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Vielfalt der Konfessionen unter einem Stern: Gottesdienst zur Gebetswoche am 23.1.2022

Füreinander beten, Einheit gestalten: Am Sonntag 23. Januar 2022, wird um 15:30 Uhr im Kölner Dom der zentrale Gottesdienst zur Gebetswoche für die Einheit der Christen gefeiert. Dazu laden die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK), die ACK in Nordrhein-Westfalen und die ACK in Köln ein. Der ökumenische Gottesdienst steht unter dem biblischen Motto „Wir haben seinen Stern im Osten gesehen und sind gekommen, ihn anzubeten“ (Mt 2,2). Diese Bibelstelle bezieht sich auf die drei Sterndeuter, die sich auf die Suche nach dem göttlichen Kind machen und landläufig als die Heiligen Drei Könige bekannt wurden. Da im Kölner Dom mit seinem Dreikönigsschrein die Sterndeuter verehrt werden, passt das biblische Motto auf besondere Weise zum Ort des zentralen Gottesdienstes. Im Dom wird auch ein  besonderer Stern zu sehen sein: Ein großer, dreidimensionaler Herrnhuter Stern wurde eigens für diesen Anlass hergestellt und kommt zukünftig bei ACK-Veranstaltungen in Köln zum Einsatz. Eine Kölner Sternsinger-Gruppe wird ebenfalls mit ihrem Stern vor Ort sein.

Christen gemeinsam unterwegs

Der Vorsitzende der ACK in Deutschland, Erzpriester Radu Constantin Miron von der Griechisch-Orthodoxen Metropolie in Deutschland, wird zusammen mit dem Kölner Weihbischof und Apostolischen Administrator der Erzdiözese Köln, Rolf Steinhäuser und Oberkirchenrätin Barbara Rudolph von der Evangelischen Kirche im Rheinland den ökumenischen Gottesdienst leiten. Darüber hinaus bringen sich Vertreterinnen und Vertreter vieler weiterer ACK-Mitgliedskirchen in die Liturgie ein. Die lebendige Vielfalt christlicher Kirchen kommt auch durch die musikalische Gestaltung des Gottesdienstes zum Ausdruck. Neben  hierzulande bekanntem Liedgut, das von Professor Winfried Bönig auf der Orgel begleitet wird, singt der Komitas-Chor der Armenischen Gemeinde Köln unter  Leitung von Anush Nazaryan orientalische Hymnen.

Auch der „Mutter Gottes” Chor der Antiochenisch-Orthodoxen Metropolie unter Leitung von Khalil Fouad bringt sich in die musikalische Gottesdienstgestaltung ein. Die Musik verbindet sich dadurch mit den Texten des Gottesdienstes, die in diesem Jahr vom Rat der  Kirchen im Nahen Osten erarbeitet wurden. Beim Gottesdienst zur Gebetswoche für die Einheit der Christen wird Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker vor Ort sein und ein Grußwort sprechen. Am Ende des Gottesdienstes ist unter Einhaltung der gültigen Corona-Regeln eine Prozession zum Dreikönigsschrein geplant. Die Prozession ist ein Symbol dafür, dass alle gemeinsam auf dem Weg zu Jesus Christus sind.

Die tagesaktuellen Corona-Regeln: www.koelner-dom.de/glauben/gottesdienste

Der Gottesdienst wird in Gebärdensprache übersetzt. Außerdem wird er vom Domradio als Live-Stream übertragen: www.domradio.de

Die Kollekte des  Gottesdienstes ist für das „Project HOPE, Not – und Übergangshilfe für Rückkehrer*innen und die lokale Bevölkerung in Bagdad sowie in Al Qosh und Qaraqosh“ bestimmt.

Gebetswoche hat eine lange Tradition

Die Gebetswoche für die Einheit der Christen hat verschiedene Vorläufer, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreichen. 1908 führte der Anglikaner und spätere Katholik Paul Wattson eine Gebetsoktav für die Einheit der christlichen Kirchen mit Rom ein. 1920 gab es eine Initiative des Vorbereitungsausschusses für die erste Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung. Seither wurde den Kirchen jedes Jahr ein kleines Materialheft zur Verfügung gestellt. 1966 wurde vom Ökumenischen Rat der Kirchen und dem Päpstlichen Einheitsrat auf einer gemeinsamen Konsultation beschlossen, das Material in Zukunft von einer  gemeinsamen Arbeitsgruppe erarbeiten zu lassen. Seit 1973 wird jeweils eine ökumenische Gruppe in einem bestimmten Land um einen Entwurf gebeten – für 2022 haben Christen aus dem Nahen Osten den Entwurf erstellt. Hier zu Lande wird der Text in der Geschäftsstelle der ACK in Deutschland übersetzt.

Weitere Informationen: www.gebetswoche.de

ACK in Deutschland

Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) repräsentiert etwa 50 Millionen Christinnen und Christen in Deutschland. Ihr gehören 18  Kirchen an, weitere sieben Kirchen sind Gastmitglieder, fünf ökumenische Organisationen haben Beobachterstatus. Schwerpunkte der Arbeit der 1948 gegründeten ACK sind die theologische Reflexion, das Engagement für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung sowie das gemeinsame Gebet und der Kontakt zu anderen ökumenischen Organisationen. Die ACK gestaltet dazu unter anderem den jährlichen zentralen Gottesdienst zur Gebetswoche für die Einheit der Christen, sie richtet den Ökumenischen Tag der Schöpfung (in der Regel am ersten Freitag im September) aus, und auch die Vergabe des  Ökumenepreises der ACK liegt in ihren Händen. Mitglieder, Gastmitglieder und Beobachter entsenden Delegierte in die Mitgliederversammlung, die zweimal im Jahr zusammenkommt. Derzeit ist Erzpriester Radu Constantin Miron Vorsitzender. Die Geschäftsstelle der ACK in Deutschland, die „Ökumenische Centrale“, hat ihren Sitz in Frankfurt am Main.

Weitere Mitwirkende an der Liturgie:

• Pfarrerin Susanne Beuth (Evangelische Kirche im Rheinland, Vorsitzende der ACK in Köln, Superintendentin des Kirchenkreises Köln-Mitte)
• Reverend Christopher Easthill (Arbeitsgemeinschaft Anglikanisch-Episkopaler Gemeinden in Deutschland, stellvertretender Vorsitzender der ACK in  Deutschland)
• Landesbischof Friedrich Kramer (Evangelische Kirche in Deutschland, stellv. Vors. der ACK in Deutschland)
• Bischof Harald Rückert (Evangelisch-methodistische Kirche, stellv. Vorsitzender der ACK in Deutschland)
• Weihbischof Dr. Nikolaus Schwerdtfeger (Bistum Hildesheim, stellv. Vorsitzender der ACK in Deutschland)
• Bischof Serovpe Isakhanyan (Armenisch-Apostolische Orthodoxe Kirche in Deutschland)
• Pastorin Friederike Meißner (Freie evangelische Gemeinde Köln-Mülheim)
• Pfarrerin Annette Muhr-Nelson (Evangelische Kirche in Westfalen, Vorsitzende der ACK in NRW)
• PD Dr. Burkhard Neumann (Erzdiözese Paderborn, Vorstand der ACK in NRW)
• Harald Pieneck (Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde Herford, Vorstand der ACK in NRW)
• Pastor Ekkehart Vetter (Vorsitzender der Evangelischen Allianz in Deutschland) und Dr. Reinhardt Schink (Generalsekretär der Evangelischen Allianz in Deutschland)
• Dr. Rainer Will (Erzdiözese Köln, Vorstand der ACK in Köln)
• Pfarrer Jürgen Wenge (Altkatholische Pfarrgemeinde Köln, Vorstand der ACK in Köln)
• Domvikar Jörg Stockem (Erzdiözese Köln)
Hier ein Rückblick:

„Wir haben seinen Stern im Osten gesehen“

Christinnen und Christen aus dem Nahen Osten haben in diesem Jahr die Texte und Materialien für die „Gebetswoche für die Einheit der Christen“ zur Verfügung gestellt. Und so stand denn der ökumenische Gottesdienst im Kölner Dom zur Gebetswoche unter dem Motto „Wir haben seinen Stern im Osten gesehen und sind gekommen, ihn anzubeten“, aus dem Matthäus-Evangelium. Und so war es nur konsequent, dass der griechisch-orthodoxe Erzpriester Radu Constantin Miron die Predigt hielt. Miron ist auch Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland, die zu dem Gottesdienst eingeladen hatte. Die Evangelische Kirche im Rheinland vertrat Oberkirchenrätin Barbara Rudolph. Für die kölschen Evangelischen nahmen Superintendentin Susanne Beuth, Vorsitzende der ACK in Köln, und Dr. Martin Bock, Leiter der Melanchthon-Akademie, offiziell teil. Weihbischof Rolf Steinhäuser, Apostolischer Administrator im Erzbistum Köln, begrüßte die Gäste. „Wir haben hier ja den Schrein mit den Heiligen Drei Königen. Deshalb ist der Dom ein guter Ort für diesen Gottesdienst.“ Steinhäuser verwies auf den großen Herrnhuter Stern, der im Altarraum strahlte. „Blicken wir auf den Stern und lassen uns leiten.“

Sterne waren auch die Stichworte für die Predigt von Erzpriester Miron. „Ein Stern und drei Fragen“, hob er an. Die erste Frage war die nach der Relevanz der Sterne. Die Frage nach dem Sinn der Sonne ließe sich einfach beantworten: Licht und Sonne. Beim Mond sei das schon schwieriger. Er könne immerhin noch als Symbod der Nacht dienen. Aber Sterne? Mehr oder weniger kitschige Glitzerobjekte in der Adventszeit? „Oder sind all die Sterne in dieser Jahreszeit womöglich nur Ableitungen dieses einen Sterns von Bethlehem, entfernte Verwandte, Großcousins und Großcousinen des einen Sterns sozusagen?“, fragte Miron. Denn von diesem einen Stern kenne man immerhin den Sinn: „Im orthodoxen Festlied zur Christgeburt, dem Apolytikion, das wir gerade gehört haben, heißt es: ,Deine Geburt, Christus, unser Gott, ließ erstrahlen der Welt das Licht der Erkenntnis. Denn in ihr wurden die Stern-Anbeter von einem Stern belehrt, Dich anzubeten, die Sonne der Gerechtigkeit, und Dich zu erkennen, den Aufgang aus der Höhe. Herr, Ehre sei Dir.`‘“ Und gleichzeitig berge dieser Stern den ersten Konflikt in sich. Schließlich habe Herodes die Sterndeuter heimlich zu sich gerufen und sich von ihnen exakt sagen ließ, wo genau der Stern erschienen sei. „Und wir wissen, was darauf folgte.“

Die zweite Frage, der sich Miron widmete, war die nach dem Stern als Phänomen. Nach der Sichtweise des Philosophen Edmund Husserl seien Phänomene Zugänge zu den „eigentlichen Sachen, die dann aber selbst doch eine starke“,

transzendentale Deutung erfahren“. Miron verglich das mit Ikonen, deren Wert nicht aus sich heraus bestehe, sondern auf ihrer auf das Urbild hinweisenden Funktion. „Der Stern als Diener des Mysteriums! Wie gesagt, ein didaktischer Diener, ein missionarischer Diener. Und sein Dienen besteht darin, hinzuweisen. Darin besteht seine Bedeutung. Oder ist er vielleicht doch mehr?“ In der Grotte unter der Geburtskirche könne man lesen, dass dort Jesus Christus aus der Jungfrau Maria geboren worden sei. Die Worte stünden eingeprägt in einen silbernen Stern. „Nein, nicht in einem Stern, sondern in dem Stern. Man könnte sagen: Das Phänomen gewinnt seine eigene transzendentale Bedeutung.“ Der Stern sei nur sichtbar für die Weisen aus dem Morgenland. Für den heiligen Ambrosius sei der Stern mehr als nur ein Hinweis auf Christus. Für ihn sei der Stern selbst schon eine Offenbarung Christi. „Es wird deutlich: Der Umgang mit den Phänomenen, mit den Dingen also, die sich uns zeigen, ist gar nicht so einfach. Und Phänomenologie heißt letztendlich, die Phänomene richtig zu deuten, man könnte  sagen: die Zeichen der Zeit zu erkennen.“ Daraus leitete der Erzpriester die dritte, wahrscheinlich schwierigste Frage ab: „Wie sieht also eine christliche Phänomenologie heute aus, oder was bedeutet das alles für uns als Mitglieder der verschiedenen Kirchen in der Ökumene unserer Zeit?“ Miron verwies auf den Ort des Gottesdienstes: „Ökumenisch lernen wir etwa hier an diesem Ort, dass Reliquien nicht Relikte sind, sondern missionarisch-didaktische Anschauungsmittel und Schätze des Glaubens.

Wir lernen, dass der Herrnhuter Stern, den wir heute in dieser besonders großen Version als Sonderanfertigung für den Kölner Dom erleben dürfen, nicht für eine beliebige Weihnachtsdeko steht, sondern für das Glaubenszeugnis der kleinen, aber feinen Herrnhuter Brüdergemeinde.

Wir lernen die Vielfalt der Ökumene kennen, die wir als Kirchen in Deutschland – große und hierzulande kleine Kirche – im immer noch stattfindenden Jahr der Ökumene 2021/2022.

erleben und feiern dürfen.“ In der Ökumene lernten die Beteiligten unterschiedlich Zugänge zur Theologie und Glaubenspraxis kennen. Ökumenisch Christ sein heiße, sich mit der Kontext der Brüder und Schwestern vertraut zu machen. „Christsein – auch und gerade in der Ökumene! – als Lebensschule des Lernens, des Aufeinander-Hörens und des Miteinander-Aufbrechens. Das ist für mich der Sinn zumindest dieses Sternes, dieses Phänomens. Ex oriente lux. Das Licht Christi leuchtet allen. Das ist die Orientierung, die wir brauchen! Amen.“

Die Kölner Oberbürgermeisterin verglich in ihrem   Grußwort die Ökumene mit der Europäischen Union. Auch dort gehe es um die Einheit in der Vielfalt. Und es gehe auch immer um Freiheit, Frieden und Solidarität. „Nur wenn wir uns wahrhaft frei fühlen, können wir Gemeinschaft erleben. Wer sich unfrei fühlt, setzt oft auf Missverständnisse und Spaltung. Konzentrieren wir uns auf die Gemeinschaft und die Stärke, die mit aus dem Zusammenhalt ziehen.“

Text: APK
Foto(s): APK