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Zehn Jahre ökumenische Begegnungsstätte „Lichtblick – Café + mehr“ in Köln-Stammheim

„Lichtblick – zehn Jahre erfolgreiche Arbeit. Mehr als ein Café – der Treffpunkt des Stadtteils. Ein ökumenisches Projekt; jede und jeder kann kommen, um zu essen, zu trinken, zu reden … Besuchen Sie das Straßenfest!“ Diese Schlagwörter eines vorher aufgezeichneten Radio-Beitrags schallten an Christi Himmelfahrt durch die Scharffensteinstraße in Köln-Stammheim. Zuvor hatten die beiden Gemeinden, die im Lichtblick – Café + mehr  zusammenarbeiten – die katholischen Christen in St. Johannes Evangelist und die Evangelische Brückenschlag-Gemeinde Köln-Flittard/Stammheim im Dietrich-Bonhoeffer-Haus – getrennte Gottesdienste gefeiert. Danach begaben sie sich gemeinsam auf ihre an Himmelfahrt traditionelle, ökumenische Christus-Prozession durch den Stadtteil.



Ohne Ehrenamtliche ist das dauerhaft nicht zu leisten
Der kurze, informative Hörfunk-Beitrag läutete dann das in weiten Teilen leider ziemlich verregnete Straßenfest ein. Dessen Anlass war ein Besonderer: Das 10-jährige Bestehen der ökumenischen Begegnungsstätte „Lichtblick – Café + mehr“. Auf und vor der Bühne sorgten die evangelische Gemeinde-Band „Go(o)d Connection“ und der Aufbruch-Chor der katholischen Gemeinden für Musik und Gesang. Stadtsuperintendent Ernst Fey dankte den zahlreichen Menschen, „die in den zehn Jahren gekommen und gegangen sind“, ihre Kraft eingebracht und durchgehalten hätten – in ökumenischer Partnerschaft. Großen Dank hätten auch diejenigen verdient, die zur Finanzierung beigetragen haben und beitragen. Fey erzählte, er komme aus der Gemeinde Bickendorf, einem Stadtteil mit ähnlichen sozialen Problemen, „wo viele parallele Dinge wie hier passiert sind“, und übermittelte Grüße aus dem evangelischen Begegnungscafé „Bickolo“ seiner Gemeinde. „Immer auf dem Schleudersitz sitzen, immer kämpfen, das ist auch das Problem in unserem Café.“ Dort wie hier – ohne Ehrenamtliche sei das dauerhaft nicht zu leisten.

„Man muss Ökumene leben. Und das tun wir hier.“
„Unser Café schließt eine Lücke im Stadtteil, es ist ein ´Segen´ für Stammheim“, sagte der katholische Pfarrer Rolf Schneider von der Pfarrei St. Mariä Geburt. Anstelle des verhinderten Weihbischofs Manfred Melzer las er dessen Grußwort, und fasste zusammen: „Man muss Ökumene leben. Und das tun wir hier.“ Vertreter der Stadt und des Bezirks hoben hervor, wie wichtig das Lichtblick-Café mit seinen über die klassischen Aspekte hinausgehenden Angeboten und Vernetzungsstrukturen für das Leben in Köln sei. Es sei aus Stammheim nicht wegzudenken, habe vor Ort soziale Verantwortung übernommen und ermögliche in der direkten Umgebung die Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben.

Ein „Jugendtraum“
Im Gespräch mit dem evangelischen Pfarrer Gerold Vorländer blickte Gerd Pfahl, seit der Eröffnung 1995 bis Ende Oktober 2003 hauptamtlicher Geschäftsführer im „Lichtblick“, auf die Entwicklung der Einrichtung. „Weshalb hast Du damals eine feste Arbeitsstelle im öffentlichen Dienst aufgegeben, um das Café mit aufzubauen?“, fragte Vorländer. „Es war ein Jugendtraum“, so Pfahl. Er habe Kirche in einer besonderen Weise erfahrbar machen wollen: Dort auf die Menschen zuzugehen, wo sie leben. Beeindruckt habe ihn zudem die Vielzahl der Freiwilligen, die sich schon im Vorfeld der Eröffnung engagiert hätten, sei es bei den Renovierungsarbeiten, beim Einrichten, beim Montieren der Möbel. Zu Beginn habe es im Stadtteil Schwierigkeiten mit der Akzeptanz gegeben, meinte Pfahl. „Das hat sich aber geändert.“ Es sei außergewöhnlich, dass dieses Projekt auf den Schultern von zwei Kirchengemeinden ruhe. Ebenso Besonders sei das Plus-Zeichen im Namen. „Das ist das Kreuz.“ Es zeige, dass die Begegnungsstätte gespeist sei von der Kraft Gottes. „Nicht jeder, der hier rein kommt, muss merken, dass er bei Kirche ist“, formulierte Pfahl. „Aber wenn er rausgeht, muss er wissen, dass er bei Kirche war.“ Hier werde nicht gefragt, „was wünschen Sie“, sondern „was können wir Ihnen Gutes tun“.

Vom Gedankenspiel zur Realisierung
Zurück zur Vorgeschichte. „Alles begann mit einem leer stehenden Ladenlokal in der Gisbert-/Ecke Scharffensteinstraße“, erinnert Vorländer. „Zugleich gab es Überlegungen in der Gemeinde, wie unsere missionarische Wirkung zu verbessern sei. Wie wir aus dem traditionellen kirchlichen Raum zu den Leuten kommen, ihnen auf ihren Alltagswegen begegnen könnten.“ Dabei sei auch ein „Ladenkirchenprojekt“, ein Kirchencafé, wie Vorländer es aus Wuppertal kannte, angedacht worden. Je länger das zuvor von einem Discounter genutzte Lokal „in bester Lage“ unvermietet blieb, desto konkreter wurden die Gedankenspiele. „Schließlich haben wir für den Ersten Advent 1994 eine Gemeindeversammlung einberufen, und, da das Projekt von Beginn an ökumenisch geplant war, auch die katholische Gemeinde einbezogen.“ Zwar hätten kritischen Stimmen nicht grundlos das finanzielle Wagnis betont. Aber von vielen seien die Chancen eines solch niederschwelligen Angebotes erkannt worden, „in dem Menschen Kirche auf ganz andere Art und Weise begegnen und konkrete Hilfe erfahren können“.

2.000 ehrenamtliche Arbeitsstunden
Eine Arbeitsgruppe machte sich an die Prüfung „all dieser Dinge“, fragte nach den Bedürfnissen der Menschen vor Ort. Anfang 1995, als kurzfristig die Möglichkeit zum Kauf des Lokals bestand, griff die Evangelische Brückenschlag-Gemeinde zu. Zehn Monate dauerten Umbau und Einrichtung, die Kosten wurden durch Zuschüsse und Spenden gedeckt . „Insgesamt kamen rund 2.000 ehrenamtliche Arbeitsstunden von einer zunehmenden Zahl Freiwilliger zusammen“, blickt Vorländer dankbar zurück. Im März 1996 wurde die ökumenische Begegnungsstätte „Lichtblick – Café + mehr“ eröffnet. Inzwischen sei sie für viele Menschen jeden Alters nicht mehr aus ihrem Leben und sozialen Gefüge wegzudenken, sagt Vorländer. „Sie ist ein fester Bestandteil ihres alltäglichen Lebens oder auch gelegentlicher Anlaufpunkt für Fragen und Sorgen. Das gilt weit über die beiden Kölner Stadtteile Stammheim und Flittard hinaus.“

Kultur und Glauben, Polizeisprechstunde und Sozial-Beratung,
Kleiderkammer und Buchladen

Das Café dient jungen wie alten Menschen als Treffpunkt. Als Ort der Entspannung und des Gesprächs. „Wir haben Zeit und ein offenes Ohr für Sie. Hier können Sie reden … über Gott und die Welt“, lautet die Einladung. Das „Lichtblick“ bietet ebenso Beratung und Hilfe in seelsorgerischen wie sozialen Fragen. Hier hält die Polizei regelmäßig Sprechstunden ab, berät ein Stadtteilbüro „in allen Lebenslagen“. In der Einrichtung finden Glaubensangebote statt und ein umfangreiches Kulturprogramm mit Vorträgen, Konzerten und Ausstellungen. Sehr gut angenommen wird auch die im September 2004 in Kooperation mit dem Katholischen Bildungswerk und den Bibliotheken der umliegenden Pfarrgemeinden begonnene Reihe der monatlichen Lesungsabende. In der Kleiderkammer können gut erhaltene Stücke abgegeben oder gegen Spende erworben werden. Im Buchladen, „dem einzigen zwischen Leverkusen und Mülheim“, kann man jeden Titel bestellen, gibt es eine Auswahl an neuen und gebrauchten Büchern, an Karten und Kunstgewerbe sowie diverse Eine-Welt-Artikel.

Mehr als 170 Ehrenamtliche machen das alles möglich
„Im vergangenen Jahrzehnt hat mich am meisten beeindruckt, wie viele Menschen sich hier eingebracht haben und weiter einbringen“, sagt Vorländer. „Bis heute zählen wir insgesamt über 170 Ehrenamtliche. Beeindruckend ist auch, dass die Finanzierung über diesen langen Zeitraum geklappt hat.“ Dazu trage neben Erlösen aus dem Café- und Ladenbereich vor allem der Förderverein der Begegnungsstätte bei. Rechtsträger des „Café Lichtblick“ sei zwar die Evangelische Brückenschlag-Gemeinde, so Vorländer. Aber das Projekt sei von einem ökumenischen Fundament getragen. Entsprechend sei der Leitungskreis, „eine Art Aufsichtsrat“, ebenso paritätisch evangelisch-katholisch besetzt wie Mitarbeiterkreis und Fördervereinsvorstand.  „Das Mitarbeiterspektrum hat sich erweitert“, freut sich Antje Gensichen, seit November 2003 hauptamtliche Geschäftsführerin des „Lichtblick“. Regelmäßig würden nun auch Jugendliche, die den Treffpunkt über ein Schülerpraktium oder als Konfirmanden kennengelernt hätten, hier freiwillig Dienst tun. Die Sozialarbeiterin hebt auch die vergleichsweise langen Öffnungszeiten des „Lichtblick“ hervor.

Interesse? Kommen Sie doch mal vorbei!
Die ökumenische Begegnungsstätte „Lichtblick – Café + mehr“ in Köln-Stammheim, Gisbertstraße 98/Ecke Scharffensteinstraße, ist geöffnet dienstags bis samstags von 9:30 bis 13 Uhr und 15 bis 18 Uhr, sonntags und feiertags (außer montags) von 15 bis 18 Uhr. Von Mai bis September ist samstag nachmittags geschlossen. Die Kleiderkammer ist geöffnet donnerstags von 9.30 bis 12.30 Uhr.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich