zu stärken, auch wenn die Kirchensteuereinnahmen in absehbarer Zeit sänken. Die Zukunft des Diakonischen Werkes Köln und Region (DW) beschäftigt die Gremien des Kirchenverbandes schon länger. Als im Sommer der Verbandsvorstand vorgeschlagen hatte, eine Kooperation mit der Diakonie Michaelshoven als präferierte Möglichkeit zu prüfen, gab es danach viele Fragen und Impulse aus den Gemeinden. Auf einer Informationsveranstaltung im Herbst 2018 hatten die Gemeinden die Möglichkeit, den aktuellen Stand zu erfahren und Rückfragen zu stellen. Zimmermann versprach auch der Verbandsvertretung ein transparenteres Verfahren und eine intensive Beteiligung der Gemeinden an der Entscheidung über die Zukunft des DW. Seit Sommer analysiert Interimsmanager Jörg Zeyßig die betriebswirtschaftliche und inhaltliche Struktur des DW und wird im kommenden Jahr eine Potenzialanalyse für das Diakonische Werk vorlegen. Die Verbandsvertretung und die Gemeinden sollen dann über die Ergebnisse informiert werden. Im Sommer 2019 könnte die Verbandsvertretung dann möglicherweise über eine neue Ausrichtung des DW entscheiden. „Es geht um die nachhaltige Sicherung und Stärkung der diakonischen Arbeit als Wesensäußerung von Kirche“, sagte Zimmermann. Er dankte auch Martina Schönhals und Jörg Zeyßig, die nach dem Ausscheiden von Geschäftsführerin Helga Blümel zusammen mit Mitgliedern des Fachausschusses die Leitung des DW übernommen haben. Auch das Engagement von Gaby Orbach, stellvertretende Vorsitzende des Fachausschusses DW, hob Superintendent Markus Zimmermann hervor und danke ihr dafür sehr herzlich.
Neubauprojekt am Kartäuserwall
Dr. Bernhard Seiger, Superintendent des Kirchenkreises Köln-Süd, berichtete über den Fortgang der Planungen für ein Neubauvorhaben des Kirchenverbandes. Es geht um das Areal am Kartäuserwall 24b, auf dem heute die Evangelische Familienbildungsstätte, die Melanchthon-Akademie und das Jugendpfarramt untergebracht sind. „Wir haben in einem Auswahlverfahren als Stadtplanungsbüro das Büro DeweyMuller gefunden. Mit Hilfe dieses Büros sind in den letzten Monaten viele Abstimmungen mit den Ämtern der Stadt Köln erfolgt, vor allem mit dem Stadtplanungsamt. Es geht darum, dass wir im Verfahren der Mehrfachbeauftragung, also des Architektenwettbewerbs, schon etliche genehmigungspflichtige Fragen klären können und müssen“, berichtete Seiger. Ziel sei eine vorhabenbezogene Änderung des Bebauungsplans, der regelt, was und wie dort gebaut werden darf. Am Ende sollen drei Gebäude auf dem Grundstück stehen. Auf dem nordöstlichen Teil des Grundstücks soll ein Haus der Bildung/Campus Kartause gebaut werden. Einziehen sollen die Institutionen, die heute dort bereits untergebracht sind. In dem am Kartäuserwall geplanten Gebäude werden Wohnungen, Büros und Gastronomie entstehen.
Evangelische Kommunität und Wohnungen für Studierende
Das bestehende Gebäude könnte in einem zweiten Bauabschnitt abgerissen werden und würde dann Platz für ein Haus machen, in dem Studentenappartements gebaut werden. „Sie wissen, dass es viel zu wenig Studierendenappartments in Köln gibt“, sagte Seiger an die Verbandsvertreterinnen und -vertreter gewandt: „Noch dazu zu bezahlbaren Preisen. Lernen und studieren auf dem Campus, das geht gut zusammen. Wir haben dadurch dann Kontakt mit jungen Menschen verschiedener Fachrichtungen.“ Seiger hat Kontakt zum Studierendenwerk aufgenommen, „das diese Idee großartig findet und unterstützt, bis hin zu einem möglichen Betreiben dieser Einrichtung“. Geplant sind 45 bis 50 Appartements. Ein diakonischer Träger soll nach den Plänen in dem Gebäude des zweiten Bauabschnitts Wohngruppen unterbringen. Geplant ist auch eine evangelische Kommunität. Außerdem soll auf dem Gelände der Evangelische Gemeindeverband Köln-Nord angesiedelt werden. „Ich hoffe, Sie können die Vision teilen und erkennen, dass es viel mehr als eine Vision ist, und dass wir ziemlich konkret unterwegs sind“, schloss Seiger seinen Vortrag. Der Architektenwettbewerb in Form einer Mehrfachbeauftragung soll Anfang 2019 starten. Im Sommer nächsten Jahres soll der Sieger feststehen. Dann könnte entschieden werden, welcher Entwurf umgesetzt werden könnte.
Diakoniespende 2019
Einstimmig beschlossen die Verbandsvertreter und -vertreterinnen, die Diakoniespende 2019 für das Diakoniehaus am Salierring zu sammeln. Dort wohnen ehemals obdachlose Menschen und erhalten auch medizinische Betreuung. Die Diakoniespende 2018, die für den Vringstreff erhoben wird, erbrachte bislang 41.500 Euro. Die Aktion läuft noch bis zum 31. Juli 2019.
Personalia:
Pfarrerin Almuth Koch-Torjuul aus Frechen ist neues Mitglied des Fachausschusses Diakonisches Werk Köln und Region. Sie ist Nachfolgerin von Gerhard Johenneken, der seine Mitgliedschaft in dem Ausschuss beendet hat. Die Verbandsvertretung wählte Professor Dr. Udo Bühler als stellvertretendes Mitglied in den Vorstand des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region. Er stammt aus der Kirchengemeinde in Sindorf.
Stichwort Verbandsvertretung
Die Verbandsvertretung ist das Leitungsorgan des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region mit seinen 57 Gemeinden im Rhein-Erft-Kreis, in Köln und im Rheinisch-Bergischen Kreis in den vier Kölner Kirchenkreisen. Zu den Aufgaben der Delegierten gehören beispielsweise der Beschluss des Haushalts und die Wahl des Stadtsuperintendenten. Die Verbandsvertretung tagt zweimal im Jahr und wird von Stadtsuperintendent Rolf Domning geleitet.
Hier finden Sie den Bericht von Stadtsuperintendent Rolf Domning.
Hier finden Sie den Bericht von Superintendent Markus Zimmermann.
Hier finden Sie den Bericht von Superintendent Dr. Bernhard Seiger.
Foto(s): Stefan Rahmann/APK