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Traurig: Die Lindenthaler Dienste stehen vor dem Aus

Alle Hoffnung war vergebens, der Lindenthaler Dienste e.V. steht vor dem Aus. 1983 wurde das Beschäftigungs- und Altenhilfe-Projekt aus der Mitte der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Lindenthal initiiert und mit „erheblichen Mitteln“ angestoßen.

Monatlich bis zu achtzig Menschen betreut
In den über zwanzig Jahren seines Bestehens konnten sieben Dauerarbeitsplätze eingerichtet werden und erhielten rund 320 Langzeitarbeitslose auf ABM-Basis eine befristete Beschäftigung. Von diesen Mitarbeitenden wurden bislang monatlich bis zu achtzig hilfsbedürftige, ältere Menschen in den Stadtteilen Sülz, Lindenthal und Klettenberg betreut und bei der Haushaltsführung unterstützt. Nun beschloss der Vorstand, den ökumenisch ausgerichteten Verein zum 31. März 2004 aufzulösen. Dass die Mehrheit der 260 Mitglieder auf der für den 4. März anberaumten Versammlung anders entscheidet, ist nicht zu erwarten. Hatte man bei der Gründung noch gehofft, aufgrund eines rapiden Rückgangs der Arbeitslosenquote in näherer Zukunft überflüssig werden zu können, sorgen jetzt die Reform der Arbeitsmarktpolitik, das zurückgegangene Spendenaufkommen und leere Kassen für das Ende der Lindenthaler Dienste. 

Eine „reine Geldfrage“
Das Problem habe sich schon länger angedeutet, so der Vorsitzende Rainer Gutmann. „Wir waren in einer gewissen Klemme. Als unsere Geschäftsführerin Ulla Hagenbruch den Haushaltsplan 2003 vorlegte, mussten wir feststellen, dass wir unsere Rücklagen mehr als in den Vorjahren werden angreifen müssen.“ Gleiches gelte für 2004. „Angesichts unseres 20-jährigen Bestehens wollten wir aber nicht leichtfertig aufgeben“, erinnert Gutmann. „Wir sind nach dem Prinzip Hoffnung verfahren, Hoffnung auch auf weitere Spenden.“ Der Optimismus ist endgültig verfolgen. „Es ist eine reine Geldfrage“, betont Gutmann. „Wir bräuchten jährlich Spenden in der Größenordnung von über 50.000 Euro.“ Und das in Zeiten, wo die Spendenlandschaft zunehmend unter Druck gerate.

Gab mit den Ausschlag: der Wegfall des „Förderinstruments ABM“
Ausschlaggebend für den Vorstandsbeschluss sei vor allem die angekündigte Zäsur in der ABM-Politik. „Bisher finanzierte die Bundesanstalt für Arbeit die ABM mit 80% der Bruttopersonalkosten. Das nun ab 2004 angedachte Modell einer Pauschale würde sich auf maximal 40% bis 50% belaufen.“ Die Konditionen für das Förderinstrument ABM würden sich dadurch erheblich verschlechtern, so weit sie überhaupt noch tragbar seien. „Wir jedenfalls können das nicht durchhalten“, bedauert Gutmann. „Wir mussten bereits im Laufe dieses Jahres unsere Rücklagen aufbrauchen.“ Zudem hätten die Lindenthaler Dienste letztmalig im 1. Quartal 2003 eine Förderung aus dem „Stammkräfte-Programm“ des Landes NRW erhalten. „Es soll ABM-Projekten ermöglichen, die hohen Personalkosten für die professionelle Anleitung der Beschäftigten aufzubringen“, so Gutmann. „Betrugen die Zuschüsse daraus in 2001 noch 28.000 Euro, gingen die Beträge bis April 2003 auf Null Euro zurück.“ Bis zuletzt sei die Evangelische Landeskirche der verlässlichste Zuschussgeber gewesen. Aus deren Arbeitslosenfond flossen jährlich über 30.000 Euro an die Lindenthaler Dienste. „Es gab aber auch schon hier Warnzeichen“, gibt der Vorsitzende zu bedenken. „Zumindest konnte man uns keine längerfristigen Garantien mehr geben.“

Berufliche Zukunft ungewiss
Nun kämpfe die Einrichtung darum, das 1. Quartal 2004 durchzustehen. „Wir sind sehr an einer ordnungsgemäßen Beendigung interessiert“, sagt Gutmann. So laufen die älteren Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zum 31. Januar aus. Die im November/ Dezember 2003 begonnenen sechs ABM in Absprache mit dem Kölner Arbeitsamt bei einer verkürzten Laufzeit zum 31. März. Bei den vier im Pflegedienst Festangestellten besteht die berechtigte Hoffnung, dass sie von anderen Pflegediensten übernommen werden. Die berufliche Zukunft der Geschäftsführerin, Einsatzleiterin und des Sachbearbeiters dagegen ist ungewiss.

Was wird aus den betreuten Menschen?
„Wir nehmen keine neuen Kunden mehr an“, stellt Gutmann fest. Zudem beginne man nun die Zahl der Stammkunden „verträglich“ abzubauen. „Wir müssen eben schauen, wer jetzt schon ohne unsere Hilfe auskommt, und wer nicht.“ Dies werde sich insbesondere im hauswirtschaftlichen Bereich bemerkbar machen. „Für die Selbstzahler, bei denen alle zwei Wochen für 45 Minuten einer unserer Mitarbeitenden im Haushalt hilft, wirkt sich das natürlich anders aus, als für diejenigen, die unsere Dienste wöchentlich drei Mal in Anspruch nehmen.“ Wird der Verein wie erwartet aufgelöst, fällt dessen zum 31.3. 2004 noch existentes Vermögen an die Kirchengemeinde Lindenthal.

Tipp:
Die Lindenthaler Dienste im Internet hier.


Text: Engelbert Broich für den WEG
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