Seelsorge ist erlernbar. Pfarrer Karsten Leverenz und Superintendentin Andrea Vogel entließen die Absolventen des ersten Kölner Ausbildungskurses „Seelsorge” am 8. Mai nach 16 Monaten mit einem Abschlussgottesdienst in der Kartäuserkirche aus dem Kurs und in ihre neue Aufgabe: „Werden Sie zum Segen und bleiben Sie es!“
Pilotprojekt der Kölner Seelsorge: „Werden Sie zum Segen!“
„Bei aller Kritik – Seelsorge ist wichtig! Das weiß ich aus meiner eigenen Arbeit in der Gemeinde. Darum freut es mich riesig, dass wir sie als evangelische Kirche mit diesem Projekt wieder in die Mitte stellen“, betonte Andrea Vogel, Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch, auf’s Nachdrücklichste. Mit dem ersten Ausbildungskurs für Ehrenamtliche in Köln startete im Februar 2018 ein Pilotprojekt, mit dem Ehrenamtliche ein Feld einnehmen, das bislang oft nur Hauptamtlichen im Kirchendienst vorbehalten war. Gerade langfristig gesehen ist die Einbindung engagierter Seelsorgerinnen und Seelsorger aus dem privaten Bereich aber ein kluger Schritt zur Nutzung aller zur Verfügung stehenden, wertvollen Ressourcen. Inzwischen ist bereits der Nachfolgekurs angelaufen.
Um die geeigneten Teilnehmerinnen und Teilnehmer für eine solche Ausbildung zu finden, führt Pfarrer Karsten Leverenz zahlreiche Auswahlgespräche und „sortiert vor“. Wer sich meldet, bringt generell eine hohe Motivation mit, sich selbst und seine Zeit einzubringen. Viele der Bewerberinnen und Bewerber kommen bereits mit einer kirchlichen Vergangenheit, aber längst nicht alle. „Das Spektrum der Interessenten ist breit“, erklärt Leverenz. „Um mit 13 Kursteilnehmenden starten zu können, haben 30 angerufen.“
„Üben, üben, üben…“
Die Konzeption macht es möglich, den Kurs auf ein sechsmonatiges Basismodul zu beschränken. Dann haben Ehrenamtliche eine Fortbildung in Gesprächsführung erhalten, um z. B. für ihre Mitarbeit im Besuchsdienst der Gemeinde oder im Seniorenheim besser gerüstet zu sein – ebenfalls kostenlos, wie auch der Kurs in vollem Umfang. „Die Kirche investiert hier ganz bewusst in Freiwillige“, ergänzte Pfarrer Leverenz. Sie erhalten Kompetenz-Schulungen im ethischen, personellen, geistlichen und in ihrem potenziellen Einsatzbereich. Im Gegenzug verpflichten sich die Teilnehmenden, nach Abschluss ihrer Ausbildung zwei Jahre lang in „ihrem“ Seelsorgebereich tätig zu sein, ob als Unterstützung im Krankenhaus, Altenheim, Gefängnis, in der Gemeinde oder der Gehörlosenseelsorge. Wie lange sie Seelsorgerinnen und Seelsorger bleiben, bleibt danach natürlich ihnen überlassen.
Mehr als erlernte Technik
Der Lern- und Entwicklungsprozess auf dem Weg zur Seelsorge ist anspruchsvoll und intensiv. Selbst wenn man genau das erwartet hat: einfach ist anders. Das gilt für den Ausbildungsweg, wie auch für die spätere Aufgabe: „… denn mit erlernten Techniken in ein Gespräch zu gehen, reicht nur bis zu einem bestimmten Punkt“, erklärt Krankenhausseelsorger Karsten Leverenz. Einige Grundvoraussetzungen sollten die Bewerberinnen und Bewerber mitbringen, z. B. die Fähigkeit, gut zuzuhören und sich auf Menschen einstellen zu können, Empathie und, nicht zu vergessen, einen gewissen Intellekt, schon um theoretische Ansätze differenzieren zu können. Ein innerer Bezug zur Kirche „… und das Bewusstsein, dass im Sinne von Transzendenz immer auch ein Dritter dabei ist, sollte natürlich gegeben sein.“
Persönliche Stabilität ist ebenfalls erforderlich, denn ein Mensch in der Krise kann andere schlecht beraten und begleiten. Ausbilder Pfarrer Leverenz konkretisiert diesen zentralen Punkt noch einmal: „Ich arbeite im Rahmen von Seelsorge ja mithilfe meiner eigenen Person, mit meiner Seele. Also ist es wichtig, dass ich auch an meiner eigenen Person gearbeitet habe und einigermaßen gefestigt bin.“
Unter dem Siegel der Verschwiegenheit
Starten die frisch ernannten ehrenamtlichen Seelsorgerinnen und Seelsorger in ihren realen Einsatz, erwartet sie das Gleiche wie die „Profis“. „Bei manchen Gesprächen können selbst die Hauptamtlichen nicht mehr leisten“, betont Leverenz noch einmal. Vor allem zeitlich und organisatorisch sind den Pfarrerinnen und Pfarrern in ihren Gemeinden natürliche Grenzen gesetzt.
Auch die Ehrenamtlichen werden unter dem Siegel der Verschwiegenheit beauftragt – alles Gesagte ist absolut vertraulich zu behandeln. Wie gewünscht zum Segen zu werden und nach einem Gespräch in dem Bewusstsein gehen zu können „Es war gut, dass ich da war“, bringt trotzdem manchmal erst die Erfahrung mit sich, weiß Karsten Leverenz: „Manches lernt man nur in der Praxis, nur durch üben, üben, üben.” Die Absolventinnen und Absolventen werden demnächst an ihren Einsatzorten in verschiedenen Gottesdiensten für die Seelsorge beauftragt.
Foto(s): Claudia Keller