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„Wie Religion sich behaust“: Das Abraham-Zentrum des Kirchentags lud ein zur Diskussion vor Ort um den Moscheeneubau in Ehrenfeld

Im Rahmen des Abraham-Zentrums auf dem Kirchentag stand ein Besuch im Gemeindezentrum der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion e.V. (DITIB) im Stadtteil Ehrenfeld auf dem Programm. Dort wurde die Planung für umstrittenen Neubau der Moschee und des Kulturzentrums der DITIB vorgestellt. Dieser soll eben dort, Ecke Venloer Straße/Ecke Innere Kanalstraße, entstehen.

Das alte Zentrum ist zu klein
Marten Marquardt von der mit veranstaltenden Melanchthon-Akademie und der türkische Botschaftsrat Sadi Arslan begrüßten rund neunzig Gäste. „1984 ist die Türkisch-Islamische Union von Migranten für Migranten gegründet worden“, informierte Cevrige Güler, Diplom Pädagogin der DITIB. Diese stelle bundesweit den größten muslimischen Verein dar, repräsentiere die Mehrheit der Muslime in Deutschland. „Hauptsitz ist Köln.“ Aber das jetzige, 1986 in einer Gewerbebrache eingerichtete Zentrum genüge weder den Bedürfnisse noch Ansprüchen. Denn, so die islamische Theologin Seyda Can, das Zentrum sei marode und platze ob der vielfältigen religiösen Dienste und Angebote in den Bereichen Bildung, Beratung, Begegnung, Kultur, Dialog-, Jugend- und Familienarbeit aus allen Nähten.

Neubau unumgänglich
Als die DITIB vor circa acht Jahren den Wunsch nach einem Neubau geäußert habe, so Anne Luise Müller, die Leiterin des Stadtplanungsamtes Köln, habe die Stadt eine Zentralmoschee für alle muslimischen Gruppen in Köln gefordert. „Doch die Gruppen konnten sich nicht einigen“, informierte Müller. Somit sei der geplante Bau keine Zentralmoschee, sondern eine repräsentative für die DITIB. „Den breit angelegten Architekten-Wettbewerb gewannen Gottfried und Paul Böhm.“ Sie hätten die beste Lösung für die geforderte gestalterische Einbindung in das Umfeld gefunden. Ihr Moscheeentwurf mit zwei Minaretten (55 Meter hoch) habe zunächst eine Kuppel (höchster Punkt beträgt knapp 35 Meter) vorgesehen, die gefaltete, übergreifende, schützende Hände symbolisiere. Nach einer Überarbeitung des ersten Entwurfs sei daraus eine aufgebrochene Schale mit Glaswänden geworden. Als wesentlich habe die Jury auch die repräsentative Freianlage beurteilt, die von der Venloer Straße zu den Gebäuden führen soll. Also auch zu der fünfstöckigen Mantelbebauung entlang der Fuchsstraße. Dort werden die Verwaltung, Schule, Bibliothek und andere Einrichtungen der DITIB einziehen.

Kritikpunkt Parkplätze
Derzeit gehe man von 137 Stellplätzen in einer zweigeschossigen Tiefgarage aus, meinte Müller. Diese Zahl war der Auslöser für wenige Teilnehmende, offenbar Nachbarn der Einrichtung. Gebetsmühlen artig wiederholten sie ihre Kritik an der „zu geringen Zahl“. Selbst der Hinweis von Müller, dass auch verkehrstechnisch noch einiges überdacht werde, dass noch nichts genehmigt geschweige denn gebaut sei, brachte keine Linderung. Also ergriff Marquardt das Wort, und die Mehrzahl dankte es ihm. „Es ging uns darum, das Konzept des Neubaus zu verstehen. Sie haben spezifische Probleme, wir sind wegen ganz anderer Ideen hier“, bat er entschieden um Vertagung der Stellplatz-Diskussion.

Der Muezzin ist nur innerhalb der Moschee zu hören
„Die Stadt will, dass der Dachverband hier ein angemessenes Gebäude erhält“, äußerte Müller. „Die Bedingungen werden erfüllt“, so Güler. „Alle sind bemüht, die Probleme bezüglich Verkehr und Stellplätze zu beheben.“ Wie bisher auch, werde der Ruf des Muezzin nur innerhalb der Moschee zu hören sein. „Aber die Minarette sind Teil der islamischen Baukunst. Wir können sie doch nicht, nur weil sie den Leuten nicht gefallen, einfach abschneiden.“

Im Grundgesetz verbriefte Religionsfreiheit
„Wir sind hier und wir leben hier, haben uns integriert, über Generationen“, sagte Güler. „Und wir wollen, wie Sie, unseren Glauben leben.“ Beifall erhielt ein Gast aus Bonn für seinen Beitrag: „Wenn wir ein säkulares Land sind, dann müssen wir jeder Religion das Recht einräumen, Gotteshäuser zu bauen.“ Wenn das in der Türkei nicht gelte, sei das schlimm, aber dies sollte nichts an der hiesigen Praxis ändern. Vielmehr könne man in Köln zeigen, „wir bauen das, das ist wichtig, da kommt der ganze Mief raus“. „Moscheen gehören in Hamburg dazu“, pflichtete ein hanseatischer Gast bei. „Wir haben im Grundgesetz die Religionsfreiheit. Wenn wir sie praktizieren, kann das auf die Probleme in der Türkei ausstrahlen.“

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Broich