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„Viva Colonia“ – Höhner spielten beim ökumenischen Berbergottesdienst während des Kirchentags im Franziskaner-Zentrum

Nach Zugaben wird bei Gottesdiensten selten verlangt. Das war anders beim Berbergottesdienst im Kölner Franziskanerzentrum, der am Donnerstag Abend während des Kirchentags gemeinsam von der evangelischen und katholischen Obdachlosenseelsorge gestaltet wurde.

„Höhner frei!“
skandierte Karl-Heinz Iffland, evangelischer Obdachlosenpfarrer, nachdem er den rund 300 Gläubigen den Abschlusssegen erteilt hatte. Und die Kölsche Band, die für ihr soziales Engagement bekannt ist, ließ sich das nicht zwei Mal sagen. Rockten einen ihrer Hits nach dem anderen. Nach „Nemm mich so wie ich bin“ und der Lokalhymne „Hey Kölle“ wollten die Gäste mehr. Mit „Zugabe“-Rufen und Klatschmarsch brachten sie die zur Zeit erfolgreichste Kölschrock-Band zum Weitermachen. „Mit „Viva Colonia“ endete der Berbergottesdienst fröhlich.

„Wir wollen nicht Leid klagen – wir wollen Leid benennen“
Die Ernsthaftigkeit des Gottesdienst-Themas musste trotzdem niemand missen. „Ich bin Pleite gegangen. Dank Gott bin ich nicht in der Gosse gelandet“, berichtete einer der Gastprediger, die Iffland an den Altar gebeten hatte. In seiner Predigt ging der Pfarrer, der in der evangelischen Kirche Köln für Obdachlosenarbeit verantwortlich zeichnet, auf die dramatischen und traumatischen Erlebnisse ein, die Menschen erfahren, denen der Arbeitsplatz gekündigt wurde und die in die Armut gestürzt sind. „Verachtet vom Rest der Welt“ hieß es danach in dem Berberlied der Höhner. „Dieser Song ist ein hervorragender Beitrag für unsere Arbeit“, so der Pfarrer. „Für uns ist es eine heilige Pflicht, auch im Kleinen etwas zu tun. Man muss nicht vor 100.000 Menschen spielen, um etwas zu erreichen“, so „Oberhohn“ Henning Krautmacher zum Engagement der Band. Von Anfang an unterstützen die Musiker die Obdachloseninitiativen von Pfarrer Iffland in Köln: Sie sind Schirmherren des Lobbyrestaurants LORE, in dem Obdachlose arbeiten und unterstützen die Obdachlosenstation Gulliver in den Bögen des Kölner Hauptbahnhofs, auch hier ist Iffland im Vorstand..
„Lass es raus – sprich es aus“ hieß es in einem anderen Stück der Band. Passend zu den Begrüßungsworten des Pfarrers: „Wir wollen nicht Leid klagen – wir wollen Leid benennen.“ Für die Predigt wählte Iffland den verlorenen Sohn von Lukas und ging in seiner Interpretation wiederum auf die Arbeitsmarktproblematik ein: „Oft ist der Weg für manche vorgezeichnet.“ Und: „Es ist leicht, dass jemand zum schwarzen Schaf der anderen wird.“

Karl-Heinz Iffland un der Berbergottesdienst
Seit 1983 engagiert sich der Pfarrer der Evangelischen Gemeinde Köln-Ehrenfeld für die Belange vorn Obdachlosen. Zuerst arbeitete er an einem Zentrum, bis ihn die praktische Arbeit zum Umdenken brachte: „Wir haben gemerkt, dass wir durch kleinere Projekte Strukturen schaffen können.“ Eines dieser Projekte ist der Berbergottesdienst, der regelmäßig ein Mal im Monat – auch außerhalb des Kirchentags – stattfindet. Wöchentlich gibt eseine Meditationsrunde. Verbunden sind die Veranstaltungen immer mit einem Gratis-Imbiss. „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein – aber auch nicht von Gott“, erklärt Iffland. Die „Musik zur Stärkung“, so hieß es im Programm, gehöre nun mal auch dazu. Und an den fröhlichen Gesichtern nach dem Gottesdienst sah man, dass die Einheit aus Gebet, Gesang und gesundem Essen funktioniert hatte.

Text: Klaus Pehle
Foto(s): Pehle