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Bernhard Seiger, Superintendent des Kirchenkreises Köln-Süd, und Hajo Kenkel, Pfarrer in Frechen (r.).

„Vor Gott ist kein Pfarrer einen Deut größer als das kleinste Kind“: Hajo Kenkel von Superintendent Bernhard Seiger in die 1. Pfarrstelle in Frechen eingeführt

Hajo Kenkel ist seit dem 1. Januar neuer Pfarrer in Frechen. Bernhard Seiger, Superintendent des Kirchenkreises Köln-Süd, führte ihn in einem Gottesdienst in der evangelischen Kirche in Frechen in sein Amt ein. Das Presbyterium hat Kenkel in seiner Sitzung am 9. Oktober des vergangenen Jahres gewählt. Seiger erklärte, dass es gelte, „die sichtbare Kirche an Gottes Wort zu orientieren“. Strukturen dafür seien in der Bibel nirgends festgelegt. „Entscheidend ist die Verkündigung des Evangeliums. Daran müssen wir die Strukturen immer wieder anpassen.“

Frisch und beweglich müsse die Kirche kommunizieren. „Wir müssen wahrnehmen, wie Menschen leben und was sie brauchen.“ Kirche werde sich verändern müssen, um weiterhin sichtbar zu sein. Das gelte auch für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und für Zeitungen. In Konkurrenz zur Kirche stünden aber nicht nur säkulare Lebensweisen. Und dann gebe es noch Netflix und die Angebote von Mark Zuckerbergs Meta-Konzern wie Facebook und Instagram. Aber, so Seiger: „Wir wissen von dem, was im Leben wichtig ist.“ Ausprobieren sei das Stichwort der Stunde. Und ein feines Gespür.

„Mut verbreiten und Freude am Leben“

„Ich wünschen Ihnen, dass Sie das alles gut können“, wandte sich der Superintendent direkt an den neuen Pfarrer. Grundlage des Pfarrdienstes sei, „zu helfen, dass Menschen im Glauben dankbar leben können“. Und: „Wir können nicht Kirche sein ohne Diakonie und eine Spiritualität, die stimmig ist. Wir müssen Mut verbreiten und Freude am Leben.“

Der neue Pfarrer habe seine Wurzeln im CVJM und Erfahrungen in der evangelischen Gemeinde in Lünen gesammelt. „Hajo Kenkel verfügt über ein gutes theologisches Koordinatensystem.“ Vor kurzem hat Kenkel einen Doktortitel erworben mit einer Arbeit über Eberhard Jüngels „Theologie der Liebe“. Die Aufgaben der Liebe in der Gemeinde und der Stadtgesellschaft seien uferlos, die Ansprüche an das Pfarramt seien groß. „Denken Sie an sich. Sie sind nicht immer im Dienst. Auf dem Papier stehen 42 Wochenstunden. Nehmen Sie sich Zeit, um mit Ihrer Frau zu sprechen.“ Der eigentlich Wert von Zeit liege in der Qualität der Begegnung mit Menschen.

„Kirche ist Herz“

„Freut euch mit den Fröhlichen, weint mit den Weinenden“, zitierte Kenkel zu Beginn seiner Predigt aus dem Römerbrief 12,9 – 16, von Paulus, den Kenkel auslegte. Vieles, was der Apostel schreibe, habe er in Frechen erlebt, sagte der neue Pfarrer. Gastfreundschaft vor allem. „Meine Frau und ich freuen uns, Teil dieser Gemeinde zu sein. Umso schöner, wenn aufrichtige Liebe sichtbar wird.“ Im Mai habe er in Lünen eine Jugendwoche organisiert. Dabei habe er die kürzeste Definition von Kirche gehört: „Kirche ist Herz.“ Nicht weit von Lünen entfernt spiele das große Borussia Dortmund. Das Motto dort laute: „Echte Liebe!“

„Liebt einander“

Nach Paulus: Das böse verabscheuen, das Gute wollen. „Liebt einander. Wir sind alle Kinder Gottes. Im Verhältnis Gottes zu den Menschen gibt es keine Unterschiede. Vor Gott ist kein Pfarrer einen Deut größer als das kleinste Kind.“ Weiter mit Paulus: „Liebt einander von Herzen als Brüder und Schwestern. Übertrefft euch gegenseitig an Wertschätzung.“ Es gehe niemals darum, andere klein zu machen, um selbst besser dazustehen. Mit echter Liebe tue man anderen gut. „Lasst nicht nach in eurem Eifer“, so der Römerbrief.

„Da, wo es in die Tiefe geht. Dafür schlägt mein Herz“

Denn, so Kenkel, da, wo Liebe gebrannt habe, könne sie erlöschen. „Lasst nicht nach in eurem Eifer. Lasst euch vom Geist anstecken und dienet dem Herrn.“ Kenkel sprach über sich selbst. Manchmal könne er für eine gute Idee „richtig rödeln“. Und manchmal fielen ihm kleinste Aufgaben sehr schwer. Er sein in einer Heidelberger Gemeinde tätig gewesen, in der er viel allein gewesen sei. „Ich fühlte mich kraftlos und leer.“ In einer Jugendgruppe habe er sich mit einem deutsch-iranischen Mädchen intensiv unterhalten: „Das hat mich begeistert. Da, wo es in die Tiefe geht. Dafür schlägt mein Herz.“ Das Kreuz stehe für Gott, der uns aufrichtig liebt. „Und das wiederum steht am Anfang und am Ende unseres Glaubens. Wir können nur weitergeben, was wir selbst empfangen haben.“

Kenkel wurde in Lüdenscheid geboren und studierte in Heidelberg und Ettlingen und verbrachte zwei Studienjahre in den USA an der Yale University und der Princeton University. Verbindungen unterhält er zu Tansania, wo er sich um den Aufbau einer Schule kümmert.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann