You are currently viewing Wie wollen wir in Zukunft in Verschiedenheit zusammenleben?

Wie wollen wir in Zukunft in Verschiedenheit zusammenleben?

„Verschiedenheit ist kein Grund zur Ausgrenzung und Ähnlichkeit keine Voraussetzung für Grundrechte. – Das bedeutet, dass wir uns nicht mögen müssen! Wir können einander merkwürdig, sonderbar, altmodisch, neumodisch, spießig oder schrill finden, solange wir die Grund- und Menschenrechte auf alle Menschen anwenden!“ Dies schrieb bereits vor einigen Jahren die Publizistin und Philosophin Carolin Emcke. Dieser Impuls beschreibt auch das Ziel der neuen Veranstaltungsreihe „Offene Gesellschaft“ der Melanchthon-Akademie in Köln. An sechs Samstagen in 2018 lädt daher die Veranstaltungsreihe „Offene Gesellschaft“ Interessierte ein, gemeinsam über eine „offene Gesellschaft“ in unserem Leben und unserer Stadt nachzudenken, darüber zu reden und Ideen für den Alltag zu entwickeln. Die Kölner Trinitatiskirche bietet dabei einen ungewöhnlichen Ort, an dem sich Menschen, Ideen und Gedanken begegnen können.

Der erste Termin „Offene Gesellschaft“ am 17.02.2018, von 15 Uhr bis 19 Uhr in der Trinitatiskirche, Filzengraben 4, 50676 Köln, steht unter dem Titel „Kompass ohne Orientierung“. Die Trinitatiskirche beherbergt an diesem Samstag einen Kompass aus einem Flüchtlingsboot und gibt Raum für Rettungsgeschichten mit diesem Kompass. Durch die Fundstücke aus dem Mittelmeer verwandelt sich der Kirchraum sowohl zum Gedenkort für die Ertrunkenen als auch zum Diskussionsraum, die Rettungsmöglichkeiten für Flüchtlinge im Mittelmeerraum zu finden. Was denken und tun Christen an dieser Schnittstelle, wo Nord und Süd aufeinanderprallen?

Im Interview auf der Kölner Kirchenbank gibt Pfarrerin Dorothee Schaper einen ersten Überblick über die Veranstaltungsreihe:

Während der Veranstaltung beschäftigen sich die Teilnehmenden mit den Rettungs- und Versagensgeschichten im Mittelmeerraum. Reinhard Schmitz, ehemaliger Kapitän bei „Seawatch“, hält einen Impulsvortrag zum Thema. Es schließt sich die Diskussion „Europäische Außengrenzen und die Kirchen“ mit Pfarrer Rafael Nikodemus, Kirchenrat der Evangelischen Kirche im Rheinland, an. Die Künstlerin und Therapeutin Jutta Eisenecker zeigt Bilder zum Thema „Flucht“. Der Tag klingt mit arabischen und deutschen, muslimischen und christlichen Stimmen des deutsch-arabischen Chorprojektes „Eichenoase“ mit Saad Thamir und Samuel Dobernecker aus.

Die Termine:

  • 17. Februar 2018, „KOMPASS OHNE ORIENTIERUNG – EIN FUNDSTÜCK IM MITTELMEER“
  • 28. April 2018, „HAST DU DEINE ZAHNBÜRSTE DABEI?“ Martin Luther King – und 50 Jahre danach
  • 30. Juni 2018, „ERZÄHL MIR VON DER SEELE“ – Ein offenes Kunstprojekt: Fundbüro für verlorene Seelen
  • 8. September 2018, „WIR FORDERN FRIEDEN!“ 100 Jahre „Engagierte Pazifistinnen“ – Von Pazifistinnen und anderen Frauen(wahl)rechtlerinnen weltweit
  • 6. Oktober 2018, „REGINA UND INA“ – ein Gespräch zwischen Rabbinerin und Pfarrerin
  • 8. Dezember 2018, FUNDSTÜCKE EINER OFFENEN GESELLSCHAFT – Ein-Blick in das Gesamtprojekt

Der Eintritt bei allen sechs Tagen der „Offenen Gesellschaft“ ist frei, um Spenden wird gebeten.

Die Veranstaltungen finden jeweils von 15 Uhr bis 19 Uhr in der Trinitatiskirche, Filzengraben 4, 50676 Köln statt. Weitere Informationen unter www.offene-gesellschaft.kirche-koeln.de oder Telefon: 0221-9318030, Mail: anmeldung@melanchthon-akademie.de

Das Projekt „Offene Gesellschaft – Wie wollen wir in Verschiedenheit zusammenleben?“ bekam seinen Ursprungsimpuls auf der Documenta 2017 in Kassel. „Es waren unter anderem die Fundstücke des Künstlers Thomas Klipper, die in der Martin-Luther-Kirche ausgestellt worden waren“, berichtet Pfarrerin Dorothee Schaper, die als Studienleiterin an der Melanchthon-Akademie arbeitet. „Klipper hatte Gegenstände gesammelt, die an den Küsten des Mittelmeeres angeschwemmt worden waren. Diese hinterließen bei mir die Frage „Wie wollen wir in Zukunft in Verschiedenheit zusammenleben?“

Bei den Gegenständen handelte es sich um ramponierte Adresslisten, kaputte Taschenlampen, alte Handyhüllen, gültige Personalausweise. Die Fundstücke dokumentierten, dass sich Menschen mit wenig Gepäck und viel Hoffnung auf ein besseres Leben auf den Weg machten, um eine offene Tür in Europa zu finden. Doch angesichts dieser Fundstücke stellte sich Schaper weitere Fragen: „Entscheidet sich die Glaubwürdigkeit Europas beziehungsweise des so genannten christlich geprägten Abendlandes heute an ihren Außengrenzen? Und was bedeutet die Abschottung nach außen für das Gefüge im Inneren? Welche Rolle spielt Kirche in dieser Situation? Was passiert, wenn Kirche ihre Kirchräume für die dringenden Fragen unseres Zusammenlebens öffnet und als Versammlungsort für die Verschiedenen offenhält?“

Der relativ leere Kirchraum, der die wenigen Fundstücke auf der Documenta 2017 beherbergt hatte, inspirierte die Studienleiterin dazu, diese Fragen zusammen mit der Kunst und den Menschen bewusst in einem Sakralraum zu stellen. Als Einrichtung des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region lädt die Melanchthon-Akademie daher in die Trinitatiskirche ein. Der weite, schlichte und klar strukturierte Kirchraum wird als Kulturort vom Kirchenverband genutzt und bietet auch eine Weite und Klarheit, um die Fragen nach der offenen Gesellschaft zu beherbergen.

Text: APK
Foto(s): Joschka Schaper