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„Tag der Offenen Tür“ der diakonischen Einrichtungen in Rösrath

Von der Wiege bis zur Bahre – von der Kindertageseinrichtung bis zum Hospizdienst reichte die Palette der diakonischen Angebote, die die Evangelische Gemeinde Volberg-Forsbach-Rösrath an einem „Tag der Offenen Tür“ während ihres Jubiläumsjahres „450 Jahre Reformation“ präsentierte. Die evangelische Kindertagesstätte in Volberg lud interessierte Kinder und deren Eltern zu einem Schnuppertag ein. Das Seniorenzentrum Wöllner-Stift in Hoffnungsthal gewährte einen Einblick in öffentliche Räume und ausgesuchte Wohnbereiche, Führungen wurden außerdem durch die neuen Wohnungen des Betreuten Wohnens im „Haus August“ und durch den duftenden Sinnesgarten angeboten.

Gäste im Café Baumhofshaus rezitieren lange Gedichte
Eine üppige Kuchentafel hatte das Team der Diakonie-Sozialstation Rösrath im Volberger Baumhofshaus eingedeckt. Das gemütlich eingerichtete Fachwerkhaus steht gleich neben der Kindertagesstätte und wird an jedem Dienstag zum „Café Baumhofshaus“. Dann treffen sich hier sechs bis acht Frauen, die an Demenz erkrankt sind, gelegentlich ist auch ein Mann dabei. Jeder Nachmittag steht unter einem bestimmten Thema von „Bergische Kaffeetafel“ über „Knöpfe“ bis „Hochzeit“. Altbekannte Lieder – volkstümliche, aber auch kirchliche – stehen auf dem Programm, auch lange Gedichte rezitieren die Frauen gerne. Meistens wird etwas gebastelt, zum Beispiel Filzherzen. „Denn am Ende wollen alle etwas mitnehmen und sei es nur die Serviette“, schmunzelt Nicole Stockem, Leiterin der Sozialstation. Sie ist Ansprechpartnerin für die ehrenamtlich Mitarbeitenden, die sich um die Gäste im Café Baumhofshaus kümmern, und gibt ihnen Tipps zur Gestaltung der Nachmittage und zum Umgang mit Demenzkranken.

Große Lebenserfahrung der alten Menschen
Das ehrenamtliche Team besteht zurzeit aus etwa acht Engagierten, weitere können sich gerne melden. Eine von ihnen ist Marlies Primnitz. Die gelernte Kinderpflegerin findet hier einiges wieder, was sie aus ihrem Beruf kennt. „Und dazu kommt diese Lebenserfahrung der alten Menschen“, ergänzt sie. Gespräche fallen ihr nicht schwer, auch wenn das Kurzzeitgedächtnis der Café-Besucher nachlässt. „Ich knüpfe immer da an, wo sie gerade sind. Und wenn sie mir erzählen, dass sie heute in der Stadt einkaufen waren, frage ich, was sie dort erlebt haben.“ Ihr Teamkollege Erich Hochstein betont, eine Grundvoraussetzung sei, dass „man gerne mit Menschen umgeht“. Dann spiele auch die Konfession keine Rolle, betont er als Mitglied der Christlichen Gemeinde Hoffnungsthal.

Sterbebegleitung: wenige Stunden oder mehrere Monate
Evangelische und katholische Gemeindeglieder informierten am „Tag der offenen Tür“ – ebenfalls im Baumhofshaus – über den Ökumenischen Hospizdienst, der in diesem Jahr zehnjähriges Bestehen feiert. 22 ehrenamtlich Mitarbeitende zählt das Team derzeit, angeleitet von zwei Koordinatorinnen. Häufig erreichen den Hospizdienst Anfragen der Altenheime und der Sozialstationen, manchmal sind es Angehörige oder Ärzte, die sich die Begleitung eines Sterbenden wünschen. Die Begleitungen fallen sehr unterschiedlich aus, berichten Marianne Hahn und Helga Müller, beide seit zehn Jahren dabei. Manche Einsätze dauern nur wenige Stunden, andere mehrere Monate. Auch das Sterben sei sehr unterschiedlich. „Ich habe von Kind an viele Berührungen mit dem Sterben gehabt, aber abgesehen von der Trauer waren es keine unangenehmen“, sagt Marianne Hahn. Helga Müller hat vor 20 Jahren ihre Mutter beim Sterben begleitet, „da habe ich gemerkt, dass man hier auch helfen kann.“ Einmal im Monat tauscht sich das Hospizdienst-Team aus, und alle Aktiven nehmen an Supervisionen und Fortbildungen teil. Die Themen reichen von der Frage nach der eigenen Abgrenzung bis hin zu Aromatherapie und Massage, um dem Sterbenden ein Wohlbefinden zu ermöglichen.

Pflegende Angehörige brauchen mal Urlaub
Um das Wohlergehen pflegebedürftiger Menschen kümmert sich die Diakonie-Sozialstation Rösrath, die ebenfalls ökumenisch in Trägerschaft von Diakonie und Caritas arbeitet. Das etwa 70-köpfige Team, je zur Hälfte ehren- und hauptamtlich, bietet neben speziellen Angeboten für Demenzkranke vor allem ambulante Pflege und hauswirtschaftliche Hilfen für pflegebedürftige Personen zu Hause an. Die Enlastung pflegender Angehörige liegt der Leiterin Nicole Stockem besonders am Herzen: „Viele versuchen es alleine zu schaffen, bis sie nicht mehr können. Dabei ist es wichtig, sich möglichst früh Hilfe zu holen, auch um gegenseitiges Vertrauen aufbauen zu können.“ Ausbauen möchte Nicole Stockem das Angebot der sogenannten Verhinderungspflege, das vielen nicht bekannt ist: Wenn der pflegende Angehörige „verhindert“ ist – egal ob für ein paar Stunden oder gleich mehrere Wochen – kann diese Hilfe in Anspruch genommen werden, maximal 28 Tage im Jahr, ohne dass dies vom Pflegegeld abgezogen wird. „Angehörige können zum Beispiel eine Woche beruhigt in Urlaub fahren und wir gucken täglich zu Hause nach dem Rechten.“ Auch hierfür sucht sie noch ehrenamtlich Engagierte, die das Team verstärken.

250 Tafelkunden erhalten regelmäßig Nahrung
Rein ehrenamtlich arbeitet auch das Team der Rösrather Tafel, die die evangelische Kirchengemeinde 2008 in Kooperation mit der katholischen Kirchengemeinde St. Nikolaus gegründet hat. Seitdem ist die Zahl der Tafelkunden auf 250 gestiegen. Zweimal pro Woche, dienstags und freitags, erhalten sie in der Versöhnungskirche gegen einen geringfügigen Betrag Lebensmittel. Tafelkunde kann nur werden, wer nachweisen kann, dass er Hartz-IV, eine kleine Rente oder nur ein geringes Gehalt bezieht. Die Lebensmittel liefern fünf Supermärkte und drei Bäcker in Rösrath sowie vier weitere Kölner Supermärkte, insgesamt sind es pro Jahr rund 50 Tonnen.

„Wir sind mehr als bloß eine Lebensmittelausgabe“
70 ehrenamtlich Engagierte sortieren die Lebensmittel und verteilen sie.
„Wir beschränken uns nicht darauf, Armut zu lindern, sondern versuchen auch Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten“ heißt eines der Ziele der Rösrather Tafel. Jeden Freitag treffen sich Tafelkunden und Ehrenamtliche unterhalb der Versöhnungskirche im Tafel-Café. Bei Getränken und Gebäck tauschen sie sich aus und erhalten auch Informationen zu weiterführenden Hilfen wie sozialer Beratung. „Für viele ist das die einzige Möglichkeit in der Woche sich einmal richtig zu unterhalten“, sagt Dr. Gerd Wasser, Sprecher des Tafel-Leitungsteams. „Wir sind mehr als bloß eine Lebensmittelausgabe“, betont auch Helga Pleuger. Als Vorsitzende des Diakonieausschusses hat sie schon vor Jahrzehnten einen steigenden Bedarf gesehen und die Rösrather Tafel mitbegründet. Wichtig ist ihr, dass neben dem leiblichen Wohl auch etwas für die Kinder getan wird: Familien erhalten hier bei Bedarf Schulranzen, Bücher und Turntrikots. Jeden Freitag gibt es für überschuldete Tafelkunden eine Schuldnerberatung. Schulkinder können an einer Hausaufgabenbetreuung teilnehmen. „Hier ist alles miteinander verzahnt“, meint Helga Pleuger, „ganz im Sinne des Erfinders, denn wir sind Kirche.“

Text: Martina Schönhals
Foto(s): Martina Schönhals