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„Willkommensinitiative für Flüchtlinge“ plant weitere Schritte:

„Schön, dass Sie wieder alle hier sind und schön, dass Sie, die zum ersten Mal hier sind, den Weg hierher gefunden haben!“, begrüßte Dorothee Schaper, Studienleiterin der Melanchthon-Akademie die rund 80 Frauen und Männer aus mehr als 25 Initiativen und Bürgerbewegungen, die ehrenamtlich in den und um die Flüchtlingsheime Hilfe leisten wollen – oder es bereits tun.

Eingeladen hatte die Melanchthon-Akademie, der Fachbereich Migration des Diakonischen Werks Köln und Region, der Kölner Flüchtlingsrat sowie die Kölner Freiwilligenagentur zu einem zweiten Treffen der „Willkommensinitiative für Flüchtlinge“.

„Miflüs“ treffen „Oflüs“
„Wir reden hier übrigens mittlerweile von Miflüs und Oflüs!“, erklärte Schaper – gemeint sind Initiativen, die bereits Flüchtlinge betreuen, also die „mit Flüchtlingen“, und Initiativen, die in der nächsten Zeit Flüchtlinge erwarten, also die noch „ohne Flüchtlinge“. Ziel der Veranstaltung sei es, so erklärte es Joachim Ziefle, ebenfalls Studienleiter der Melanchthon-Akademie, weitere Bedarfe zu ermitteln und mögliche Verabredungen zu treffen.

Lehrerin organisiert Sprachprojekt
Zunächst stellten sich alle Initiativen kurz vor und berichteten über den aktuellen Stand ihrer Aktivitäten. Hier ergab sich ein wirklich vielseitiges Bild von bürgerschaftlichem Engagement und Einsatz für Flüchtlinge in Köln. So berichtete der Vizepräsident eines Fußballvereins in Köln-Brück von der Aktion „Flüchtlinge bringen Freu(n)de“, die das Ziel hat, im eigenen, aber auch in acht benachbarten Fußballvereinen vor allem Flüchtlingskinder kostenlos im Verein aufzunehmen und auch die Eltern zu Sport und Spiel einzuladen. Aktuell seien es 1.600 Personen, mit denen man Kontakt habe. Ein Mitglied der Flüchtlingsinitiative Köln-Weiden-Lövenich berichtete von vier Gruppen von Ehrenamtlichen, die für Flüchtlinge Feste, Besuche, sprachliche Unterstützung sowie Begleitung zu Behörden und Ärzten organisieren. Eine Lehrerin aus Köln-Sülz plant ein Sprachprojekt mit jugendlichen französischsprachigen Flüchtlingen und Schülern der 9. Klasse in ihrer Schule.

Tanzgruppe für Flüchtlinge
Eine Tanztherapeutin, die sich einer Flüchtlingshilfe-Gruppe bei Facebook angeschlossen hat, möchte eine Tanzgruppe für Flüchtlinge anbieten. Ein Mitarbeiter der „Kantine“ im Kölner Norden erzählte von einem Nachbarschaftsfest im September, zu dem ca. 90 Flüchtlinge aus dem benachbarten Flüchtlingsheim gekommen waren. Ein Frühjahrsfest im März sei auch bereits geplant. Eine Ehrenamtliche aus der Initiative „Willkommen in der Moselstraße“ organisiert zusammen mit anderen ein offenes Nachbarschaftscafé an der Kartäuserkirche. Angeboten werden dort außerdem Deutschkurse, eine Fahrradwerkstatt und Begleitung zu Ärzten und Ämtern. „Wir haben noch viele weitere Ideen, müssen uns aber erst mal gut aufstellen, um den großen Anlauf zu bewältigen“, sagte sie. Der Neuland e.V. aus der Kölner Südstadt plant ein Gartenprojekt für Flüchtlinge. Und ein Mitglied von „Flüchtlingspunkt Kürten“ betonte: „Wir sind ‚Miflüs’, aber ‚Ostruk’ – mit Flüchtlingen, aber ohne Struktur.“ Es gebe zurzeit 120 Flüchtlinge an zwei Standorten, man versuche gerade die Vernetzung zu den Kirchen, Tafeln, Kleiderkammern usw. herzustellen.

Probleme in Köln-Blumenberg
Für die vielen Initiativen, die in Kürze Flüchtlinge in ihrer Nachbarschaft begrüßen wollen, sind diese Erfahrungsberichte eine wertvolle Hilfe und sie machen Mut für das eigene Vorhaben. Probleme wie in Köln-Blumenberg, wo in den nächsten zwei Wochen die ersten Flüchtlinge ankommen werden, sind den „Miflüs“ durchaus bekannt: In Blumenberg muss man sich neben den vielen Vorbereitungsarbeiten auch mit Gegeninitiativen auseinandersetzen, die sich offen gegen die Unterbringung von Flüchtlingen in ihrem Stadtteil aussprechen. Da helfe es, eine Struktur zur Vernetzung zu schaffen zwischen denen, die bereits Erfahrung mit Flüchtlingshilfe haben, und jenen, die sich gerade auf die neuen Nachbarn vorbereiten.

Lange Wartelisten und weiterer Bedarf
Zu diesem Zweck stellten Ulla Eberhard von der Kölner Freiwilligenagentur und Claus-Ulrich Prölß vom Kölner Flüchtlingsrat ihre neue Projektidee vor, das „Zentrum für Willkommenskultur“. Das Zentrum soll den Austausch zwischen den Initiativen intensivieren, zum Beispiel durch Open Space-Methoden, Angebote zur Unterstützung machen und eine konkrete Zusammenarbeit, etwa in Form von Projekten, planen. „Seit zwei Jahren erleben wir in Köln ein wahnsinniges Anwachsen bürgerschaftlichen Engagements, zeitgleich mit dem Syrienkrieg und untergegangenen Schiffen im Mittelmeer, die für viel Aufmerksamkeit sorgten“, so Prölß. Erste Willkommensinitiativen-Ansätze habe es schon vor einem Jahr gegeben, diese Willkommensinitiative, sei aber „schon etwas Einzigartiges, was es in dieser Weise in Köln noch nicht gegeben hat“. Das Mentorenprojekt für Flüchtlingsfamilien und die außerschulische Betreuung von Flüchtlingskindern durch den Kölner Flüchtlingsrat und die Kölner Freiwilligenagentur deckten bei Weitem nicht den Bedarf. Die Wartelisten seien lang und letztendlich habe es nichts mit der Arbeit vor Ort zu tun, wenn sich Nachbarschaften zusammenfänden.

„Wie starte ich ein Mentorenprojekt?“
„Wir können uns vorstellen, dass es in Punkten, wo einzelne Initiativen schon Erfahrungen gesammelt haben, Qualifizierungsbedarf gibt“, stellte Eberhard fest. Zum Beispiel könne man das Know-how zur Ausbildung von Mentoren an Initiativen vor Ort weitergeben, etwa in Form eines Leitfadens unter dem Motto „Wie starte ich ein Mentorenprojekt?“ Aber auch zu Rechtsgrundlagen, Fluchtgründen und Lebenssituation von Flüchtlingen könne man in Veranstaltungen und Fortbildungen informieren. Unterstützung sei sicherlich auch nötig zur Frage „Wie kann man Nachbarschaften gut gestalten?“ Gleichzeitig könne man bedarfsorientiert als Dienstleister das, was vor Ort benötigt und gewünscht werde, umsetzen, ergänzte Prölß. „Wir würden auch als Ansprechpartner dienen, für alle, die noch nicht ehrenamtlich tätig sind und sich engagieren wollen“, sagt der erfahrene Flüchtlings-Berater.

ABC der Willkommenskultur
„Wir haben bereits vorgedacht und vorgearbeitet und ein ABC für Willkommenskultur geschrieben“, erklärte Eberhard. Beispiele aus der Praxis, wie man eine Willkommenskultur gestalten kann, wurden dazu gesammelt und alphabetisch in einer Liste zusammengestellt. Der Start des Zentrums sei für Januar geplant. Von der Aktion „Wir helfen“ wurden bereits Zuschüsse in Höhe von 50 Prozent der Kosten für das erste Jahr zugesagt, der Rest werde bei der Stadt Köln beantragt. Es müsste genügend Geld zusammenkommen, um eine Planstelle zu schaffen, wünschte sich Prölß. Einen festen Ort für das Zentrum gebe es derzeit jedoch noch nicht. Zunächst wolle man dies an die Büros der Freiwilligenagentur und des Flüchtlingsrates anbinden. „Erst mal interessiert uns, wie Sie diese Idee überhaupt finden“, so Prölß. „Sie müssen uns sagen, was wir tun sollen!“

Homepage „Wiku“ zur sinnvollen Vernetzung
Ein weiteres Projekt – die Erstellung einer Homepage mit dem Namen „Wiku“ (für Willkommenskultur) – fand bei allen Anklang. Einen bereits sehr weit ausgearbeiteten Vorschlag stellten Eva Grommes und Claudia Roche von „Willkommen in Sürth“ (WISÜ) vor. Die Seite soll wichtige Informationen enthalten, insbesondere eine Auflistung aller Initiativen in Köln mit deren Terminen und Aktivitäten. Es solle aber auch die Möglichkeit geben, sich zu vernetzen und Anfragen zu bestehenden Angeboten zu stellen. Auch ein Community-Bereich sei geplant. „Der Vorteil der Website ist, dass die einzelnen Initiativen keine eigene Seite brauchen, sondern sich gemeinsam auf einer Homepage vorstellen“, erläuterte Roche.

(Schnell-)Fahrplan für neue Initiativen
In Arbeitsgruppen – getrennt nach „Miflüs“ und „Oflüs“ (die Begriffe wurden im Laufe des Abends von allen Gästen ganz selbstverständlich benutzt) – ging es anschließend darum, zu sammeln, was die einzelnen Initiativen für ihre Arbeit brauchen, wo also konkreter Bedarf besteht. Hierbei wurde deutlich, dass eine zentrale Koordinierungsstelle nötig ist, etwa wenn es um den Wunsch von Gruppen geht, einen konkreten „(Schnell-)Fahrplan“ zu erhalten, in dem Schritt für Schritt erklärt wird, was zu welcher Zeit zu tun ist. Aber auch zu Fragen wie „Wohin mit Sachspenden?“, „Wo gibt es Infomaterial?“, „Wo kann ich Dienstleistungen kostenlos tauschen?“ usw. sei eine zentrale Stelle hilfreich.

Verabredung für Februar 2015
Nachdem man bei diesem zweiten Treffen die Bedürfnisse erörtert habe, müsse man im nächsten Schritt sehen, „was wie umgesetzt wird“, so Ziefle. Dazu wolle man sich erneut im Februar 2015 treffen. Einig waren sich alle, dass die Homepage möglichst schnell an den Start gehen müsse, ebenso die Schaffung der zentralen Koordinationsstelle. Ulla Eberhard versicherte, dass man bei der Kölner Freiwilligenagentur und auch beim Kölner Flüchtlingsrat Hilfe erhalte, sowohl in Form von Projektentwicklung als auch zu rechtlichen Fragen oder zu Fragen der Qualifizierung. „Es gibt wahrscheinlich keinen standardisierten Fahrplan, aber es gibt 100.000 Ideen. Aus diesen Ideen herauszufiltern, was für die eine oder die andere Initiative sinnvoll und möglich ist, das kann moderiert werden. Hier bieten wir Unterstützung und entwickeln gemeinsam einen Plan“, meinte Eberhard.

Text: Susanne Hermanns
Foto(s): Susanne Hermanns