Der Geusenfriedhof in Köln-Lindenthal nahe der Universität ist vielen Kölnerinnen und Kölnern bekannt. Er ist der älteste Friedhof für Protestanten im Rheinland. Die ältesten Gräber stammen aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Viele Gräber tragen die Namen niederländischer Protestanten, die als Geusen bezeichnet wurden, daher auch der Name des Friedhofs. Im 16. Jahrhundert war es der protestantischen Bevölkerung verboten ihre Toten innerhalb der Stadtmauern zu begraben. 1576 erhielten sie am Weyertor durch eine Schenkung von Frau Ursula von Goer zu Kaldenbroek ein Grundstück, auf dem sie ihre Toten begraben konnten. Ratsbeschlüsse aus den Jahre 1583 sowie 1586 legten zudem fest, dass an Beerdigungen von Protestanten max. 6 Personen teilnehmen durften, um ein großes Aufsehen zu vermeiden.
Der Totengräber
Die Archivale des Monats gibt in 22 Artikeln Aufschluss über die Person des Totengräbers, seine Aufgaben sowie über geltende Verhaltensregeln für ihn und auch für die Besucher des Friedhofs. Der Totengräber war sowohl für die Verwaltung (Nummerierung der Gräber sowie Register über Verstorbene mit Namen- und Standesangaben) als auch für die Pflege des Friedhofes verantwortlich. Er übte demnach die Funktion eines heutigen Friedhofamtes und eines Friedhofgärtners aus. Er lebte direkt neben dem Friedhof in einem Haus mit Garten und Kuhstall, welches die reformierte Gemeinde für dieses Amt errichtete.
Totengräber als Gärtner
Interessant an der Arbeitsbeschreibung ist die Erwähnung, dass „[…] der ganz Kirchhof als ein Garten zu betrachten ist, worin alles geordnet seyn muß […]“. Dazu gehören das Anlegen von Wegen, das Pflanzen von Hecken und Blumen sowie die Beschneidung und Säuberung derselben. Für die Gestaltung und Pflege der Gräber waren die Hinterbliebenen des Verstorbenen verantwortlich, genauso wie heute. Es gab jedoch Regeln, was gepflanzt werden durfte. Neben Blumen durften auch Obstbäume gepflanzt werden, die jedoch nicht tief wurzeln durften. Der alte Friedhof sollte demnach eher einer Parkanlage gleichen. Dementsprechend war es notwendig, dass der Totengräber eine Ausbildung als Gärtner absolviert hatte. Sein Arbeitswerkzeug wurde ihm teilweise durch die reformierte Gemeinde gestellt, zum Teil musste er sich selbst darum kümmern. Des Weiteren war es seine Pflicht auf das Aussehen der Gräber zu achten. War ein Grabstein beschädigt, lag es in seiner Verantwortung die Hinterbliebenen ausfindig zu machen und dazu zu veranlassen den Schaden zu beheben. Waren Hinterbliebene nicht mehr zu finden beziehungsweise nicht in der Lage oder gewillt den Grabstein zu reparieren, musste der Totengräber dies dem Kirchenrat melden. Dieser entschied dann über das weitere Vorgehen.
Wächteraufgaben
Zu seinen Aufgaben als Wächter gehörte zudem, darauf zu achten, dass keine Kaffeekränzchen noch Spiele auf dem Friedhofsgelände abgehalten wurden, um die stille Andacht und das stille Gedenken nicht zu stören. Ihm war es auch untersagt solche Unternehmungen durch den Ausschank von Bier, Wein oder Brandtwein zu unterstützen. Trotz der Einstellung eines Totengräbers ist es immer wieder im Laufe der Jahre zu Verwüstungen und Zerstörungen gekommen. Auch die Pflege der Gräber geriet immer mehr in den Hintergrund, so dass zu Beginn des 20. Jahrhunderts viele Grabdenkmäler mit Unkraut überwuchert oder gänzlich durch Witterungen zerstört waren. Im Zuge des Baus des Krankenhauses Weyertal sind erste Instandsetzungsarbeiten an Gräbern vollzogen worden, da der alte Friedhof als Parkanlage zum Erholen für die Patienten genutzt wurde.
Der Geusenfriedhof
Der Friedhof wurde bis 1829 als evangelische Ruhestätte genutzt. 1829 durften Protestanten zusammen mit katholischen Mitbürgern auf dem Zentralfriedhof Melaten innerhalb der Stadt beerdigt werden, so dass nur noch vereinzelt auf dem Geusenfriedhof bis 1875 Beerdigungen stattfanden. Es handelte sich dabei vorrangig um Personen, die ihre letzte Ruhestätte nahe ihren Verwandten haben wollten, die auf dem Geusenfriedhof bereits beerdigt waren. Von einigen dieser Personen sind Beschwerden bzgl. Verwüstungen und Zerstörungen der Gräber an den Kirchenrat der reformierten Gemeinde überliefert. Als Konsequenz entwickelte der Kirchenrat einen Plan zur Erhaltung und Verschönerung des evangelischen Kirchhofs. Darunter fiel auch die Einstellung einer Person, die sowohl für die Aufsicht über den Friedhof als auch für die Pflege der Gräber, Wege und Bäume zuständig sein sollte und das Anlegen eines Fonds zur Verschönerung des Friedhofs.
Der Friedhof Heute
In den 30er Jahren wurde der alte evangelische Friedhof durch den Stadtkonservator Hans Vogts wiederentdeckt. Er beklagte den schlechten Zustand des Friedhofs und hielt alle noch vorhandenen Gräber mit Inschriften in einem Register fest. Durch den Krieg und seine Folgen kam der Friedhof und seine Bedeutung für die Geschichte der Protestanten in Köln erst wieder in den 1980er Jahren in den Blick. Die evangelische Gemeinde Köln und das Land NRW engagierten sich gemeinsam für die Instandsetzung des Friedhofs, der nun zu Kölns bekanntesten Denkmälern zählt.
Diese Archivale stammt aus dem Bestand der ev. Gemeinde Köln 66,1,1.
Foto(s): APK