Vor einigen Wochen hat Dirk Vergin die Leitung der AntoniterCityTours übernommen. Für den 38-Jährigen war es kein unbekanntes Terrain, denn rund um die AntoniterCityKirche war er schon länger tätig: im Foyerteam, im Büro und dann für die Bereiche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Internet und Social Media, vor allem bei den CityTours. Auch wenn er mit Respekt über die großen Fußstapfen spricht, die seine Vorgängerin Miriam Jansen hinterlassen hat, ist er mit klaren Visionen für das Programm angetreten – und für den Umgang mit den Stadtführerinnen und Stadtführern.
Dass die „Führungskräfte“ auch weiterhin eigene Ideen für Touren einbringen können und sollen, versteht sich für Vergin von selbst. „Wir haben jedes Halbjahr neue Führungen, die die Stadtführer einbringen“, sagt Vergin. „Das ist etwas ganz Gutes!“ Im aktuellen Programm geht es zum Beispiel um die noch neue und weiterhin wachsende Via Reformata durch Köln. Günter Leitner, der von Anfang an dabei ist, seit die evangelische Kirche 1988 ihr Stadtführungsprogramm startete, wird unter anderem dazu führen. „Da bin ich sehr gespannt, wie das ankommt und freue mich auch drauf, da mal mitzugehen“, sagt Dirk Vergin. „Das ist auch so ein Ziel: ich werde bei relativ vielen Touren mitgehen.“
Der Naturwissenschaftler, der sich auch einige Jahre der Theologie gewidmet hat, begeistert sich selbst nämlich immer wieder neu für Architektur, Stadtentwicklung und das, was sich in Köln so alles tut. Auch wenn er froh ist, abends in Richtung Bonn zu starten, wo er lebt und einen ruhigeren Feierabend schätzt als ihn die Großstadt Köln bietet. „Aktuell haben wir viele Bauprojekte in Köln“, sagt Vergin. Nach dem Zweiten Weltkrieg sei schon einmal damit begonnen worden, alles neu zu machen. Manches, das noch stand, habe weichen müssen – und das habe die Stadt in einigen Fällen auch bereut. „Ich bin gespannt, wie sich das alles jetzt entwickelt.“
Führungen zur Stadt im Wandel
Der gebürtige Euskirchener aus konfessionsverbindendem Elternhaus liebt die gotischen und neugotischen Kirchen, den Dom und die Antoniterkirche mit ihren Barlachskulpturen, aber auch die Kirchen rund um Neumarkt. „Und ich kann auch sehr die Kartäuserkirche und das ganze Gelände empfehlen“, sagt er. „Da bieten wir auch Führungen an, unter anderem zum Tag des offenen Denkmals.“ Der findet in diesem Jahr am 11. September statt und viele evangelische Kirchen werden dann wieder zu besonderen Führungen und Angeboten einladen.
Zu seinen eigenen Lieblingsstadtteilen gehört Ehrenfeld. Das hat seine Jugend sehr geprägt, erzählt Vergin. Mit der Musikszene und vielen Clubs, mit seiner Streetart und der multikulturellen, so studentischen wie typisch kölschen Mischung. „Da habe ich viele Konzerte und viele schöne Momente meiner Jugend erlebt. Daran hängt so ein bisschen mein Herz“, sagt er. „Es ist sehr jugendlich, sehr modern. Das gefällt mir ziemlich gut.“ Mittlerweile sei leider manches, wie das Underground, abgerissen worden und das Veedel verändert sich. „Da haben wir auch einige Führungen, die das abdecken“, sagt Dirk Vergin. „Neu-Ehrenfeld, Ehrenfeld, der Wandel, der sich vollzieht. Das ist auch ganz spannend.“
„Die Menschen sehnen sich danach wieder rauszugehen“
Aktuell holen die AntoniterCityTours nach den Einbrüchen der Coronajahre wieder auf. Die Gruppen werden wieder größer, soweit es die Räume, die aufgesucht werden, zulassen. Und die Menschen sehnen sich danach, wieder rauszugehen und etwas zu erleben, sich auch kulturell wieder mehr zu bewegen, so der Leiter der AntoniterCityTours. Der Andrang bei privaten Führungen sei auch gerade sehr groß. „Aktuell bieten wir nur Zu-Fuß-Touren an“, erklärt Vergin. Früher gab es auch Bustouren, doch weil sie in den vergangenen Jahren coronabedingt kaum noch planbar waren, sind sie erstmal ad acta gelegt worden. Für eine mobile, jüngere Klientel kann sich Dirk Vergin aber auch vorstellen, in Zukunft mal Touren mit E-Rollern anzubieten. Und auch andere Schwerpunkte sind ihm wichtig: „Ich habe selbst mal in der Inklusion gearbeitet, deshalb achte ich da auch besonders drauf“, sagt er. „Aber unsere Touren sind sowieso möglichst barrierefrei. Wer Zweifel hat, soll vorher einfach mal anrufen und nachfragen. Wir sorgen dann schon dafür, dass alle an den Touren teilnehmen können.“
Sein eigener Weg sei nie „straight von der Schule zum Studium zum Job“ gewesen, erzählt Dirk Vergin. „Tatsächlich sind meine Wege sehr vielfältig.“ Mit dem Glauben habe er lange Zeit „nicht wirklich was zu tun“ gehabt. „Das hat sich erst so mit Mitte 20 entwickelt, wo ich mich dann auch relativ schnell dazu entschlossen habe, Theologie zu studieren, weil ich eher aus einem naturwissenschaftlichen Hintergrund komme und ich mich sehr für die Sachen, die dahinter stehen, interessiere und das auch alles näher wissen wollte“, sagt Vergin. Er habe damals auch viel christliche Musik gehört und das habe ihn geprägt.
Heute ziert unter anderem das Christusmonogramm als Tattoo seinen Arm und eine tätowierte Lutherrose seine Brust. Daneben findet sich ein japanisches Symbol – Ausdruck seines Interesses für Asien und seine Kultur. „Das ist das, was mich interessiert und was mich prägt, und das trage ich immer gerne mit mir rum“, sagt Dirk Vergin über seine Tattoos.
Neue Touren im Programm
Sind die CityTouren denn auch ein bisschen Missionsarbeit? „Es ist sicherlich eine gute Möglichkeit, auch Leute, die nichts mit Kirche zu tun haben, an Kirche heranzuführen, auch über Kunst und darüber, dass wir viel Musikalisches in der Gemeinde machen. Das sind immer gute Sachen, um Leute wieder näher an die Kirche zu holen, damit sie sehen, dass es gar nicht immer so ist wie es in den Medien auch dargestellt ist“, sagt Vergin. „Ich glaube auch, dass es ein bisschen was mit Mission zu tun hat, aber eigentlich möchten wir, dass die Leute Spaß und Freude haben und eine schöne Zeit verbringen. Das andere ist ein schöner Nebeneffekt.“
Was empfiehlt er, wenn man nur drei Stunden Zeit in der Stadt hat und sie noch gar nicht kennt? „Das ist aber sehr wenig Zeit!“, sagt er lachend. „Drei Stunden – ich würde sagen, da können Sie zwei kurze Führungen bei uns buchen, da können wir schon einiges abdecken, einige Stadtteile.“
Das aktuelle Halbjahresprogramm bietet dafür jede Menge Anregungen. Neu im Programm sind etwa die „Porzer Geschichten“, die meditative Führung „Bettelorden, Betende und Beginen – Geistliches Leben im Mittelalter in Köln“ oder die zweite Ausgabe der „Kölner Kunst(t)räume“, die zu St. Maria im Kapitol führt mit dem vielversprechenden Titel „Zwischen Plektrudis, Tempel und Glasaugenmadonna“. Daneben gibt es viele weitere besondere Führungen, wie der Gang auf den Spuren Konrad Adenauers, Führungen durch den Barbarastollen unter der Uni Köln, die Architekturführung „Licht in der Stadt“ oder die Friedhofsführung zu Frauen auf Melaten.
Das gesamte Programm liegt in der AntoniterCityKirche und an vielen anderen Orten aus und ist im Internet abrufbar unter
Foto(s): Hildegard Mathies