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„Soziale Arbeit in Köln dauerhaft absichern“:

„Allianz für das soziale Köln" lautete das Motto, zu dem die beiden Kandidierenden für das Oberbürgermeisteramt, Henriette Reker und Jochen Ott, gestern Position beziehen mussten.

Der Einladung der LIGA der Wohlfahrtsverbände waren rund 350 interessierte Kölnerinnen und Kölner in das Bürgerhaus Stollwerck gefolgt. Sie wollten wissen, was die künftige Oberbürgermeisterin oder der Oberbürgermeister nach ihrer Wahl im September zu einem sozialen Köln beitragen wollen.

Senioren und benachteiligte Kinder sind „Herzensangelegenheiten“
Die Wohlfahrtsverbände hatten die Fragen im Vorfeld gesammelt und präsentierten sie nun in Themenkomplexen. Im Wechsel beantworteten die Sozialdezernentin und der Landtagsabgeordnete Fragen zu Integration und Zuwanderung, zur Jugend- und Seniorenarbeit, zur Langzeitarbeitslosigkeit und zum Übergang von Schule/Beruf.

Während die parteilose Henriette Reker die Seniorinnen und Senioren zu ihrer „Herzensangelegenheit“ erklärte, versprach SPD-Kandidat Jochen Ott, sich insbesondere für Kinder in sozial benachteiligten Stadtteilen einzusetzen. Als Beispiel nannte der 41-Jährige mehrfach die Kölner Stadtteile Höhenberg und Vingst, wo er aufgewachsen ist. Hier hätten es die Menschen gemeinsam mit sozialen Einrichtungen und Kirchengemeinden geschafft, sich aus den negativen Schlagzeilen zu befreien.

Mehr Unterstützung für ehrenamtliche Willkommensinitiativen
Mehr professionelle Begleitung wünscht sich der gelernte Lehrer und dreifache Familienvater auch für die Willkommensinitiativen für Flüchtlinge. Er sei beeindruckt von der Willkommenskultur in der Stadt, doch die ehrenamtlich Engagierten müssten mehr unterstützt werden, denn „noch ist die Stimmung gut, das darf nicht kippen.“ Auch Henriette Reker, die sich als Sozialdezernentin täglich mit der Flüchtlingsthematik befasst, wünscht sich eine hauptamtliche Stärkung des Ehrenamtes. Außerdem wolle sie prüfen, ob die Angebote auch tatsächlich alle Flüchtlinge erreichen. „Die Menschen, die zu uns kommen, sollen Teil unserer Stadtgesellschaft werden. Das braucht eine Diskussion auf Augenhöhe.“

Stadt sollte Tarifkostensteigerung übernehmen
Einig waren sich die Kandidatin und der Kandidat auch darin, dass die Infrastruktur der Sozialen Arbeit auf Dauer gesichert werden müsse. „Die Kürzungen per Rasenmäher-Prinzip drücken auf die Qualität“, kritisierte Ott die aktuellen Sparvorschläge der Stadt. Er forderte eine Priorisierungs-Debatte, die erhaltenswerte Angebote auch für die Zukunft finanziell absichern müsse. Auch Reker betonte, „das Einstehen für soziale Angeboten ist überfällig“. Als Oberbürgermeisterin wolle sie sich dafür einsetzen, dass die Kostenerhöhungen der Wohlfahrtsverbände aufgrund steigender Tarife mit kommunalen Mitteln aufgefangen werden. „Wir können von den Wohlfahrtsverbänden nichts erwarten, was wir als Stadt auch nicht einhalten können“, so Reker, „auch die städtischen Angestellten bringen kein eigenes Geld mit.“

Kürzungen durch die Stadt führten zu Einschnitten
In den vergangenen Jahren mussten die Wohlfahrtsverbände nicht nur die Kürzungen der städtischen Zuschüsse auffangen, sondern auch die steigenden Personalkosten aus eigener Kraft schultern. In vielen Bereichen wurden deswegen Mitarbeitende entlassen, Einrichtungen geschlossen und ganze Arbeitsfelder abgebaut. Am Beispiel des Diakonischen Werkes Köln und Region wird deutlich, wie sehr die Wohlfahrtsverbände von den Zuschüssen der öffentlichen Hand abhängig sind: Die Zuschüsse Dritter machten im Jahr 2014 fast 80 Prozent der gesamten Finanzierung aus, davon sind 62 Prozent kommunale Zuschüsse, die übrigen sind Zuschüsse unter anderem von Land und Bund. Da die Personalkosten 75 Prozent aller Kosten ausmachen, kann auch nur hier wirklich gespart werden.

Wünsche der Kölnerinnen und Kölner an ihren OB ernst nehmen
„Wir haben die Versprechen gehört und mitgeschrieben und werden Sie damit konfrontieren“, versprach Ulrike Volland-Dörmann (AWO), die als Vorsitzende der LIGA der Wohlfahrtsverbände die Veranstaltung moderierte, gemeinsam mit Ulrich Bergmann (Der Paritätische). Zum Abschluss überreichten die Geschäftsführungen der übrigen Wohlfahrtsverbände – Diakonie, DRK, Caritas und Synagogengemeinde – den beiden Ehrengästen überdimensionale Bleistifte und leere Bücher. Hier sollen sie mit „markanter Handschrift“ die Wünsche der Kölnerinnen und Kölner an ihre künftige Stadtspitze notieren, „und wenn Sie OB sind, sollten Sie da nochmal öfter reingucken.“

Text: Martina Schönhals
Foto(s): Ismail Bulut