Dr. Bernhard Seiger ist neuer Stadtsuperintendent. Die Verbandsvertretung des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region wählte ihn in ihrer Frühjahrssitzung mit 75 von 86 Stimmen. „Bevor Sie gleich eine Wahl treffen, dann sollen Sie wissen, wofür ich stehe“, leitete Dr. Bernhard Seiger seine Bewerbungsrede um das Amt des Stadtsuperintendenten ein.
Kirche im Umbruch
„Wir sind eine Kirche im Umbruch“, wies er hin auf Umstrukturierungsprozesse, die schon eingeleitet worden seien und noch bevorstünden. „Unsere Generation hat die Aufgabe, den Umbau unserer Kirche so zu organisieren, dass es effektiv ist und nachhaltig gesunde Strukturen geschaffen werden und wir dabei mutig und klar und zuversichtlich unsere Botschaft an ,alles Volk‘, wie es in der Barmer Theologischen Erklärung heißt, vertreten und der Gesellschaft im Auftrag unseres Herrn dienen, so gut wir es können.“
Es gelte, transparent, offen und zielgerichtet nach den richtigen Wegen zu suchen. Er habe in den vergangenen Jahren unseres Kirchenkreises so viele engagierte und kreative Menschen in Ämtern und Ehrenämtern erlebt, dass er zuversichtlich sei, „dass wir zusammen viel auf die Reihe bekommen können“, so Dr. Seiger. Wichtig sei: „Wir werden beides tun müssen: Intelligente Lösungen zum Schrumpfen finden und dabei Profil neu entwickeln.“ Als Beispiele nannte er die Organisation der diakonischen Arbeit und den Bildungsbereich mit dem Neubauprojekt am Kartäuserwall. Wichtig sei der Ausbau der digitalen Präsenz im Netz.
Gesellschaftliche Aufgaben
Zur Ökumene: „Unsere Botschaft ist das Evangelium von Jesus Christus – und da ist die Zusammenarbeit mit den katholischen Schwestern und Brüdern und die Zusammenarbeit mit den Kirchen der ACK eine wichtige Basis.“ All das könne nur gemeinsam mit den Superintendentinnen und dem Superintendenten gelingen. Dr. Seiger setzt auf Gemeinschaft. „Wir können nur in bescheidener Weise einen Rahmen schaffen und nach Wegen suchen. Ob Segen daraus wird, haben wir nicht in der Hand. Ich glaube, dass gute theologische Arbeit und eine gesunde Haltung des Fragens, wie sie des Protestanten würdig ist, ein guter Kompass ist.
Offenheit und Vertrauen auf Gottes Güte wird uns dabei helfen.“ Die Nächstenliebe eines Christenmenschen schließe selbstverständlich die Geflüchteten ein. Beim Thema Umweltschutz räumte Dr. Seiger ein, dass die Kirche ihre Vorreiterrolle aus den 80er Jahren ein Stück weit verloren habe. Das müsse sich ändern. Allerdings gebe es keine einfachen Antworten auf die komplexen Fragen. „Neben der Leidenschaft der jungen Generation brauchen wir Besonnenheit, um die richtigen Entscheidungen zu treffen.“
Seit 23 Jahren Pfarrer in Bayenthal
Der neue Stadtsuperintendent wurde am 26. September 1963 in Vorst zwischen Viersen und Krefeld geboren. 1982 endete seine Schullaufbahn mit dem Abitur am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium in Leverkusen. Danach studierte er als Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes Theologie in Bonn, Tübingen und Durham in den USA. Das zweite theologische Examen legte Dr. Bernhard Seiger 1991 ab.
1995 wurde er an der Universität Bonn promoviert. Seine Dissertationsschrift trug den Titel „Versöhnung – Gabe und Aufgabe“. Seit 1996 ist der neue Stadtsuperintendent Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Bayenthal. 2008 wählte ihn die Synode des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Süd zum Superintendenten und bestätigte ihn 2016 im Amt. Dr. Bernhard Seiger, bekennender Anhänger des Fußball-Bundesligisten Bayer Leverkusen, ist seit 1994 mit seiner Frau Christine verheiratet. Sie haben eine 20jährige Tochter.
Rolf Domning verabschiedete sich von der Verbandsvertretung
Das Pfarrhaus ist leer geräumt. Vieles aussortiert. Bei der Sperrmüll-Abgabestelle der Abfall-Wirtschafts-Betriebe hat er einen Kollegen getroffen, der auch in den Ruhestand geht. Der scheidende Stadtsuperintendent Rolf Domning warf in dem Gottesdienst zu Beginn der Verbandsvertretung einen Blick zurück. Elf Jahre hatte er das Amt inne. „Denn das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren werden; uns aber, die wir selig sind, ist’s eine Gotteskraft“, zitierte Domning aus dem 1. Korintherbrief. Als Symbol für seine Predigt wählte er einen leeren Bilderrahmen und fragte, welches Erinnerungsbild wohl bleiben würde. Domning teilte viele Erinnerungen aus seiner Dienstzeit als Pfarrer, Superintendent des Kirchenkreises Köln-Mitte und Stadtsuperintendent. Dies waren zum Beispiel die Blaukopp-Ausstellung 2002, die an den ersten offiziellen protestantischen Gottesdienst 1802 erinnerte, die Empfänge für das Dreigestirn im Haus der Evangelischen Kirche und insbesondere das ökumenische Eintreten gegen Rechts unter dem Motto „Unser Kreuz hat keine Haken“. „Nächstenliebe ist ein Gebot Gottes und kein Gutmenschentum. Hut ab vor Kapitänin Rackete. Die Rettung von Menschen ist erste Christenpflicht“, sagte Domning. „Ich durfte lange Zeit im Zentrum stehen und werde jetzt zur Randerscheinung in diesem Bild. Und das ist gut, weil Jesus Christus in diesem Bild immer im Mittelpunkt steht. Er trägt und hält unser Bild von Kirche in Köln und Umgebung.“ Die gesamte Predigt können Sie hier lesen.
Neubauvorhaben am Kartäuserwall zugestimmt
Die Abgeordneten der Verbandsvertreung stimmten einem Bauvorhaben des Kirchenverbandes am Kartäuserwall in der Kölner Südstadt zu. Verwirklicht werden soll ein Entwurf des Büros Kasper Kraemer Architekten. In dem „Campus Kartause“ werden evangelische Bildungseinrichtungen, wie die Melanchthon-Akademie und die Evangelische Familienbildungsstätte untergebracht. Geplant sind auch studentisches Wohnen und frei finanzierte Wohnungen sowie eine evangelische Kommunität. Der Entwurf von Kraemer wird im August der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Baukosten betragen 44 Millionen Euro, die der Verband ohne Aufnahme von Fremdmitteln aufzubringen beabsichtigt.
Diakonisches Werk wird gemeinnützige GmbH
Eine Projektgruppe aus dem Fachausschuss Diakonie und dem Vorstand des Evangelischen Kirchenverbandes hat nach intensiver Analyse und Diskussion vorgeschlagen, das Diakonische Werk in eine gemeinnützige GmbH zu überführen. Erster alleiniger Gesellschafter wird der Kirchenverband sein. „Im Moment ist das Diakonische Werk nicht zukunftsfähig und wird auf Dauer der kirchlichen Aufgabe der Diakonie nicht gerecht“, sagte Superintendent Markus Zimmermann, der als Mitglied der Projektgruppe den Vorschlag vorstellte.
Als gGmbH habe die Kölner Diakonie die Chance zu wachsen. Zum Beispiel durch Fusionen. „Die böten die Möglichkeit, Mehrfachstrukturen aufzulösen und somit Kosten einzusparen“, fuhr Zimmermann fort. Eine weitere Refinanzierung der diakonischen Arbeit durch Kirchensteuern könne „nicht Sinn der Sache sein“. Es müssten neue Finanzierungsquellen für die diakonische Arbeit erschlossen werden. Es würden zwar weiterhin Kirchensteuer in die diakonische Arbeit fließen. „Aber als verhandelte Zuschüsse.“ Ziel sei nicht zuletzt die Stärkung gemeindenaher Diakonie. „Die Arbeitsplätze und die kirchlichen Tarifstrukturen des Diakonischen Werkes bleiben in der neuen gGmbH erhalten“, erklärte der Superintendent weiter.
Personalia:
Zum ersten Stellvertreter des Stadtsuperintendenten wählte die Verbandsvertretung Markus Zimmermann, zur zweiten Superintendentin Andrea Vogel, zur dritten Stellvertreterin Susanne Beuth.
In den Verbandsvorstand wurde Dr. Dörte Münch gewählt. Sie ist Nachfolgerin von Lukas Pieplow, der aus persönlichen Gründen sein Amt niedergelegt hat.
Dr. Beate Lehndorff ist neues Mitglied im Fachausschuss Melanchthon-Akademie.
Foto(s): Stefan Rahmann/APK