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Stadtsuperintendent Rolf Domning zum Anschlag in Paris gegen „Charlie Hebdo“

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
liebe Mitchristinnen und Mitchristen,
liebe Angehörige jüdischen und muslimischen Glaubens in unserer Stadt und der Region!

Heute haben in Paris schwer bewaffnete Männer die Redaktion der französischen Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ überfallen und zwölf Menschen getötet. Ein islamistischer Hintergrund der Tat – der schwerste Terroranschlag in Westeuropa seit langem – gilt inzwischen als sicher.

Das Attentat trifft Frankreich, so Präsident Francois Hollande vorhin in einer ersten Stellungnahme, mitten ins Herz: Als Stadtsuperintendent des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region spreche ich den Angehörigen der Opfer sowie der Redaktion von „Charlie Hebdo“ und unseren französischen Nachbarn mein zutiefst empfundenes Mitgefühl aus. Insbesondere gilt das auch der vier jüdischen Opfer der grausamen Anschlagsserie, denen wir gedenken.

Zugleich wende ich mich an Sie alle, die Sie in unserer Stadt, einer Stadt der Religionen und vielfältigen Kulturen – der viertgrößten Metropole in Deutschland – gemeinsam als Christen, Juden, Muslime und Gläubige anderer Religionen und Menschen leben, die sich keiner Religion zugehörig fühlen.

Ich tue das mit einem Aufruf zur Besonnenheit der Beurteilung der Ereignisse in Paris, nur zwei Tage nach der geplanten „Kögida“-Demonstration, die in Köln am 5. Januar von einem breiten gesellschaftlichen Bündnis mit dem unüberhörbaren Bekenntnis zu einem friedlichen Miteinander der Kulturen und Religionen umschlossen und damit verhindert wurde.

Auch das evangelische Köln hat am vergangenen Montag mitten in der Stadt ein klares Zeichen gegen Fremdenhass und Ausgrenzung gesetzt, das ich heute in dieser schlimmen und traurigen Situation erneuern will. Erneuern als einen Appell, allen möglichen Versuchen entgegenzutreten, den heutigen Anschlag von Paris nun in unserem Land, in unserer Stadt, womöglich als Anlass nutzen zu wollen: als populistische "Chance" nämlich, Angst und Hass gegen unsere friedlichen, integrierten, mit uns zusammen lebenden und arbeitenden muslimischen Mitbürger und Nachbarn weiter zu schüren.

Denn nicht der Islam, sondern ein menschenverachtender, nach den jetzt vorliegenden Medienberichten von religiös-politischem Fanatismus motivierter Terror, hat in Paris heute erneut sein Grauen offenbart. Ein Terror, der nur eines zum Ziel hat: mit aller Macht zu verhindern, „dass Hass und Gewalt überwunden werden und Menschen überall auf der Welt und auch in unserer Stadt Köln in Frieden, Sicherheit, Gerechtigkeit und Freiheit leben können“, wie wir es gemeinsam als Christen, Juden und Muslime in der „Kölner Friedensverpflichtung“ formuliert und unterschrieben haben.

Gerade in dieser aktuellen Situation gilt es, den Dialog Seite an Seite fortzusetzen und Ängste und Sorgen – die wir als Christen, Juden, Muslime und Menschen jedweder Weltanschauung miteinander teilen! – gemeinsam auszusprechen, gemeinsam zu trauern und uns gemeinsam als Bürgerinnen und Bürger den Herausforderungen zu stellen, Gewalt und Terror entschlossen zu begegnen.

Das Attentat trifft nicht nur ein Satireblatt, sondern greift die demokratische Grundordnung unserer europäischen Gesellschaft an. Der Anschlag zielt auf die Unterdrückung und Vernichtung der Meinungs- und Pressefreiheit als eine der Säulen unseres freiheitlichen Rechtsstaates.

Wir dürfen nicht zulassen, dass unsere Gesellschaft durch Terror in der Verteidigung ihrer demokratischen Grundrechte nachlässt. Wir dürfen nicht zulassen, dass Menschen anderer Religionen und Kulturen, die als Bürgerinnen und Bürger in unserem Land zu diesem Rechtsstaat stehen, diffamiert und ausgegrenzt werden.

Dafür stehe ich ein, dazu bitte ich auch Sie. Und ich lade Sie ein, in dieser Stunde für die Menschen in Paris, allen voran für die Angehörigen der Opfer, und für die Toten zu beten, ihrer zu gedenken.

Rolf Domning
Stadtsuperintendent

Text: APK
Foto(s): Jürgen Schulzki