Aus seinen Nähten „platzte“ der Betsaal im evangelischen Gemeindezentrum in Frechen-Bachem. Denn der „normale Pfingst-Gottesdienst“ vor dem Kirchentag war zugleich dem 50-jährigen Bestehen der Evangelischen Frauenhilfe in Bachem gewidmet.
Viele sind jahrezenhntelang dabei
Von den 33 Frauen, die 1957 die Evangelischen Frauenhilfe in Bachem gründeten, leben heute noch zwei. Nicht mehr gut zu Fuß ist die 92-jährige Helene Schuh. Sie wohnt im Heim. Rüstig dagegen wirkt die 87-jährige Klara Bürgel. Im Rahmen des Gottesdienstes wurden sie für ihre 50-jährige Mitgliedschaft geehrt. Landesvorsitzende Rosmarie Hadré zeichnete namens der Evangelischen Frauenhilfe im Rheinland fünf weitere Jubilarinnen für ihre Verbundenheit und Mitwirkung aus: Elli Quiel für dreißig Jahre sowie Helene Esser, Marianne Jahn, Ludmilla Kiefert und Anneliese Thorn für je 25 Jahre.
„Wir fanden uns damals zusammen, um den Glauben zu leben, um einen Halt zu finden und in der Gemeindearbeit mit zu tun“, erinnert sich Klara Bürgel an Nachbarschaftshilfe, Schulungen und regelmäßige Treffen. Anfangs habe man die Kluft zwischen den Konfession noch stark gespürt: „Wir Evangelischen wurden von den Katholiken geschnitten.“ Allmählich sei der Ton liebevoller geworden. „Ab Mitte der achtziger Jahre hat sich das Verhältnis spürbar verbessert, heute gehören sogar katholische Frauen unserem Kreis an“, freute sich die Seniorin beim Jubiläums-Empfang im Gemeindezentrum. Seit dessen Einweihung im Oktober 1973 hat auch die Frauenhilfe dort ihren festen Treffpunkt. „Davor versammelten wir uns in der früheren Bergschule von Rheinbraun und in der Mauritiusschule.“
Altersverschiebungen
Gemeinde- und menschenbezogene Arbeit wird auch heute noch in unterschiedlichen Facetten von der Evangelischen Frauenhilfe Bachem geleistet: „Wir besuchen Jubilare, teilen Gemeindebriefe aus und helfen bei Festen tatkräftig mit“, so Helga Pütz. Seit 2002 leitet sie die Gruppe, die sich alle zwei Wochen trifft. Nach einer Andacht bleibe Zeit zum Austausch unter den Teilnehmerinnen, betont Pütz die Bedeutung der Kommunikation. „Wir hören aber auch Vorträge zu kulturellen und aktuellen Themen. Wir singen miteinander, rätseln, basteln und feiern.“ Die Gemeinschaft verzeichnete 1988 noch 55 Damen. Heute komme sie auf knapp die Hälfte, benennt Pütz ein großes Dilemma. Die Berufstätigkeit vieler Frauen, der allgemeine Wandel des Freizeitverhaltens und die Verbesserung der Infrastruktur hätten sich auch auf die Frauenhilfe ausgewirkt. „Sie ist eine Möglichkeit unter vielen geworden.“ Heute würden die meisten Frauen erst im Rentenalter eintreten.
Ein neuer Raum in Bachem fehlt
Ein mindestens so akutes Problem sieht sie in der geplanten Schließung des Gemeindezentrums Bachem. Es wird aufgrund der hohen Unterhaltungskosten zum Sommer 2008 aufgegeben. „Wir sind zwar auch in der Frauenhilfe Frechen willkommen“, betont Pütz. „Aber die eingeschränkte Mobilität vieler unserer Mitglieder lässt es nicht zu, dass wir uns durch die ganze Stadt bewegen.“ Es gebe Menschen, die würden in dieser Angelegenheit auf Gottvertrauen setzen. „Ich bin da eher eine Zweiflerin“, befürchtet Pütz mit der Schließung des gewohnten Treffpunktes eine weitere Reduzierung der Gruppe – falls nicht doch ein passender Raum in Bachem selbst gefunden werde.
Das „Modell Miteinander und Füreinander“ soll es Frechen weiterhin geben
Weise seien die Aufgaben in einer Gemeinde auf vielen Schultern verteilt, verdeutlichte Pfarrerin Almuth Koch-Torjuul in ihrer Predigt am biblischen Beispiel Moses. Ihm sei „die große und geliebte Aufgabe zur Sackgasse geworden“. Von Gott beauftragt, sein Volk aus der Abhängigkeit zu führen, habe dieses eine ungeheure Anspruchshaltung entwickelt. Der Druck auf Moses, „das Zuviel der Lasten, die man tragen muss“, wirke auch uns vertraut. „Menschen, die am Rad drehen. Eine Mutter, ein Mitarbeiter einer Firma. Es kann auch der Ehrenamtliche in unserer Gemeinde sein. Für ein Ehrenamt angetreten und plötzlich hat man zehn Ämter an der Hand.“ Da werde etwas Erfreuendes zur Belastung. Moses habe das einzig Richtige getan. „Er tritt die Notbremse und redet: Ich kann nicht mehr. Das fällt vielen schwer.“ Gott habe das Projekt neu organisiert, und Moses habe dadirch Verstärkung erhalten. Mit dieser Entlastung habe er aber auch abgeben müssen von seiner Autorität, seinem Einfluss. „Manchmal klammert man sich an eine Sonderrolle, denkt, ohne mich geht es nicht. Man steht einer Veränderung selbst im Weg.“ Aber Moses sei das Loslassen gelungen. „Ein epochales, neues Modell für Israel, das Pfingst-Modell, das Modell Kirche. Gottes Botschaft in die Welt zu tragen, ist auf viele Schultern verteilt.“ „Nehmen wir das sehr ernst in unserer Gemeinde“, plädierte Koch-Torjuul, das Modell „Miteinander und Füreinander“ weiter auch in Frechen zu praktizieren. Die Frauenhilfe Bachem sei ein Teil dieses Modells. „Ich glaube, dass Sie das verwirklicht haben. Das merken auch wir Pfarrerinnen und Pfarrer. Wir werden entlastet, wenn Se Jubilare besuchen oder Gemeindefeste mitgestalten.“
„Verlässlich und treu wie Gold“
Gruß- und Dankesworte zum Jubiläum sprachen unter anderem Hans-Willi Meier, Bürgermeister der Stadt Frechen, und die Frauenhilfe-Kreisverbandsvorsitzende Barbara Bieler. Pfarrer Helmut Schneider-Leßmann, stellvertretender Superintendent des Kirchenkreises Köln-Süd, zitierte Sir Peter Ustinov: „Das Staunen ist das Geheimnis der Jugend und des Jungseins“. Angesichts der fortschreitenden gesellschaftlichen Veränderungen und alltäglichen Anforderungen wünschte er den Mitgliedern der Frauenhilfe in Bachem, dass „auch Sie sich ihr Staunen bewahren“. Als „verlässlich und treu wie Gold“ charakterisierte Rosemarie Hadré die Damen der Bachemer Frauenhilfe. „Ich weiß, was Ehrenamtlichen gut tut: Anerkennung“, sagte die Landesvorsitzende der Evangelischen Frauenhilfe im Rheinland. „Deshalb verbeuge ich mich voller Hochachtung für ihren Einsatz für Menschen.“
Foto(s): Broich