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Ulrike Siebel: „Ins Ungewisse wagen“ – Ausstellung in der evangelischen Christuskirche Köln-Dellbrück

Changierendes Blau suggeriert Ferne. Grenzenlos sind die Bilder an der weißen Wand zwischen Altarraum und Empore natürlich nicht. Jedes für sich ist in Höhe und Breite limitiert. Aber da gibt es noch eine dritte Dimension. Die bringt Ulrike Siebel wirkungsvoll zum Klingen. Verstärkt wird die Tiefenwirkung durch die in und auf das Blau gesetzten Motive. Es sind Vögel, die im Flug festgehalten, bald aus unserem Blickfeld zu gleiten scheinen. „Schweben“ nennt die in Mettmann ansässige Künstlerin ihre mehrdeutige Arbeit. Einerseits hat Siebel die Bilder wie Bausteine zu einer Art Mauer gefügt. Andererseits bleibt diese durchlässig, steht mit ihrem anziehenden Blau für Weite. Für einen offenen (Himmels)Raum, in dem sich viel bewegt. Sie steht auch für ein Loslassen, ein mögliches freies Spiel der Gedanken – abseits gewohnter Pfade, in alle Richtungen.

„Das Ungewisse hat weder Form noch Farbe“
An den Längswänden der evangelischen Christuskirche in Köln-Dellbrück, Dellbrücker Mauspfad 363, hängen die vier Öl-Gemälde, denen die Ausstellung ihren Titel verdankt: „Ins Ungewisse wagen“. Sie spiegeln die Klarheit und Schlichtheit des Raums, nehmen das einfallende Licht, das Weiß der Umgebung auf. Ein Weiß, das in den Bildern zwar monochrom bleibt, gleichwohl eine zumindest reduzierte Struktur aufweist. Weiß auf Weiß reihen sich uneinheitliche Linien vertikal aneinander. Weiß auf Weiß werden diese ergänzt um plane Einschübe. Trotzdem bleibt all das unbestimmt. Denn das Ungewisse hat weder Form noch Farbe. Trägt das Blau in die Ferne, wirft das Weiß die Betrachtenden um so mehr auf sich zurück. Besinnung und Positionssuche aber vor beiden Orten – mit spannendem Verlauf und ungewissem Resultat.

Facettenreiches Leben
Den selben Themenkomplex behandelt die dreiteilige Acryl-Arbeit „Ufer“. Auf den großformatigen Leinwänden erstrecken sich unter einem jeweils schmalen, weißen Horizont beinahe gänzlich schwarze Flächen. In diesen finden sich minimale Aufbrüche. Blau scheint durch. Es nährt die Hoffnung, das die stark verschatteten Partien vollständig aufreißen und Platz machen für weniger Erdrückendes. Nicht Trostlosigkeit soll in Aussicht stehen, sondern facettenreiches Leben. Ein Leben, wie es das vieltonige Rot, vereint mit diversen Formen, im benachbarten Kleinformat beschwört.

Augen in die Höhe!
Siebel nutzt nicht nur die getünchten Wände der Christuskirche. Sie lenkt die Augen der Besuchenden auch in die Höhe. Das hat zunächst praktische Gründe. Ursprünglich wollte sie Skulpturen im Raum platzieren. Dessen relative Enge verhinderte dies. Nicht zum Nachteil. Denn die alternative Lösung überzeugt. Gerade auch in Verbindung mit und in Nachbarschaft zu den vorgestellten Wandbildern. An quer gespannten Drähten hat Siebel knapp dreißig, zuvor mit flüssigem Bienenwachs beschüttete Büttenpapiere gehängt. Jedes ein Unikat, weisen sie unterschiedliche Strukturen auf, die im Spiel des Lichts mehr oder weniger deutlich hervortreten. Will man sie erkennen, muss sich der Blick zwangsläufig nach oben richten.

Gespräche über und Auseinandersetzung mit Kunst
Ausstellungen gibt es in der Christuskirche seit Abschluss der Renovierungsarbeiten im Herbst 2004. Jeweils im Frühjahr und Herbst ist ein(e) Künstler(in) eingeladen, das lichterfüllte Gebäude zu bespielen. Die Auswahl trifft eine sechsköpfige Jury. Ihr gehören je drei Gemeindeglieder und Dellbrücker Kunstschaffende an. „Eine Vorgabe für unsere Ausstellungen lautet: Der Künstler muss sich mit dem Raum auseinandersetzen“, informiert Erika Baumberger, eine der Gemeindevertreterinnen im Gremium. Die Laufzeit jeder Ausstellung betrage jeweils knapp vier Wochen. Innerhalb der Gemeinde hätten die Ausstellungen zu einer erstaunlichen Entwicklung geführt, so Baumberger. „Klar, diese oder jene Kunst gefällt nicht jedem. Und die Kritiker sagen das auch.“ Insgesamt aber spüre sie eine große Offenheit gegenüber den Beiträgen und Eingriffen der Kunstschaffenden. „Sie regen zum Gespräch und zur Auseinandersetzung an.“ Zudem würden die Kunstwerke häufig in den Gottesdienst einbezogen oder fänden bei anderen Anlässen Beachtung.

Öffnungszeiten
Geöffnet ist die Ausstellung in der Christuskirche, Dellbrücker Mauspfad 363, bis zum 18. November mittwochs von 15 bis 17 Uhr, sonntags von 12 bis 15 Uhr sowie nach telefonischer Vereinbarung unter 02104-74434. An den Sonntagen 28. Oktober und 18. November wird die Künstlerin anwesend sein.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Broich