Abendmahl

Der Begriff „Abendmahl“ ist – im Unterschied zur Bezeichnung „Eucharistie“ im katholischen, anglikanischen und orthodoxen Christentum – typisch evangelisch. Er meint die gottesdienstliche Abendmahlsfeier, die an das letzte Mahl Jesu erinnert. Dieses Mahl, versinnbildlicht in den sogenannten Elementen „Brot“ und „Wein“, hat Jesus von Nazareth mit seinen Jüngern vor seiner Verhaftung, seinem Prozess und seinem Tod begangen; das Neue Testament in allen Evangelien und in den Briefen des Paulus berichtet von diesem Mahl erstaunlich präzise. In diesem Mahl, das von Jesus im Rahmen des Passahfestes gefeiert wird, erinnert Jesus an den Bund und die Befreiungstaten Gottes, knüpft seine eigene bevorstehende Leidensgeschichte daran an und deutet sie als ein Geschick, das er für andere erleidet und in dem Gott ihn nicht alleine lassen werde. Die frühe christliche Gemeinde hat nach der Auferweckung Jesu von den Toten dieses Mahl regelmäßig gefeiert und es so verstanden, dass die feiernde Erinnerung eine lebendige Gegenwart Jesu Christi in seiner Gemeinde bedeutet. Die Reformatoren des 16. Jahrhunderts haben diese biblische Bedeutung des Abendmahles in den Vordergrund gerückt und deshalb das Abendmahl ein „Sakrament“ oder „Zeichen“ genannt, das auf Jesus selbst zurückzuführen sei. Das Abendmahl wird im evangelischen Gottesdienst mindestens einmal im Monat und an allen hohen kirchlichen Feiertagen gefeiert. Die evangelische Kirche betont, dass jeder Christ, der auf die Gegenwart Jesu in der Abendmahlsfeier hofft und vertraut, zu diesem Mahl eingeladen ist. Einen Ausschluss von der Mahlfeier gegenüber Christen anderer Kirchenzugehörigkeit kennt die evangelische Kirche nicht. In der Regel laden evangelische Gemeinden auch Kinder, die auf die Bedeutung des Abendmahls vorbereitet worden sind, zum Mitfeiern ein.

Martin Bock

 

Choral

In der Bedeutung des Singens für die Verbreitung der Reformation waren sich Anhänger und Gegner einig. So sagt ein Zeitgenosse: „Man zweifelt nicht, durch dies neue Liedlein Lutheri werden viel Hundert Christen zum Glauben bracht sein worden.“ Und 100 Jahre später schreibt ein Jesuit: „Luthers Lieder haben mehr Seelen verdorben als alle seine Schriften und Reden.“

Dabei schöpfen Luther und seine Mitarbeiter sehr aus der Tradition. Sie übersetzen lateini-sche Gesänge und Psalmen ins Deutsche, überarbeiten deutsche geistliche Lieder und dich-ten Volkslieder um. Nicht nur die Worte, auch die Singbarkeit der Melodie sind wichtig.

Die Lieder wurden auf Flugblätter gedruckt und verbreiteten sich schnell. Schon bald wur-den sie auf den Straßen und in den Häusern gesungen. Früh entstanden auch erste Gesang-bücher. Im protestantischen Sprachgebrauch wird mit dem Wort Choral, eigentlich ja Chor-gesang, zunehmend das Kirchenlied bezeichnet.

Durch den Fortschritt im Orgelbau im 17.Jahrhundert konnte der Gemeindegesang vom Or-ganisten begleitet werden. Der Pfarrer und Dichter Paul Gerhardt und seine kongenialen Kantoren schufen Lieder, in denen die Melodie und der Text eng aufeinander bezogen sind. Ohne diesen Zusammenklang von Tonsprache und Wort ist die geistliche Musik Johann Se-bastian Bachs nicht zu verstehen.

Alte und neue Lieder wie Taizé-Gesänge, Kirchentagslieder und Lieder aus der Ökumene finden sich heute im Gesangbuch. Lieder und Kirchenmusik prägen tief evangelische Spiritualität.

Ulrike Gebhardt

 

Diakonie

Diakonie nennt man die soziale Arbeit der evangelischen Kirche. Ihre Anfänge liegen im Sozi-alen Protestantismus des 19. Jahrhunderts, in der Bewegung der „Inneren Mission“, ihre Wurzeln reichen zurück bis zu den ersten frühchristlichen Gemeinden.

Das Wort Diakonie ist griechischen Ursprungs. In der Bibel wird es gängiger Weise mit „die-nen“ übersetzt. Es hatte zunächst eine rein existenziell-religiöse Bedeutung im Sinne von Hingabe. Später wurde es als fürsorgendes Hilfehandeln verstanden.

Diakonie ist heute äußerst vielfältig. Sie findet statt in Diakonischen Werken, Krankenhäu-sern, in Kirchengemeinden, selbstverwalteten Initiativen oder in diakonischen Unternehmen. Und wie schon im biblischen Gleichnis vom „Barmherzigen Samariter“ geschieht Diakonie sowohl spontan und auf eigene Rechnung (so macht es der Samariter) als auch mit klarem Auftrag, definierter Leistung und mit dem Geld Dritter (wie bei dem Wirt, in dessen Gasthaus der Verwundete in dem Gleichnis gebracht wird).

Diakonie hat zwei Ziele: Auf politischer Ebene setzt sie sich für Teilhabe-Gerechtigkeit ein. Nach diesem Verständnis ist eine Gesellschaft dann gerecht, wenn alle Menschen ihren Möglichkeiten entsprechend teilhaben können. Und auf individueller Ebene will sie Men-schen ganz konkret in ihrer eigenen Teilhabe-Fähigkeit stärken, meist durch pädagogische, therapeutische oder pflegerische Hilfe.

Martin Horstmann

 

Frauenordination

500 Jahre nach dem reformatorischen Aufbruch werden zahlreiche prägende Frauen aus der Reformationszeit wiederentdeckt: Argula von Grumbach, Ursula Weyda, Katharina Zell, Ma-rie Dentiere, Elisabeth Calenberg von Göttingen… So hießen einige der Frauen, die die Bibel auslegten, Flugschriften verfassten und verteilten, die predigten, sich um Kirchenordnungen kümmerten und damit maßgeblich die reformatorische Bewegung voranbrachten. Aber es sollte noch weitere 460 Jahre dauern, bis Theologinnen auch Pfarrerinnen im Pfarramt wer-den durften und mit den gleichen Rechten und Pflichten ausgestattet wurden, wie ihre männlichen Kollegen.

Ina Gchlössl, Aenne Schümer, Elisabeth von Aschoff, Annemarie Rübens – so heißen die vier Theologinnen aus Köln, die 1930 maßgeblich am Kampf für die Ordination von Frauen wäh-rend der Zeit der Bekennenden Kirche beteiligt waren. Während der Kriegszeit übernahmen viele sogenannte Vikarinnen – aus der Not geboren – Pfarramtsaufgaben. Nach dem Krieg wurden diese Aufgaben wieder beschnitten, und den Vikarinnen wurden nur Teilbefugnisse im Gemeindepfarramt zugestanden. Sie mussten sich entweder für das Pfarramt oder für die Gründung einer Familie entscheiden, beides gemeinsam blieb den Männern vorbehalten. Erst seit dem Jahr 1975 erhalten Theologinnen zum Beispiel in der evangelischen Kirche im Rheinland volle Rechte im Pfarramt.

In diesem Jahr 2017 werden 2 von 20 Landeskirchen der Evangelischen Kirche in Deutsch-land von Frauen geleitet.

Dorothee Schaper

 

Gottesdienst

Wenn Evangelische von Gottesdienst sprechen, meinen sie in der Regel den sonntäglichen Gottesdienst. Doch mittlerweile gibt es viele variierende Gottesdienstformen – auch in der Woche.

Im Gottesdienst wirken in der Regel verschiedene Menschen mit: Kantorin/Organistin, Chö-re, Lektor/ Lektorin, Presbyterin / Presbyter, Pfarrerin, Küsterin.

Die geöffnete Kirchentür, die brennenden Kerzen, die aufgeschlagene Bibel auf dem Altar, freundliche Menschen, die einen begrüßen und die einzelnen Teile des Gottesdienstes lassen Menschen erfahren, dass sie willkommen sind und mit dem, was sie bewegt, Freude oder Kummer, Dankbarkeit oder Klage, ernst genommen werden.

Im Gottesdienst erfahren Menschen mehr darüber, wer Gott ist und wenn man mit Gott reden möchte, dann ist der Gottesdienst mit den ausgesuchten Liedern und Texten eine Möglichkeit der Sammlung. Er ermöglicht auf das zu hören, was Gott einem für das eigene Leben zu sagen hat und was man sich nicht selber sagen kann.

Der evangelische Gottesdienst ist geprägt durch Lieder und Gebete, die zu einem Gottes-dienstthema passen, dazugehörige Lesungen aus dem alten und neuen Testament und die Predigt. In regelmäßigen Abständen werden auch die beiden evangelischen Sakramente (Taufe und Abendmahl) im Gottesdienst gefeiert.

Der Gottesdienst ist Ausdruck und Erfahrung der Gemeinschaft zu der uns Gott verbindet. Wir begegnen einander, kommen zu uns selbst, bringen Gott und die Welt ins Gespräch.

Auch wenn die Gottesdienstordnung in der Regel der gleichen Ordnung folgt (Eingangsteil, Verkündigung und Bekenntnis, Sendung und Segen), gibt es viele Variationsmöglichkeiten, die entweder von der Kirchenjahreszeit (u.a. Weihnachten, Passion, Ostern, Pfingsten, Ewig-keitssonntag) oder dem Thema oder der jeweilige Zielgruppe (Jugendliche, Familien, Singles, …) anhängig sind.

Der Gottesdienst ist eine gute Möglichkeit erfrischt in die neue Woche zu starten.

Klaus Völkl

 

Konfirmation

Die Konfirmation ist mehr als nur eine Familienfeier. Mit der Konfirmation wird jede/r Evan-gelische/r, mündige/r Christ/in, das heißt man kann Pate werden und hat das Recht in der Gemeindeversammlung mitzureden und auch das Presbyterium zu wählen.

Konfirmation bedeutet: Bekräftigung der Taufe. Insofern ist der Konfirmandenunterricht, egal ob als wöchentlicher Unterricht oder im Kurssystem an Wochenenden, so etwas wie nachgeholter Taufunterricht.

Das Wort selbst kommt aus dem Lateinischen: confirmare – festmachen, bekräftigen, befes-tigen.

Die Jugendlichen beschäftigen sich in der Konfirmandenzeit mit vielen verschiedenen The-men, die Gott und die Welt zur Sprache oder ins Gespräch bringen, von Abendmahl, Taufe, Kirche, Glaubensbekenntnis, Gottesdienst, Diakonie bis hin zum Vater unser und den Zehn Geboten.

Eine wichtige Erfahrung für Jugendliche im Alter von 12 bis 14 Jahren ist es in dieser Zeit, als Person ernst genommen zu werden. Ohne Noten zu lernen, was es mit Gott (und Jesus Chris-tus und dem Heiligen Geist) und der Welt auf sich hat, was am christlichen Glauben dran ist und was das alles mit einem selbst zu tun hat, ist auf dem Weg in die Mündigkeit anregend und auch spannend. In dieser Zeit finden Konfirmandenwochenenden, Seminare und auch Praktika statt.

Die Konfirmandenzeit mündet in der Konfirmation, einem festlichen Gottesdienst, in dessen Mitte neben der Abendmahlsfeier die Fürbitte und der Segen für die Jugendlichen stehen. Nach wie vor ist die Konfirmation in unserer Gesellschaft verwurzelt und fester Bestandteil kirchlichen Lebens.

Auch deshalb erfreut sich der Konfirmandenunterricht immer noch hoher Akzeptanz, die allerdings durch immer weiter ausgedehnte Schulunterrichtszeiten an vielen Nachmittagen erschwert ist.

Klaus Völkl

 

Ordination

Wer darf eigentlich in einer evangelischen Kirche einen Gottesdienst leiten? Diese Frage stellte sich in der Reformationszeit ganz praktisch, da die Reformatoren die Vorstellung, dazu bedürfe es einer besonderen priesterlichen Weihe, ablehnten. Für die Bibel, so ihre Überzeugung, haben alle Getauften eine priesterliche Würde und sind mit dem priesterlichen Dienst der Verkündigung und Fürbitte beauftragt.

Allerdings ist es aus Gründen der Ordnung und Praktikabilität sinnvoll, dass die Gemeinschaft der Glaubenden vor Ort ihre priesterlichen Aufgaben an Menschen delegiert, die sie dafür für befähigt hält. Das geschieht nach evangelischem Verständnis durch die Ordination (latei-nisch für Amtseinsetzung, Berufung). Mit der Ordination ist ein Mensch berechtigt, Gottes Wort in der Öffentlichkeit zu verkündigen, die Sakramente zu verwalten und Seelsorge durchzuführen. Ordination geschieht in einem Gottesdienst durch die Superintendentin oder den Superintendenten.

Lange blieb die Ordination Männern vorbehalten. Seit den 1920er Jahren konnten Frauen immerhin als „Vikarinnen“ zur Entlastung der Pfarrer eingesetzt werden. Die Ordination wurde ihnen im Rheinland 1950 zugebilligt, allerdings mit der Maßgabe, unverheiratet zu bleiben, sofern sie im kirchlichen Dienst tätig sein wollten. Dies änderte sich erst 1975, als Frauen sowohl den vollen Zugang zum Pfarramt als auch zur Ordination erhielten.

Michael Miehe

 

Prädikant/in

Als evangelische Laienprediger bereichern Prädikantinnen und Prädikanten die Arbeit von Pfarrerinnen und Pfarrern in den einzelnen Gemeinden. Die Wurzeln des Prädikantendiens-tes liegen in der Reformation und gehen auf die Idee eines „Priestertums aller Gläubigen“ zurück.

„Predigthelferinnen“ oder „Predigthelfer“ – so wurden Prädikantinnen und Prädikanten bis 2004 im Rheinland genannt – sind meist Menschen, die sich ehrenamtlich in ihrer Gemeinde engagieren oder im kirchlichen Kontext arbeiten. Die Evangelische Kirche wünscht sich aus-drücklich, dass Christinnen und Christen „von außen“ in die Auslegung der Heiligen Schrift miteinbezogen werden. Denn Laien haben oft einen anderen Blick auf die Bibel als Theolo-ginnen und Theologen, da sie andere Alltags- und Berufserfahrungen mitbringen. Die Evan-gelische Kirche setzt daher ganz bewusst Ehrenamtliche als Impulsgeber ein.

Übrigens bewirbt man sich nicht um dieses Amt – man wird „vorgeschlagen“. Im Prinzip kann jedes evangelische Gemeindeglied eine solche Tätigkeit ausüben. Allerdings gilt es im Vorfeld einige Hürden zu nehmen: Nachdem das Presbyterium den Beschluss gefasst hat, beginnt ein zweijähriger Vorbereitungsdienst. Die Ausgewählten absolvieren verschiedene Kurse, unter anderen in Bibelkunde, in Rhetorik und in der Seelsorge. Unter Anleitung eines Mentors erlernen sie, Predigten zu halten. Nach erfolgreichem Abschluss erfolgt die Ordina-tion.

Sandra Kampmann-Deffke

 

Priestertum aller Glaubenden

Priesterliche Würde haben alle Christinnen und Christen, denn sie dürfen sich direkt an Gott wenden. Das ist ökumenisch nicht strittig. Die Evangelische Kirche kennt jedoch über das Priestertum aller Glaubenden hinaus kein davon unterschiedenes Weihepriestertum. Diese Unterscheidung und Hierarchisierung lehnten die Reformatoren in Rückbesinnung auf die Bibel ab. Alle getauften Christinnen und Christen sind auch in geistlichen Fragen gleich.

So schreibt Martin Luther 1520: „Wir sind auf gleiche Weise Christen, denn die Taufe, Evan-gelium und Glauben, die machen allein geistlich und Christenvolk… Wir werden allesamt durch die Taufe zu Priestern geweiht.“

So haben auch alle Christinnen und Christen priesterliche Rechte und Dienste. Dazu gehört, füreinander zu beten, Gott zu loben und zu danken und füreinander einzustehen. Auch für die Verkündigung des Evangeliums von der Zuwendung Gottes zu den Menschen und die Feier der Sakramente Taufe und Abendmahl ist die Gesamtgemeinde verantwortlich.

Da es aber in der Gemeinde unterschiedliche Begabungen und Aufgaben gibt, werden Men-schen von der Gemeinde für besondere Ämter beauftragt. So ist es nur konsequent, dass in der Evangelischen Kirche im Rheinland die Gemeindeleitungen ihre Pfarrerinnen und Pfarrer selbst wählen.

Ulrike Gebhardt

 

Soli

„Allein Gott sei Ehre“: diese 4 Worte hat Johann Sebastian Bach handschriftlich unter alle seine musikalischen Werke gesetzt. Er bekennt sich damit als gläubiger, evangelischer Kirchenmusiker – und markiert bis zum heutigen Tag in alle Konzertsäle, in denen „Bach“ gespielt wird, was ein Kern evangelischen Glaubens und Frömmigkeit ist: Die von maßlosem Vertrauen geprägte Beziehung zwischen Mensch und Gott, dem deshalb alle „Ehre“ gilt, weil sich Menschen auf Gott in jeder nur erdenklichen Lebenssituation vollends verlassen können und dürfen. Der Philosoph Hans Blumenberg hat dies eine „theologische Großzügigkeit“ genannt, die sich auch heutige Menschen beim Hören der Musik Bachs ganz unabhängig von ihrem christlichen Vorverständnis schlicht gefallen lassen. Genau damit nimmt Bach aber auch den Kern reformatorischer Theologie auf: der Großzügigkeit Gottes Raum zu geben und sie nicht einschränken zu lassen durch institutionelle Interessen jedweder Art. Martin Luther sah diese Gefahr vor allem darin, dass die Kirche seiner Zeit sich zwischen Gott und Mensch stellte und damit verdunkelte, was Gott in Jesus Christus getan hatte. Deshalb betonten er und alle Reformatoren, dass „allein“ die Bibel, Jesus Christus, unser Glaube und Gottes Gnade im Mittelpunkt der christlichen Verkündigung stehen. In der Gegenwart haben sich die Kirchen der Reformation im Gespräch mit der römisch-katholischen Kirche über diesen Konfliktpunkt verständigen können und feiern deshalb das Reformationsjubiläum 2017 als gemeinsames „Christusfest“.

Martin Bock

 

 

 

Trauung

Die Ehe ist in den Worten Martin Luthers ein „weltlich Ding“. Damit hat Luther gemeint, dass erwachsene Menschen in Liebe füreinander Verantwortung übernehmen und in dieser „weltlichen“ Freiheit vor Gott und die Gemeinde treten. Damit hat auch der evangelische Traugottesdienst bis heute einen anderen Akzent als er durch das sakramentale Verständnis der katholischen Kirche weiterhin gegeben ist. In der evangelischen Kirche ist die Trauung „ein Gottesdienst anlässlich einer Eheschließung, in dem die eheliche Gemeinschaft unter Gottes Wort und Segen gestellt wird. Dabei bekennen die Eheleute, dass sie einander aus Gottes Hand annehmen, und versprechen, ihr Leben lang in Treue beieinander zu bleiben und sich gegenseitig immer wieder zu vergeben“. So formuliert es die Kirchenordnung der Evangelischen Kirche im Rheinland. Da 2 von 3 Ehepaaren heute konfessionsverbindend zusammenleben und eine Familie gründen, ist es wichtig, dass ein evangelischer Traugottesdienst immer mit der Beteiligung der katholischen oder orthodoxen Kirche gefeiert werden kann. So wird deutlich: In einer konfessionsverbindenden Ehe kann ‚Kirchengemeinschaft‘ auf kleinstem Raum gelebt werden.

In der Evangelischen Kirche im Rheinland können seit 2016 nicht nur heterosexuelle Ehepaare getraut werden, sondern auch gleichgeschlechtliche Paare mit einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Entscheidend ist nicht die sexuelle Orientierung eines Menschen, sondern die Bereitschaft, füreinander vor Gott Verantwortung zu übernehmen, die Würde des anderen zu achten und dem Partner bzw. der Partnerin mit dem nötigen Respekt zu begegnen. Der Kirchenkreis Köln-Nord hatte im Herbst 2014 den Anstoß für die Veränderung der Kirchenordnung gegeben, indem er einen entsprechenden Antrag an die Landeskirche gerichtet hatte. Diesem Antrag hatten sich später auch der Kirchenkreis Köln-Mitte und der Kirchenkreis Düsseldorf angeschlossen.

Angelika Knapic