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Wird demnächst der „Orgelmotor“ ausgehen? Wo steht eigentlich die Kirchenmusik in diesen Zeiten?

Lobet den Herrn mit Harfen und mit Saitenspiel!“ Oder mit Orgelklang, jauchzenden Chören, Gospelklängen, Blockflötenchor, Kindergesang, und und und: Im Jahr 2003 tummelten sich 51.000 Gemeindemitglieder in Kirchenchören, Sing- und Instrumentalkreisen – das ist  fast ein Sechstel von insgesamt knapp 312.000 an Gemeindekreisen der Evangelischen Kirche im Rheinland teilnehmenden Menschen. Etwa 1.500 nebenamtliche und nahezu 200 hauptamtliche Kirchenmusiker und -musikerinnen organisieren und leiten in der Rheinischen Kirche diese Musik-Kreise, sorgen für die gottesdienstliche Musik, die musikalische Begleitung der Amtshandlungen, singen mit Kindergarten- und Schulkindern und holen über attraktive Konzertangebote Menschen in die Kirchen. Doch demnächst droht der Orgelmotor auszugehen, weil das Geld knapp wird.

„Kirchenmusik ist vielerorts das Rückgrat der Gemeinde“,
sagt Landeskirchenmusikdirektor Ulrich Cyganek. Aber er sieht drohende Wolken am Horizont: „Es könnte passieren, dass in manchen Gemeinden demnächst der Orgelmotor ausgeht.“ Überall muss Kirche sparen, das macht die ohnehin nicht einfache Situation gerade für die hauptamtlichen Kantorinnen und Kantoren schwieriger. Es gibt mehr Bewerber als vakante Stellen, bei den freien Stellen handelt es sich jetzt schon oft um Teilzeitstellen, die zu 75 oder 50 Prozent besetzt sind. „In so einem Fall kann ein Alleinverdienender bei einem Einstiegsgehalt von BAT-Kf Vb in einer B-Stelle keine Familie ernähren – von der später zu erwartenden Altersarmut ganz zu schweigen“, mahnt Cyganek.
Dabei durchlaufen die angehenden Kirchenmusiker ein anspruchsvolles Studium, das zumeist nur möglich wurde, weil sie vor der Aufnahmeprüfung jahrelang privat Unterricht nahmen. Die Verdienstmöglichkeiten in der rheinischen Kirche liegen im Vergleich mit den anderen Landeskirchen übrigens im unteren Drittel der Skala.

Die Landessynode 2006 wird sich mit der Kirchenmusik beschäftigen
Was kann man tun, wenn man sparen muss und trotzdem die Qualität der Arbeit wie auch die Sicherheit der Beschäftigten in diesem zentralen und lebendigen Bereich evangelischen Gemeindelebens sichern will? Die Landessynode 2006 wird sich unter anderem mit dem Thema Kirchenmusik beschäftigen. Reformen in den Stellenstrukturen und in der Ausbildung sind dabei dringend erwünscht. Nicht immer entsprechen die Studieninhalte den Anforderungen heutiger Gemeindearbeit. Die Bereiche Popularmusik und musikalische Arbeit mit Kindern sind unterrepräsentiert, die Möglichkeiten zur Schwerpunktbildung müssen ausgeweitet werden.

Mitentscheidend für die Zukunft der Kirchenmusik ist die die Qualität der Arbeit in allen Bereichen. „Manch eine schlaff musizierte Barock-Kantate ist ebensowenig ,Frohe Botschaft‘, wie ein textlich unverständlich gesungener Gospel“, formuliert Cyganek es provokant.

Gleich gut auf allen Hochzeiten zu tanzen, ist allerdings eine mächtige Anforderung an künftige und derzeitige Kirchenmusiker. Deswegen plädiert Cyganek für eine zusätzliche Schwerpunktbildung, etwa im musikpädagogischen Bereich.

Text: Christiane Dohmstreich für kontrovers
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