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„Sprechende Massagespiele für Zwei- bis Sechsjährige“

„Was können wir machen, wenn Kinder unruhig sind?“, fragte Monika Bücken-Schaal in die Runde. Beispielsweise zur Zauber-Seife, zur „Ärger-weg-Seife“ greifen. Und schon reichte die Diplom-Sozialpädagogin eine Schale herum, aus der sich die Erzieherinnen mit einem kleinen Stein bedienen durften. „Kinder befinden sich in diesem Alter in der magisch-phantastischen Entwicklungsphase. Wir erreichen sie über das Magische“, erläuterte Bücken-Schaal, dass etwa mit einer Handpuppe gesprochene Worte eine ganz andere Wirkung entfalteten. Alsdann machte die Dozentin vor, wie man sich mit der steinigen Zauber-Seife den Ärger „wegwaschen“ kann, und die Gruppe folgte eifrig. „Wir wissen ja nicht, wo wir den Ärger sitzen haben, also müssen wir uns überall einseifen. Der Ärger versteckt sich auch mal gerne in der Kniekehle, unterm Arm, hinterm Ohr, sehr gründlich einseifen.“ Anschließend musste der Zauber-Schaum abgespült werden. Also drehten zwölf erwachsene Frauen zunächst mit der entsprechenden Gebärde den Wasserhahn auf, wuschen den Schaum ab, schlossen den Wasserhahn wieder. Dann ging es an das trocken Reiben, ganz fest mit einem imaginären Tuch.

Große Nachfrage und steigender Bedarf
„Sprechende Massagespiele“ lautet eines der Fortbildungsangebote der Evangelischen Familienbildungsstätte (FBS) Köln, mit denen seit Jahren die Arbeit von pädagogisch Mitarbeitenden in Kindertageseinrichtungen unterstützt wird. „Wir erfahren eine große Nachfrage“, betonte Diplom-Sozialarbeiterin, Gemeindepädagogin und Erzieherin Silvia Hecker. Die Fachbereichsleiterin in der FBS sieht einen weiter steigenden Bedarf für solche Anleitungen. „15 bis zwanzig Kinder in einer Gruppe. Da sind die Tage lang. Die Kinder spielen zusammen, essen zusammen, sie sind unruhig, können sich schlecht konzentrieren. Mit solchen Methoden kann man sie spielerisch zur Ruhe bringen.“

Ausgeglichenheit und neue Konzentration
Massagen in Geschichtenform böten Kindern eine ideale Möglichkeit, innere und äußere Spannungen abzubauen, um zu Ruhe, Ausgeglichenheit und neuer Konzentration zu gelangen, so Bücken-Schaal. „Physisch und psychisch gestärkt, können Kinder neu lernen und sich weiter entwickeln.“ In ihrem zweitägigen Seminar brachte sie den Teilnehmerinnen diverse Massagespiele mit und ohne Gegenstände nahe. Sie erläuterte, wie diese im Gruppenalltag mit welchen Zielen eingesetzt werden können, um die „Ausdauer, Konzentration und Merkfähigkeit, das Sprachverständnis und Sprechvermögen, die Phantasie, Kreativität und Feinmotorik sowie das Sozialverhalten“ bei Zwei- bis Sechsjährigen zu fördern.

Massage hilft, den Ärger loszuwerden
„Das Kind darf mitmachen, es muss nicht“, unterstrich Dozentin Bücken-Schaal. „Es ist ein Angebot.“
Wenn Kinder keine Lust hätten mitzumachen oder kritisch feststellten, dass die angebliche Seife doch bloß ein Stein sei, sollten sich die Erzieherinnen „nicht aus der Bahn werfen lassen“. Stattdessen die innere Ruhe bewahren und das Angebot mit Hinweis auf die eigene Verwendung erneuern: „Probier mal, mir hilft das.“ Eine der Teilnehmerinnen stellte fest, dass eine solche Massage dem Kind ermögliche, aktiv zu werden. Es biete sich ihm eine Chance, etwas loszuwerden. Dabei sei der Körperkontakt ein überaus wichtiges Element. „Ja, wenn ich körperlich etwas tue, kann ich etwas abreagieren“, meinte Bücken-Schaal.

Blick auf das Positive richten
Die meisten solcher Massagen könnten ohne große Vorbereitung, situationsbedingt, angeboten werden, sagte Bücken-Schaal „Wir richten damit den Blick aufs Positive. Ich tue etwas, ich bewege mich, ich glaube daran. Dabei kommen wir ins Magische.“ In diesem Alter hätten Kinder einen nahtlosen Zugang zur phantastischen Welt. „Wichtig ist: Ich muss es glaubwürdig machen. Wir können das gar nicht ernst genug nehmen.“ „Aber im Magischen braucht man doch gar keine Seife, sprich Stein“, wandte eine Erzieherin ein. „Um die Körpererfahrung zu machen, hilft es, wenn ich etwas in der Hand habe“, begründete die Dozentin. Sie schlug vor, beispielsweise das Spiel mit der Zauber-Seife wie ein Ritual durchzuführen. Dabei sei wichtig, dass die entsprechenden Utensilien ausschließlich dafür eingesetzt würden. „Überlegen Sie sich, was Sie für ein Material nehmen. Es sollte ein Stein oder etwas anderes sein, das so nie in der Gruppe auftaucht. Am Besten aufbewahrt in einem Schatzkästchen.“

Unruhige Kinder werden ruhig
„Neue Ideen bekommen, etwas Neues ausprobieren, praktisch ausprobieren, das bleibt im Kopf“, antwortete eine der Teilnehmerinnen auf die Frage nach ihrer Motivation, diese Fortbildung zu besuchen. „Ich suche nach neuem ´Input´ für die jungen Kinder“, erwiderte eine zweite. „Wir haben in der Arbeit das Problem, dass Kinder in steigendem Maße unruhig sind. Diese spielerische Art, die Vermittlung in Geschichten-Form hilft, dass sie ruhiger werden.“ Und sie zeige auch Kindern selbst einen Weg, wie sie nach Bewegung in eine Ruhephase kommen könnten. Durch die Anleitung über ein Spiel könnte man den jungen Menschen viel eher ein Angebot machen. Neu sei das nicht, so eine dritte Teilnehmerin. Schon vor über 20 Jahren sei empfohlen worden, auf eine Bewegungsphase eine Zeit der Entspannung folgen zu lassen. Aber schon aufgrund Bewegungsmangel seien heute bei Kindern deutlich größere Körperwahrnehmungsstörungen zu beobachten. „Der Bedarf an Aktivität wie Ruhe ist also hoch.“ Zudem eröffne eine solche mit Liedern angeleitete Eigenmassage den Zugang zum eigenen Körper. Sie bilde einen richtigen Schritt zu einem größeren Körperbewusstsein, einem besseren Körpergefühl.

Schwerpunkt auf Fortbildungen für geschlossene Teams
Hecker informierte, dass die FBS für pädagogisch Mitarbeitende nicht allein offene, praxisnahe, fachlich fundierte Fortbildungen am Sitz im Kartäuserwall anbietet, nicht nur in der Kölner Südstadt Seminare in „gewohnt lernfreundlicher Atmosphäre“. Ergänzend lege man „in diesem Jahr einen besonderen Schwerpunkt auf Fortbildungen für geschlossene Teams vor Ort“ – sogenannte Inhouse-Fortbildungen. „Keine andere Form der Weiterbildung ist so effektiv, wenn es um Themen geht, die alle Personen im Team betreffen. Dies hat den Vorteil, dass alle Mitarbeitenden am Prozess beteiligt sind und neue Schritte miteinander entwickeln“, so Hecker. Eine teambezogene Fortbildung, die sich zudem am spezifischen Bedarf der betreffenden Kindertagesstätte orientiere, steigere die Qualität der gemeinsamen pädagogischen Arbeit.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich