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Welche Wege führen zum Glauben? Reformationsfeier 2011

„Wege zum Glauben“ suchten die rund 600 Protestantinnen und Protestanten sowie deren Gäste, die zur zentralen Reformationsfeier des Evangelischen Kirchenverbands Köln und Region in die Trinitatiskirche gekommen waren. Stadtsuperintendent Rolf Domning wandelte in seiner Begrüßung das Sprichwort: „Viele Wege führen nach Rom“ in: „Viele Wege führen zum Glauben“ um und erklärte, dass sich schon viele Menschen den Kopf darüber zerbrochen hätten, welcher Weg zum Glauben der richtige, der besser oder gar der schnellere sei. Das gelte auch für Martin Luther, der sein ganzes Leben damit zugebracht habe, seine Gottesbeziehung zu klären und einen für ihn gangbaren Weg zum Glauben zu finden. Für den Reformator sei die persönliche Beziehung zu Gott von existenzieller Bedeutung gewesen. „,Wie soll mir das dann gelingen?‘ denkt da vielleicht mancher von uns. Habe ich denn überhaupt so viel Zeit? Sich mit dem eigenen Glauben zu beschäftigen, das scheint ja eine durchaus schwierige und langwierige Angelegenheit zu sein“, sagte der Stadtsuperintendent: Die Bedeutung des Glaubens habe nachgelassen. „Die Wege zum Glauben, so vielfältig sie sich – gerade in unserer Zeit – auch dem Einzelnen bieten mögen, sie werden doch immer seltener beschritten. Oft schon fehlt es an jeglicher religiöser Vorbildung, ohne die eine ernsthafte, eine erwachsene Auseinandersetzung mit dem Glauben ja nicht möglich ist.“ Als Kirche unter diesen – sich ständig wandelnden – Bedingungen weiter präsent zu sein und Menschen auch tatsächlich zu erreichen, das sei eine große Herausforderung. Das Grußwort von Stadtsuperintendent Rolf Domning zum Nachlesen hier

„Nicht aufdrängen!“
Dieser Herausforderung stellte sich nach einem herzlichen und ausführlichen Grußwort von Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes der Leiter des Dortmunder Zentrums Mission in der Region der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Vorsitzender der Missionale Köln, Pfarrer Hans-Hermann Pompe, in seiner Predigt. Pompe, auch Mitglied der Synode der EKD, predigte über die Geschichte aus dem Markus-Evangelium, in der Jesu eine Frau heilt, die zwölf Jahre an unstillbaren Blutungen litt, obwohl sie für die Behandlung ein Vermögen ausgegeben hatte. „Es gibt nicht nur Opfer des Gesundheitswesens, es gibt auch Opfer des Kirchenwesens“, übertrug Pompe den Bibeltext in die Gegenwart. Viele kehrten der Kirche, beispielsweise nach einem langweiligen Konfirmationsunterricht, den Rücken. Deshalb solle man dankbar sein für die Menschen, die zum Gespräch bereit seien. Sogar im Widerspruch stecke ja noch Energie, die man nutzen könne, um im Dialog zu bleiben. Viele Gemeinden feierten mittlerweile Gottesdienste für „Suchende und Distanzierte“ mit dem Angebot, anschließend Gespräche zu führen. Da müsse eine Regel gelten: „Nicht aufdrängen, aber wer bleibt, ist vermutlich an einem Kontakt interessiert.“
Die beachtenswerte Predigt von Hans-Hermann Pompe – deren Ausgangspunkt übrigens sehr passend die Zeile eines Gedichts von Nelly Sachs war: „Alles beginnt mit der Sehnsucht“ – zum Nachlesen oder Ausdrucken hier.

„Jugendliche brauchen mehr Sicherheit im Glauben“
Mehr als nur Interesse zeigten jene drei Menschen, die im Verlauf dieser Reformationsfeier über ihren eigenen Weg zum Glauben berichteten. Da war der junge Mann, der zunächst katholische getauft wurde und dann den Weg in die Evangelische Brückenschlaggemeinde Köln-Flittard/Stammheim gefunden hat. Darüber hinaus ist er auch in der „Jugendkirche geistreich“ engagiert. „Ich habe an Gott geglaubt, mich damit aber nicht sehr beschäftigt“, bekannte er. Über die Bibelarbeit seiner Gemeinde sei er dann zum Glauben gekommen. „Jugendliche brauchen mehr Sicherheit im Glauben“, sagte er und wünschte sich mehr „Gemeindebegegnungen“. Die Jüngeren könnten von den Älteren viel lernen. Und umgekehrt. Eine Frau erzählte von ihrem langen Weg von der katholischen zur evangelischen Kirche. „Ich wurde geboren in einem kleinen Moseldorf und streng katholisch erzogen. Auf der Ursulinenschule habe ich dann vorsichtige Kritik an dem Althergebrachten geübt. Die Beatmessen und die Dritte-Welt-Arbeit fand ich gut, aber Reformen im Katholizismus schienen mir immer unrealistischer.“ Konvertiert ist sie einem privaten Schicksalsschlag. Ihren Glauben vertieft hat sie in dem Kurs „STARK“ der Melanchthon-Akademie, einem ausdrücklichen „Theologiestudium für Laien“. Besonders gefällt ihr das „vielfältige Gemeindeleben“ in ihrem Stadtteil. Aber: „Glaube ist nicht nur eine Wohlfühlveranstaltung.“ Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes stimmt in ihrem Grußwort Stadtsuperintendent Domning zu: „Einen Königsweg zum Glauben gibt es nicht. Ich empfinde die vielen, mitunter auch ungewöhnlichen Wege zum Glauben als Bereicherung. Vielfalt ist eine Stärke!“

Beeindruckende Töne
Pfarrerin Andrea Vogel, Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch, und Pfarrer Dr. Bernhard Seiger, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Süd, zeichneten für die Liturgie die Gottesdienstes im „evangelischen Dom“ Kölns verantwortlich, die Fürbitten kamen ganz bewusst von jejen Menschen, die sich zuvor so freimütig über den Weg geäußert hatten, auf dem sie zu ihrem Glauben gefunden hatten. Die Orgel spielte Kirchenmusikdirektor Johannes Quack. Überaus vielfältig waren die musikalischen Ansätze unter Leitung von Kantorin Mechthild Brand aus der Gemeinde Dellbrück/Holweide, die nicht nur mit den Sängerinnen und Sängern der großartigen Ensembles von „Voice TABS“ und „Coro con Spirito“ musizierte, sondern auch der Reformationstags-Gemeinde der Trinitatiskirche beeindruckende Töne entlocken konnte.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Rahmann