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Vernissage: „Wort und Bild – Arbeiten von Jürgen Hans Grümmer“

Im Kölner Stadtbild präsent und doch vergessen: Das Leben des 2008 verstorbenen Bildhauers und Malers Jürgen Hans Grümmer war ein zwiespältiges. Neue Aufmerksamkeit wird seinem Schaffen in einer Bilderausstellung gewidmet, die bis Oktober in der Kartäuserkirche zu sehen ist.

Kurator Erich Witschke meint: „Letztlich ist es eine protestantische Ausstellung von einem Künstler, der kein Kirchenkünstler war.“ Die Auseinandersetzung mit existenziellen religiösen Fragen ist in seinen Werken jedoch deutlich spürbar.

Erfolg mit Skulpturen und Kunst am Bau
1935 geboren, war Jürgen Hans Grümmer schon früh als Künstler erfolgreich. Mit 19 Jahren gewann der Jungstudent der Kölner Werkschulen die Ausschreibung der Wandgestaltung im Kölner Rathaus: Es entstand „Europa auf dem Stier“. Auch der Opernbrunnen am Offenbachplatz oder die Bodengestaltung des Kölner Universitätsgeländes am Albertus-Magnus-Platz stammen von ihm. Mit seinen plastischen Werken im öffentlichen Raum war Grümmer weit über Köln hinaus bekannt, zog sich jedoch bald aus dem Kunstbetrieb zurück. Erfolgsdruck und künstlerische Probleme führten zu einer Lebenskrise: Grümmer floh in die Eifel und wurde von der Szene vergessen.

Atelier in der Kartause
Eine neue Chance tat sich auf, als er den Kapitelsaal der Kölner Kartause zu seinem Atelier machen konnte. Kam die Gemeinde, so räumte der Künstler seine Utensilien beiseite. Und wenn Platz war, breitete er sich aus und schuf noch einmal eine Vielzahl von Bildern, die in der jetzigen Ausstellung an ihren Ursprungsort zurückkehren. Seine Tochter Judith, die als Nachlassverwalterin ebenfalls an der Entstehung der Ausstellung beteiligt war, freut sich sehr über die Gelegenheit, die Werke ihres Vaters in diesen Räumen zu zeigen. Auch Matthias Bonhoeffer, der als Pfarrer an der Kartäuserkirche die Ausstellung begleitet, betont die besondere Verbindung von Raum und Werk: „Die Bilder hängen nicht zufällig hier.“

„Die heilige Familie“ hat ihren Platz im Kapitelsaal
Eines der Hauptwerke, das Triptychon „Die heilige Familie“, hängt als Dauerleihgabe ständig im Kapitelsaal der Kartause – an dem Ort, für den es geschaffen wurde. „Man sieht, dass das Bild einfach genau in diese Nische passt“, erläutert Erich Witschke die Platzierung des Gemäldes, das mit seiner motivischen Fülle kaum in allen Einzelheiten zu entschlüsseln ist. Eindeutig wird jedoch der Bezug zur Stadt, zum Veedel: Als Josef malte Grümmer die Stadtführer-Koryphäe Günter Leitner, den er gut kannte, als Maria seine Frau und als Jesuskind ihren Sohn Severin. Auch die Kartause und der Turm der Severinskirche sind zu erkennen. Andere Elemente reflektieren wiederum das Zeitgeschehen (so das Verbot von Schildkrötensuppe und das Robbensterben) oder weisen theologische Bezüge auf. Matthias Bonhoeffer erzählt von der Vielfalt des Bildes: „Man fragt sich schon, was ist da vielleicht noch alles drunter, übermalt, verworfen… Auf jeden Fall hat „Die heilige Familie“ als Dauerleihgabe ihren Platz bei uns gefunden. Wir setzen uns auch schon mal mit den Konfirmanden davor und sprechen gemeinsam über das Bild.“

Wort und Bild
Obschon Grümmer kein Kirchenkünstler war und laut Erich Witschke auch „nie fromm wurde“, bildet seine malerische Auseinandersetzung mit dem „Vater Unser“ einen Schwerpunkt unter den ausgewählten Bildern. Der Kurator sieht hierin ein kalligraphisches Spiel, aber auch eine inhaltliche Bearbeitung des Gebets, dessen Wörter neu sortiert werden und je nach Bild eine unterschiedliche Gewichtung erhalten. Prägend für alle Gemälde sei die Kombination aus Wort und Bild. „Im Protestantismus tritt das vieldeutige Bild hinter dem scheinbar eindeutigen Wort zurück, die Ausstellung stellt das jedoch in Frage. Das Wort ist hier nicht immer eine Erläuterung zum Bild, sondern oft seine Verschlüsselung“, erläutert der Kurator, der auch als Kunstsachverständiger des Kirchenverbands tätig ist, in seiner Ansprache. Andere Werke wiederum geben durch ein Gittermuster eine scheinbare Struktur vor, die sich bei genauerer Betrachtung jedoch als Chaos entpuppt – ein Stilmittel, das die enge Verknüpfung von Grümmers Leben und Werk deutlich macht. Dass dazu auch Humorvolles gehört, zeigen die Bilder „Mal mal nen Wal“ oder „Ein Mops kam in die Küche“, die eine kindlich-spielerische Seite des Malers zum Vorschein bringen.

Grümmers Werke in Köln entdecken
Die Vernissage in der Kartäuserkirche bildet gleichzeitig den Startpunkt für eine Reihe von Ausstellungen mit Werken Grümmers: Am kommenden Freitag, 16. September, um 17 Uhr,, wird in der IHK Köln eine Ausstellung zu Grümmers künstlerischen Tageskalender eröffnet. Außerdem ist in der Maternuskirche – als Ausweichort wegen der Renovierungsarbeiten an St. Severin – Grümmers Werk "Karfreitag in der Severinstraße" von 1990 zu betrachten. Wer den Kölner Künstler kennen lernen möchte, kann mit einem unter der Leitung von Johannes Stahl neu erarbeiteten Wanderbuch alle Grümmer-Stationen in der Stadt entdecken. Geführte Touren werden außerdem von den AntoniterCityTours angeboten.

Die Ausstellung "Wort und Bild – Arbeiten von Jürgen Hans Grümmer" in der Kartäuserkirche ist bis zum 30. Oktober dienstags bis samstags von 16 bis 18 Uhr sowie nach dem sonntäglichen Gottesdienst zu sehen. Der Eintritt ist frei, das Wanderbuch kostet 5 €.

Text: Kristina Pott
Foto(s): Kristina Pott