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Was ist das? Wie funktioniert es? „Geistliche Begleitung“ ist ein neues EKiR-Fortbildungsangebot. Drei Verbandspfarrerinnen erläutern Inhalte und Ziele

„Geistliche Begleitung“, diese Fortbildung für Pfarrerinnen und Pfarrer sowie ehrenamtlich Tätige in den Gemeinden hat die Evangelische Kirche im Rheinland (EKiR) Anfang 2006 erstmalig angeboten. Und das Interesse war groß: mehr als 60 Bewerbungen gab es für den ersten Kurs, der im „Haus der Stille“ in Rengsdorf im Westerwald stattfand. Die Pfarrerinnen Ute Grieger-Jäger (Evangelische Johannes-Kirchengemeinde Hürth-Gleuel), Eva Manderla (Evangelische Kirchengemeinde Quadrath-Ichendorf) und Uschi Gröger-Mocka (Evangelische Immanuel-Kirchengemeinde Köln-Longerich und Krankenhausseelsorgerin) gehören zu den ersten, die die dreijährige Weiterbildung absolviert haben.

Der Zwiespalt zwischen Theorie und Praxis….
Seelsorge, das ist eigentlich die Kernkompetenz von Pfarrerinnen und Pfarrern. Eine Zusatzausbildung in „geistlicher Begleitung“ erscheint daher auf den ersten Blick verwunderlich. „Natürlich haben wir alle im Studium und in der Ausbildung das Handwerkszeug gelernt“, erzählt Grieger-Jäger. Aber Theorie und Praxis seien oft zwei verschiedene Paar Schuhe. Hinzu komme, dass Gemeindepfarrerinnen und -pfarrer heutzutage sehr oft in ihrer Managerfunktion gefordert – manchmal auch überfordert – werden. „Zwischen Konfirmandenunterricht und Presbyteriumssitzung noch schnell einen Besuch bei einem sterbenden Menschen einzuschieben, ist nicht einfach. Da fehlen einem oft die Worte“, berichtet Manderla. „Außerdem“, ergänzt Gröger-Mocka, „geschehen in der Seelsorge zu viele Dinge vom Kopf her. Und auf der reinen Verstandesebene kommen wir oft nicht weiter.“ Die geistliche Begleitung betrachten die Pfarrerinnen als zusätzliche qualitative Ebene der Seelsorge. In diesen Gesprächen geht es nicht um eine spezielle Form der Beratung, sondern um das Verhältnis des Gesprächspartners oder der -partnerin zu Gott im Besonderen – „was hat das, was ich gerade erlebe, mit Gott zu tun?“

„Jeder von uns hat seinen eigenen geistlichen Weg“
Den Glauben von der Ebene des Kopfes auf die Ebene des Herzens, des Gefühls zu bringen, das ist eines der Hauptanliegen der Weiterbildung, die die EKiR nach wie vor anbietet. Dazu gehört es zunächst einmal natürlich, die eigene Glaubenserfahrung zu reflektieren, sich auf die Suche nach den Wurzeln der inneren Überzeugung zu machen. „Dazu haben wir Bibeltexte in verschiedener Form auf uns wirken lassen“, sagt Gröger-Mocka. Durch lautes Lesen und Meditationen in den Exerzitien „werden die Tiefenschichten der Seele angesprochen“, so Manderla. Auch bibliodramatische Übungen, in denen biblische Geschichten auf Alltagserfahrungen übertragen werden, gehören zu der Weiterbildung. „Wenn beispielsweise in der Bibel von den Israeliten, die durch die Wüste ziehen, die Rede ist, dann fragen wir uns nach den Wüsten, den leeren Stellen in unserem Leben“, verdeutlicht Grieger-Jäger. „Jeder von uns hat seinen eigenen geistlichen Weg absolviert. Den müssen wir uns deutlich vor Augen führen“, betont Manderla ebeso, wie dass die „geistliche Begleitung“ kein reines Handwerkszeug sei, sondern ein Stück weit auch Reflektion und Selbsterfahrung bedeute.

„Je tiefer es geht, desto weniger wird gesprochen“
Mit den eigenen Glaubenserfahrungen als Fundament können die geistlichen Begleiterinnen und Begleiter die Erfahrungen und Erlebnisse anderer Menschen aufnehmen und im Gespräch dabei erörtern, was diese Erlebnisse mit dem eigenen Glauben der jeweiligen Gesprächspartnerinnen und -partner zu tun haben. Während der Weiterbildung haben die drei Pfarrerinnen wie auch alle übrigen Teilnehmerinnen und Teilnehmer selbst eine geistliche Begleitung gehabt, mit der sie sich regelmäßig ausgetauscht haben. Das habe auch zu einer Wiederentdeckung der Stille und des Schweigens geführt. „Je tiefer es geht, desto weniger wird gesprochen“, beschreibt Manderla diese Erfahrung. „Das Schweigen hat auch die Funktion einer inneren Reinigung“, ergänzt Gröger-Mocka. Wichtig sei ihrer Meinung nach auch, sich regelmäßig Zeit zu nehmen, um zu meditieren und innere Einkehr zu halten. „Das erfordert schon eine gewisse Disziplin“, meint Grieger-Jäger, „hat aber nichts mit lebensferner Frömmelei zu tun.“ „Man bekommt eine klarere Sicht auf die Dinge und wird ein Stück weit gelassener“, so Gröger-Mocka.

„Den Glauben aus dem Kopf ins Herz holen“
In ihren Gemeinden haben alle drei Pfarrerinnen schon Erfahrungen mit geistlichen Begleitungen gesammelt. „Das Interesse, ja, die Sehnsucht ist bei vielen Menschen da“, sagt Grieger-Jäger. Das hat auch Manderla festgestellt. In ihrer Gemeinde hat sie „vier Wochen Exerzitien im Alltag“ angeboten. „Wir haben verschiedene Gebetsformen durchgeübt, und der Großteil der Teilnehmerinnen und Teilnehmer war begeistert“, berichtet die Pfarrerin. Auch dabei ging es vor allem wieder darum, den Glauben aus dem Kopf ins Herz zu holen. Allerdings, so betonen alle drei übereinstimmend, seien sie keine Therapeutinnen oder Fachärztinnen. „Wenn wir erkennen, dass es sich bei unserem jeweiligen Gegenüber nicht um eine Glaubens-, sondern um eine psychische oder medizinische Krise handelt, dann verweisen wir an andere Stellen“, stellt Grieger-Jäger klar. Auch gehen sie mit dem Angebot der „geistlichen Begleitung“ nicht hausieren. „Die Menschen kommen zu uns auf Empfehlungen“, so Manderla. Außerdem gibt es bei der EKiR eine Liste aller Personen, die die Befähigung zur „geistlichen Begleitung“ haben.

Text: Jörg Fleischer
Foto(s): EKiR