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Selbstverpflichtung der Wohlfahrtsverbände: Zusatzjobs nur mit Qualifizierung, Begleitung und Freiwilligkeit

Qualifizierung, Begleitung und Freiwilligkeit heißen die Stichworte, die die „Kölner LIGA“, die Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege, in einem Positionspapier zum Thema Zusatzjobs dick unterstreichen möchte. „Die Wohlfahrtsverbände haben formuliert, unter welchen Bedingungen sie Arbeitsgelegenheiten anbieten und Langzeitarbeitslosen zur Verfügung stellen können“, sagt Helga Blümel vom Kölner Amt für Diakonie. Dieses hat in diesem Jahr die Sprecherfunktion der Kölner LIGA, wo neben Diakonie und Caritas, auch Arbeiterwohlfahrt und Rotes Kreuz, der Paritätische und die Synagogengemeinde an einem Tisch sitzen. In wichtigen Fragen versuchen die unterschiedlichen Verbände, mit einer Stimme zu sprechen. Peter Krücker, Vize-Direktor des Caritasverbandes Köln betont: „In wichtigen gesellschaftspolitischen Fragen stimmen wir uns immer ab und das hier ist eine wichtige Frage.“

Bedingungen die über die gesetzlichen Kriterien hinausgehen
Es geht um die Frage der Ein-Euro-Jobs, auch Arbeitsgelegenheiten, Integrationsmaßnahmen oder Zusatzjobs genannt. Die Diskussion über ihre Chancen und Risiken ist seit Monaten Thema in den Medien. Für neue Schlagzeilen sorgte jetzt in Köln eine Pressekonferenz der Kölner LIGA. Gemeinsam stellte sie ihre Position vor, die auf dem Papier der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Nordrhein-Westfalen basiert. Es listet Bedingungen auf, die über die des Gesetzgebers hinausgehen. Demnach sollen Zusatzjobs nicht nur zusätzlich und gemeinnützig sein.

Motiviert und nicht ausgenutzt
„Die Arbeitsgelegenheiten sollen so ausgewählt werden, dass Menschen mit ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten an der richtigen Stelle sind, dass sie motiviert sind und sich nicht als billige Hilfskraft ausgenutzt fühlen“, betont Blümel. Großen Wert legen die Wohlfahrtsverbände auf die Freiwilligkeit. Sanktionen für jemanden, der geeignete Zusatzjobs mehrfach ablehne, seien Sache des Gesetzgebers. „Wir wollen mit Menschen arbeiten, die gerne zu uns kommen“, sagt Krücker. Und es gebe viele, die „lieber ein Team ergänzen und mitarbeiten wollen, als den ganzen Tag zu Hause zu sitzen.“ Dies zeigten auch die nahezu täglichen Anfragen Interessierter, die „am liebsten morgen schon bei uns anfangen wollen.“ Dabei starten die Arbeitsgelegenheiten im Rahmen von Hartz IV erst ab Januar 2005. Wieviele Plätze die Kölner LIGA zur Verfügung stellen kann, ist noch unklar. Dies komme auch auf die Vorstellung der Menschen an, die einen Zusatzjob suchen.

Keine „prekären Beschäftigungsverhältnisse“ fördern
Kein Zusatzjob dürfe einen bestehenden Arbeitsplatz verdrängen, betonten die Mitglieder der Kölner LIGA. „Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Freie Wohlfahrtspflege kein Interesse daran hat, prekäre Beschäftigungsverhältnisse zu schaffen oder zu fördern“, heißt es in dem Positionspapier. Im Idealfall stehe hinter jedem Zusatzjob ein fest angestellter Ansprechpartner. Den Betreuungsaufwand schätzt die LIGA hoch ein, auch aufgrund der jahrelangen Erfahrungen der Wohlfahrtsverbände mit Langzeitarbeitslosen in bisherigen Arbeits-fördermaßnahmen.

Perspektiven für berufliche Biografie
Begleitung, Förderung und Qualifizierung sollten daher mindestens 20 Prozent der Arbeitszeit betragen. Damit Langzeitarbeitlose und Jugendliche eine Chance erhalten, sich wieder oder erstmals in die Arbeitswelt zu integrieren. Blümel: „Hier soll niemand geparkt oder aus Statistiken getuscht werden, sondern wirklich Möglichkeiten bekommen zu einem Start in den ersten Arbeitsmarkt.“ Perspektiven für die berufliche Biographie eines jeden einzelnen wünscht sich die Kölner LIGA. Zusatzjobs könnten dazu beitragen, bisherige Hindernisse wie Sprachprobleme oder Überschuldung, auszuräumen. Hierzu sei ein Netzwerk an Hilfsangeboten notwendig, wie es die Verbände schon jetzt vorhalten.

Kommunaler Beirat überwacht Rahmenbedingungen
Damit die geforderten Standards auch eingehalten werden, fordern die Wohlfahrtsverbände Beteiligung an den kommunalen Beiräten. Hier sollen Mitglieder der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbände, Kirchen, Freie Wohlfahrtspflege, Kommunen und Arbeitsagenturen die Rahmenbedingungen überwachen und den weiteren Bedarf planen.

Terminhinweis
Das Altenberger Forum thematisiert am 16. 11. den „1-Euro-Job – Chance oder Schande? …“ mit Hans-Peter Bolz (Geschäftsführer der Caritas Rhein-Berg und AG der Wohlfahrtsverbände), Thomas Hartung (Projektleiter des Erwachsenenbildungswerkes Nordrhein e.V.), Martin Klebe (Leiter der Agentur für Arbeit in Bergisch Gladbach) und Dr. Thomas Münch (Vorsitzender des Sozialethischen Ausschusses des Evangelischen Stadtkirchenverbandes Köln) auf dem Podium, Besuchende und Betroffene sind ausdrücklich eingeladen, Fragen zu stellen und mitzudiskutieren. Näheres in der Pressemitteilung hier.

Text: macs/werner
Foto(s): Ökumeneausschusses des Rheinisch-Bergischen Kreises