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Weihnachten in Assisi

Dem Kölner Publikum bieten sich in der Adventszeit in der ganzen Stadt und besonders auch in der Trinitatiskirche zahlreiche Möglichkeiten, sich musikalisch auf das Weihnachtsfest einzustimmen. Im Kanon der zahlreichen vorweihnachtlichen Konzerte waren am dritten Adventssonntag die Sopranistin Stephanie Elliott und das Orchester L´ arte del mondo unter Leitung von Werner Ehrhardt zu Gast. Das Konzertprogramm war überschrieben mit dem Titel „Weihnachten in Assisi“ und präsentierte Vokalmusik aus dem Franziskanerkonvent in Assisi sowie barocke Instrumentalwerke. Der Franziskanerorden ist bekannt für seine Verpflichtung zur Bescheidenheit. Und so erwartete die Hörerinnen und Hörer kein pompöses, üppig besetztes Konzert mit „Pauken und Trompeten“, sondern vielmehr eine eher kammermusikalische Besetzung mit acht Streichern, Cembalo und Solo-Sopran. Auf dem Programm standen Solo-Kantaten und Orchesterwerke von Francesco Maria Benedetti, Nicola Antonio Porpora und Ferdinando Antonio Lazzari sowie zwei Concerti grossi des römischen Komponisten Arcangelo Corelli.

Es war ein wunderbarer, inspirierender und zugleich besinnlicher Abend in der Trinitatiskirche. Die aus Chile stammende Sopranistin und Stephanie Elliott verstand es, den stimmungsvoll beleuchteten Kirchenraum durch ihre klare, fein geführte Stimme zu füllen und ihre Partien mit einer selten zu erlebenden Innigkeit zu gestalten. Werner Ehrhardt leitete sein Orchester nicht vom Dirigierpult, sondern vom Platz des Konzertmeisters aus. Er tat dies klug, hochpräsent und energiereich und folgte damit dem historischen Vorbild des Barock, denn: das 17. und frühe 18. Jahrhundert kannte noch keinen Dirigenten. Vielmehr wurden die Musiker stets vom Basso Continuo oder vom Pult der ersten Violine aus geführt. Eine Praxis, die auf allen Positionen des Orchesters Spezialisten erfordert, die Solistenqualitäten besitzen müssen und zugleich eigenverantwortlich mit den Ensemblemitgliedern kommunizieren können. Diese hervorragenden Qualitäten brachten alle Mitglieder von L´ arte del mondo mit. Das 2004 von Ehrhardt gegründete Orchester spielte auf historischen Instrumenten. Es hat sein Repertoire in den letzten Jahren neben der Barockmusik auch auf die Romantik ausgeweitet und ist – zu Recht – bekannt für seine innovativen Programme.

Köln ist weltweit eines der wichtigsten Zentren für die Pflege Alter Musik und spielt in diesem Genre in der Liga erstklassiger Musikmetropolen. Die Wiederentdeckung und Erforschung historischer Kompositionen und vor allem deren praktische Aufführung haben hier bereits seit den fünfziger Jahren Tradition. Was damals in Sinne der „historischen Aufführungspraxis“ in Köln mit großer Unterstützung des damaligen NWDR, des Vorläufers des heutigen WDR, begann, hatte und hat Strahlkraft in die gesamte Musikwelt. Dies bildet sich in der großen Fülle von renommierten Alte-Musik-Ensembles, wie zum Beispiel der Orchester Capella Coloniensis, Musica antiqua Köln, Concerto Köln, Kölner Akademie, Collegium Cartusianum oder Camerata Köln ab. Viel musikalische Kompetenz im Bereich Barockmusik bündelt sich im ZAMUS, dem „Zentrum für Alte Musik“ in Köln-Ehrenfeld, wo viele Orchester, Solisten und Ensembles der Szene seit einigen Jahren ein Zuhause gefunden haben und neben den Möglichkeiten für ein effektives Management und eine wissenschaftliche Vernetzung auch gute Proben- und Produktionsmöglichkeiten finden.

Auch die evangelische Trinitatiskirche konnte in den letzten Jahren zu einer wichtigen Spielstätte für Alte Musik in historischer Aufführungspraxis entwickelt werden. Praktisch alle Orchester und Ensembles der Szene und auch der WDR sind hier regelmäßig zu Gast. Sie schätzen die ausgeglichene und transparente Akustik sowie die guten Arbeitsmöglichkeiten der klassizistischen Basilika für ihre Konzerte und Aufnahmen. Einer der wichtigsten Veranstalter in der Trinitatiskirche ist der „musik+konzept e.V.“, der gemeinsam Dr. Richard Lorber von WDR 3 und unter Leitung von Maria Spering mehrmals im Jahr bemerkenswerte Produktionen in die Trinitatiskirche bringt.

Sendung im WDR 3 – Allen, die das Konzert verpassen mussten, bietet der WDR eine zweite Chance, den Hörgenuss zu erleben. Die Aufzeichnung des vorweihnachtlichen Konzertes wird am Samstag, 6. Januar 2018, ab 20:04 Uhr auf WDR 3 ausgestrahlt.

Text: Wolf-Rüdiger Spieler
Foto(s): Wolf-Rüdiger Spieler