Es hieß Abschied nehmen in der Auferstehungskirche in Ostheim. 13 Jahre war Andrea Stangenberg-Wingering dort Pfarrerin. Nun wechselt sie auf eine volle Pfarrstelle in Leverkusen-Steinbüchel. Sie wird auch dort wohnen. Neu besetzt wird die halbe Stelle von Andrea Stangenberg-Wingering nicht. Die Gemeinde Köln Rath-Ostheim hat 2927 Mitglieder, pro 3000 Gemeindeglieder bewilligt die Landeskirche eine Pfarrstelle. Die hat Dr. Gerhard Wenzel inne.
Die scheidende Pfarrerin predigte über die Geschichte des Fischzuges aus Lukas 5 und blickte in Parallelen zurück auf ihre Arbeit in der Gemeinde. Der bekannteste Satz aus der Geschichte, in der Simon eine gewaltige Menge Fische in seinen Netzen einholt, lautet: „Fahre hinaus, wo es tief ist, und werft eure Netze aus.“ Sie habe sich im Jahr 2011 in tiefes Gewässer begeben, als sie auf drängenden Wunsch des Presbyteriums hin die halbe Stelle in Ostheim angetreten habe. Seitdem hat sie im Pfarrhaus neben der Kirche gewohnt. Es habe zur Routine von Fischern wie Simon gehört, nach der Ausfahrt die Netze zu säubern und zu reparieren und dann auszuruhen. In Ostheim, so die Pfarrerin, habe sie viele Ehrenamtler gefunden, die mit ihr hinausgefahren seien. „In Ostheim habe ich ein experimentierfreudiges Völkchen vorgefunden“, befand sie.
Das Schiff Gemeinde werde dort von einem guten Team gelenkt. „Es geht nur gemeinsam.“ Wenn Fischer ausführen, könne es sein, dass sie mit leeren Netzen heimkämen. „Manchmal habe ich Angebote gemacht und es tat sich nix.“ Es habe aber viel mehr Erfolge gegeben, wie zum Beispiel die Reformationsjubiläen oder ein Gottesdienst an einem Tisch. „Meistens war die persönliche Ansprache wichtig“, sagte Andrea Stangenberg-Wingering und verwies auf die Glockenspenden während der Corona-Zeit. Es empfehle sich immer, für Hilfe andere Boote heranzuwinken. Kooperationen mit anderen Gemeinden seien wichtig wie nie. „Das lief und läuft in Ostheim. Wir sind bekannt für Gutes, oder?“, fragte die Pfarrerin in die Runde und erntete stürmischen Applaus.
Dann zitierte sie wieder aus der biblischen Erzählung: „Und sie kamen und füllten beide Boote voll, sodass sie fast sanken. Da Simon Petrus das sah, fiel er Jesus zu Füßen und sprach: Herr, geh weg von mir! Ich bin ein sündiger Mensch. 9Denn ein Schrecken hatte ihn erfasst“, heißt es im Lukas-Evangelium weiter. Sie habe 13 Jahre lang immer das Gefühl gehabt, ihren Aufgaben nicht gerecht geworden zu sein. „Ich bitte alle um Verständnis, denen ich nicht genug war“, sagte Andrea Stangenberg-Wingering. Zugleich sei sie sicher, im Bezirk Ostheim vieles auf den Weg gebracht zu haben. „Das Paula-Dürre-Haus gehört sicher dazu. Dabei waren und sind die Menschen wichtig, die sich eingebracht haben und noch einbringen mit vielfältigen kreativen Ideen und Initiativen, ehren- und hauptamtlichem Engagement und einer Verbundenheit mit Gemeinde und Veedel, die einzigartig ist. Es hat mir große Freude gemacht, mit Vereinen und Verbänden, den Schulen, dem Seniorennetzwerk, Nachbargemeinden, den Organisationen im Stadtbezirk Kalk zusammenwirken zu können zum Wohle der Menschen hier, im Vertrauen auf einen Gott, der unser Leben erhält und trägt, auch in schwierigen Zeiten.“ So ganz verlassen wird die Pfarrerin die Gemeinde aber nicht: „Ich werde mich noch ein bisschen um das Weiterbestehen unseres Gospelchors kümmern, der mein Hobby ist“, ließ sie die Anwesenden wissen. Aber laut dem zwanglosen Zwang des besseren Arguments nach Jürgen Habermas sei es nun Zeit aufzubrechen. Und auch der Kairos sei auf ihrer Seite: „Ich habe mich zweimal beworben und bin zweimal gewählt worden.“
Superintendent Torsten Krall entpflichtete Pfarrerin Andrea Wangenberg-Wingering in dem festlichen Gottesdienst in der Auferstehungskirche. Torsten Krall wies darauf hin, dass Simon Petrus als Bootsbesitzer zu seiner Zeit als Kleinunternehmer gegolten hätte und entsprechend privilegiert gewesen sei. Der Superintendent lobte die scheidende Pfarrerin. „Du hast hier wie Petrus segensreich gewirkt und Menschen vernetzt.“ Sie habe gefragt, was könnt Ihr? Musik? Dann werde man ein Konzert machen. „Wenn Kirche Teil des Veedels ist, können wir uns einbringen. Und das bedeutet nicht, am Strand „rumzudümpeln“. Wo es unbequem ist, da ist die Verheißung. Wo es tief ist, ist das Risiko. Und dann kann man auch nochmal rausfahren.“ Andrea Stangenberg-Wingering habe Menschen berührt, zum Beispiel auch in der Krankenhausseelsorge, bei der Koordination der Notfallseelsorge und im Paula-Dürr-Haus. „Wir werden nicht bleiben, wie wir sind. Aber du hast die Gemeinde durch Vernetzungen gut aufgestellt.“ Mit Blick auf die Zukunft sagte er: „Wir wünschen dir Gottes Segen für deine neue Arbeit. Wir bleiben hier und machen das Beste draus. Du gehst jetzt nach Leverkusen, in die Stadt des Meisters. Da bleibt einem als Kölner nicht viel zu sagen.“
Foto(s): Stefan Rahmann