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TrauDich! Evangelische und katholische Kirche auf der Hochzeitsmesse

„Liebende brauchen zwei Hände: eine Hand, die gibt, und eine, die empfängt“, notierte einst der französische Mathematiker und Physiker, Literat und Philosoph Blaise Pascal (1623-62). Nun schmückte seine Erkenntnis ein Kärtchen, das ein Besucher der Hochzeitsmesse in Köln aus einer Trommel zog. In diesem Behältnis befanden sich viele solcher kleinen Kärtchen. Und auf jedem stand ein anderer biblischer, literarischer oder philosophischer Spruch zu den Themen Liebe und Ehe. In die besagte Trommel hineingreifen konnte man am gemeinsamen Stand der evangelischen und katholischen Kirche auf der Hochzeitsmesse der Kölnmesse. Nicht wenige Menschen machten sich die Freude, sich selbst mit einem der Zitate zu beschenken. Wer weiß, möglicherweise ist auf diese Weise der einen oder dem anderen schon ein künftiger Trauspruch zugefallen.



„Eine wunderschöne und befriedigende Arbeit, mit Brautpaaren ins Gespräch zu kommen“
„TrauDich!“, die Hochzeitsmesse auf der Kölnmesse, versammelte über 120 Aussteller aus verschiedenen Branchen von Accessoires über Mode und Schmuck bis Wellness. Inmitten der Angebote von Waren und Dienstleistungen konnte man auch die Stimmen der beiden großen Kirchen vernehmen – an einem partnerschaftlich geführten Stand. „Die Ökumenebeauftragten und andere Vertreter des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region haben unsere Auftritte insbesondere auf dieser Kölner Hochzeitsmesse schon länger mitgetragen“, erinnerte sich der katholische Theologe und Pastoralreferent Martin Bartsch, Referent für Ehe- und Familienpastoral im Stadtdekanat Köln. Seit letztem Jahr, mit dem Engagement von Dr. Bernhard Seiger, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Süd, bestehe eine Partnerschaft. Die sei auch daran festzumachen, dass der Evangelische Kirchenverband Köln und Region die Hälfte der Organisationskosten bereitstelle, informierte Seiger. „Es ist eine wunderschöne und befriedigende Arbeit, mit Brautpaaren ins Gespräch zu kommen über ihr Leben und darüber, was ihnen wichtig ist“, sieht der Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Bayenthal für beide Seiten eine Chance. Die „Bearbeitung dieses Feldes“ hält Seiger für enorm wichtig. Und so habe er sich auch die Information und Begleitung von Brautleuten auf die Fahne geschrieben

Im „Schichtdienst“ zahlreiche Gespräche geführt
Bartsch und Seiger freuten sich über die ökumenische Offenheit, mit der dieser Stand geführt wurde. „Ein prima Signal für das ökumenische Miteinander“, betonte Seiger. Die insgesamt 16 Messe-Stunden der „TrauDich!“-Veranstaltung 2011 wurden von den beiden Kirchen im Schichtdienst absolviert. Auf evangelischer Seite beteiligten sich neben Seiger die Superintendentin des Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch und Pfarrerin der Evangelischen Kirchengemeinde Mülheim am Rhein Andrea Vogel, die Pfarrer André Kielbik aus Bayenthal und Ralph Knapp aus Delling sowie der Pfarrer im Ruhestand und Leiter der evangelischen Kircheeintrittsstelle Eckart Schubert. „Hier am Stand gibt es nicht so viel zu gucken. Aber beim Nachdenken ist unser Angebot wichtig“, zeigte sich Seiger überrascht von dem relativ großen Zulauf. „Gerade am Nachmittag kamen wir aus den Gesprächen nicht mehr raus, eins wurde vom anderen abgelöst.“

Auf solch einer Messe bekommt „Kirche ein Gesicht“
Laut Seiger bietet diese Messe den Kirchen also eine gute Möglichkeit, mit jungen Menschen in einem spannenden Alter in Kontakt zu treten, sie in ihrer Lebensentwicklung zu begleiten. Und er sah die klare Besonderheit kirchlicher Angebote deutlich, als er über die Messebesucherinnen und -besucher sagte: „Wenn sie über die Messe gehen, merken sie, wie viele Leute mit ihnen ein Geschäft machen wollen.“ Das liege in der Natur der Sache. „Bei uns erhalten sie die Chance, zu überlegen: Was ist mir eigentlich wichtig, welche Themen sind uns wichtig für unseren Festtag?“ Da zählten weniger der ästhetische Aspekt, nicht Kleidung, Frisur oder Schmuck, sondern der Mensch, der Sinn der Trauung. „Das ist eine Form von Seelsorge“, sagte Seiger. „Und wir merken, dass sich Menschen freuen, wenn ihre Kirche hier vertreten ist und sie hier Begleitung erfahren.“ „Die Begegnungen an unserem Stand entwickeln sich häufig zu Gesprächen über Glauben und Kirche“, berichtete Bartsch. „Wir erklären, wo und mit wem Traugottesdienste möglich sind. Auch, was man tun kann, wenn beispielsweise der Ortspfarrer nicht ´mitspielen´ möchte oder soll.“ Als besonders spannend empfanden es Bartsch und Seiger, dass „uns hier in der Regel Menschen ansprechen, die keinen Gemeindehintergrund haben“. Auch sei der Stand der Hochzeitsvorbereitung der Messe-Besuchenden ganz unterschiedlich. „Die einen haben schon eine Kirche reserviert, die anderen stehen ganz am Anfang“, so Bartsch. „Jedenfalls bekommt Kirche durch unseren Stand hier ein anderes Gesicht.“

Das Traugespräch ist obligatorisch
Welche Fragen wurden denn den Kirchenvertretenden am Stand gestellt? „Die Menschen erkundigten sich häufig danach, ob sie sich auch woanders, außerhalb von Kirchen kirchlich trauen lassen können oder wie sie Kontakt zu ihrer Gemeinde bekommen“, so Seiger. Nicht nur darauf wussten er und Bartsch, Kolleginnen und Kollegen hilfreiche Antworten und konnten zusätzliches Informationsmaterial zur Verfügung stellen. Auch über den Inhalt des Traugesprächs, in dessen Rahmen entgegen mancher Befürchtung laut Seiger keine Glaubensprüfung stattfindet, klärten sie auf. Das Traugespräch sei in der Vorbereitungsphase, die schon allein wegen der Reservierung des Termins in der Kirche ein halbes Jahr vorher beginnen sollte, obligatorisch, betonte der Superintendent. In der Regel gliedere es sich in zwei Teile. Zunächst erfolge die Kontaktaufnahme von Brautpaar und Pfarrer oder Pfarrerin, Priester oder Diakon. Teil eins diene also dem Kennenlernen, bei dem man die jeweiligen Vorstellungen austausche. In der nächsten Phase folge die genaue gottesdienstliche Planung. Abgesprochen würden unter anderem Ablauf des Gottesdiensts, Musik- und Liedauswahl, Beteiligungsmöglichkeiten, etwa betreffend den Trautext.

Die christlichen „Trauungstraditionen“ sind oft nah beieinander
„Wir wollen keinen Hochzeitstourismus fördern“, ging Seiger auf die Frage ein, ob man auch in anderen als der eigenen Gemeindekirche heiraten könne. In der katholischen wie evangelischen Kirche gelte normalerweise das Territorialprinzip. Begründete Ausnahmen seien möglich. „Der Kontakt mit der eigenen Gemeinde ist obligatorisch. Ich muss ja auch nachweisen, dass ich evangelisch bin“, so Seiger. Schließlich müsse die Trauung ja auch im Kirchenbuch der eigenen Gemeinde registriert werden. „Es ist ein intensiver Tag, für viele der wichtigste im Leben“, sagte Seiger. „Als Kirche haben wir mit unserer Amtshandlung eine große Schlüsselstellung. Wir machen deutlich: Wir sind da, hören zu, gehen mit.“ Die Fragen danach, ob kirchliche Trauungen auch außerhalb von Kirchen, an anderen besonderen Orten stattfinden könnten, verneinten beide. „Die Trauhandlung ist ein Gottesdienst“, betont Seiger. „Und Gottesdienste finden an eingeführten Gottesdienstorten statt.“ Auch Bartsch erklärte: „Der Gottesdienst findet in einer Kirche statt, da sind wir ganz nah beieinander, was die Trauungstradition angeht.“ Ebenso erkundigten sich Besuchende danach, ob eine ökumenische, eine konfessionsverschiedene Trauung möglich sei und wie sie ablaufe. In diesem Zusammenhang sprach Seiger von einer Handreichung aus den 90er Jahren, in der die Evangelische Kirche in Deutschland gemeinsam der Deutschen Bischofskonferenz die Richtlinien veröffentlicht hat. Sie sieht unter anderem vor, dass eine Trauung in der katholischen Kirche unter Beteiligung eines evangelischen Geistlichen vollzogen wird. Umgekehrt soll eine Trauung in einem evangelischen Gotteshaus gemeinsam von einem evangelischen und katholischen Geistlichen geleitet werden. Insgesamt lege diese Handreichung fest, wie und von welchen Elementen die Liturgie bestimmt wird, wie alle Parteien berücksichtigt werden können. Entscheidend, unisono Bartsch und Seiger, sei das Gespräch mit dem/der Geistlichen vor Ort, in dem auch über solche kirchenrechtlichen Fragen aufgeklärt werde,.

Ehen zwischen Christ/innen und Nicht-Christ/innen
Religionsverschiedene kirchliche Trauungen sind laut Aussage der beiden möglich, wenn einer der beiden Partner der evangelischen oder katholischen Kirche angehört und der nichtchristliche Partner die christliche Eheschließung achtet. Gegenstand des Traugesprächs sei es auch, die religiöse Überzeugung beider Partner kennen zu lernen und zu respektieren. Zudem werde der nichtchristliche Partner zu seiner Einstellung und seinem Empfinden darüber befragt, dass der andere in einem Gottesdienst geheiratet wird. „Wenn man merkt, dass das wirklich mitgetragen wird, stimmig ist, bestehen keine Bedenken“, so Seiger. „Meistens ist es ja so, dass der nichtchristliche Partner den kirchlichen Trauwunsch des anderen respektiert und dann überlegen wir, wie das von ihm mitgestaltet werden kann. Wie der nichtchristliche Partner etwa mittels Lied- oder Literaturtexten in die Trauhandlung eingebunden werden kann.“ Bartsch ergänzte, dass beteiligten Katholiken allerdings eines klar sein müsse: „Wenn eine katholische Person eine ungetaufte ehelicht, handelt es sich aus offizieller katholischer Sicht zwar um eine gültige Ehe, aber nicht um ein Sakrament.“

Individuelle Aspekte
In den letzten Jahren zeigten Brautpaare wieder verstärkt Interesse an festen Formen, stellte Seiger fest. „Viele legen wieder großen Wert auf eine Festlichkeit des gesamten Traugeschehens.“ Stark gewachsen sei der Wunsch, Trauungen individuell zu gestalten. Dabei spiele häufig ein wiederkehrendes Symbol eine große Rolle. So ziere beispielsweise eine Brücke die Trauanzeige, eine Brücke illustriere das Programmheft und schließlich spiele das Symbol Brücke auch eine Rolle in der Predigt. „Damit wollen die Brautpaare verdeutlichen, dass ihr Weg ein ganz individueller ist.“ Kaum ausgesprochen, wird Seiger zu einer Fragestellerin gebeten. Sie erkundigt sich, ob bei einer evangelischen Trauung Zeugen verpflichtend seien. „In der evangelischen Kirche haben Trauzeugen keine wichtige, tragende Funktion“, erwidert Seiger. Es könne auch eine Trauung ohne Trauzeugen geben. Deren Funktion liege darin, das Brautpaar zu unterstützen. Ebenso könnten sie in die Gestaltung eingebunden werden. Und wenn es nicht klappen sollte mit dem/der Angetrauten und man anschließend eine neue Liebe besiegeln möchte? Auch dazu erhielten Besuchende klare Antworten. Anders als in der katholischen sei es in der evangelischen Kirche möglich, nach einer Scheidung nochmals kirchlich zu heiraten.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Broich