You are currently viewing „Sucht beginnt nicht erst im jugendlichen Alter“

„Sucht beginnt nicht erst im jugendlichen Alter“

Ist mein Kind suchtgefährdet? Beim Thema Sucht werden Eltern hellhörig. Kinder und Jugendliche sind so vielen Eindrücken und potenziellen Gefahren in ihrem Alltag ausgesetzt. Alkohol und Zigaretten, sogar Spiele und Essen oder Nicht-Essen können zur Sucht werden. Wie kann man seine Kinder davor schützen, Anzeichen erkennen, Hilfe bekommen, selbst eine Hilfe sein? Seit 22 Jahren leistet die Suchtvorbeugung s.t.a.r.k. in Longerich Aufklärungsarbeit auf diesem Gebiet. Seit ungefähr 16 Jahren in Person von Ulrike Marquardt. Die 55-jährige Sozialpädagogin weiß: "Sucht beginnt nicht erst im jugendlichen Alter mit dem ersten Kölsch beim Karneval."

Gefährdung erkennen und richtig reagieren
"Frustrationen im Kindesalter und schlechte Erfahrungen können das Suchtgefährdungspotenzial im späteren Leben positiv beeinflussen", erklärt Marquardt. Deshalb richtet sie sich mit ihrer Präventionsarbeit auch an Erziehende in Kindergärten und Lehrende in Grundschulen, aber auch an Eltern. "Ich biete vor allem Veranstaltungen für Multiplikatoren an, die täglich mit den Kindern zusammenarbeiten, sie gut kennen, ihr Vertrauen haben und deren Entwicklung verfolgen." Menschen also, die eventuelle Gefährdungen erkennen können und dank der Weiterbildung durch Marquardt wissen, wie sie reagieren können und wo sie Hilfe bekommen können. Dazu bietet Marquardt spezielle Projekte an, etwa "Papilio: Frühzeitige Vorbeugung von Sucht und Gewalt im Kindergarten" und „Klasse 2000: Gesundheitsförderung, Sucht- und Gewaltvorbeugung in der Grundschule".

Schwerpunkt Essstörung
Die Suchtberaterin hat sich in den letzten Jahren immer mehr auf das Thema Essstörungen spezialisiert. "Der Machtkampf am Esstisch zu Hause, Essen oder Nicht-Essen als Problembewältigung, die Verunsicherung der Jugendlichen durch Schönheitsideale, all das kann zu massiven Essstörungen führen." Ihr Beratungskonzept „Durch dick und dünn: Prävention von Essstörungen", wird häufig in Anspruch genommen. Gerade hat sie die Zusage der Rhein-Energie-Stiftung für die Unterstützung dieses Projekts erhalten.

Der Kampf ums Geld
Die Suchtvorbeugung st.a.r.k. wurde 1993 von der Evangelischen Immanuelgemeinde Köln-Longerich gegründet, um Aufklärungsarbeit für Eltern und Kinder zu leisten und um diese gegen verschiedene Formen von Sucht zu stärken. Im Laufe der Zeit haben sich die Projekte zwar verändert, aber eines ist gleich geblieben: die Suche nach Geldgebern und Unterstützern. Die Einrichtung erhält keine öffentlichen Gelder. Die halbe Stelle von Ulrike Marquardt wird aus Spenden, Honoraren für Veranstaltungen und durch Sponsoren finanziert und wude bisher von der Emil und Laura Oelbermann-Stiftung und, bis Mitte 2014, vom Förderverein Suchtvorbeugung, der 1994 von Gemeindegliedern in Longerich gegründet wurde, untertützt.

Ein großer Einschnitt
Ein steter Mitgliederschwund und die Tatsache, dass die Beratungsstelle ihren Wirkungskreis und ihre Schwerpunkte über die Gemeindegrenzen Longerichs hinaus entwickelt hatte, führte zur Auflösung des Fördervereins im Mai 2014. Die Suchtprävention ist nun unter dem Dach des Diakonischen Werks Köln und Region und ergänzt dort das Team der Suchtberatung. "Zu sehen, wie sich Erzieher und auch Eltern auf Neues einlassen und wie sich die Kinder und Jugendlichen verändern, wenn ich sie öfter sehe, ist spannend", erzählt Marquardt aus ihrem Beratungsalltag. Auch ihr eigener Blickwinkel hat sich im Laufe der Jahre verändert. Die Mutter eines 20-jährigen Sohnes bemerkt bei sich selbst: "Je älter mein eigenes Kind wird, umso mehr weitet sich auch meine Sicht auf die Problematiken."

Immer ansprechbar
Wer interessiert ist an der Arbeit von Ulrike Marquardt oder Weiterbildungsmöglichkeiten sucht, die Suchtvorbeugung s.t.a.r.k. ist telefonisch unter 0221/74 16 43 und per E-Mail unter suchtvorbeugung(@)diakonie-koeln.de erreichbar.

Text: Sandra Kaufmann
Foto(s): Ulrike Marquardt