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Sehnsucht nach Gott – Was ist eigentlich ein Gottesdienst?

Was sagt eine Exerzitien-Leiterin über Gottesdienste?
Über Gottesdienste berichten wir an dieser Stelle häufiger. Immerhin gehören sie zu den wesentlichen Merkmalen unserer Kirche. Nun hat sich Carolin Reichart einmal grundsätzliche Gedanken zu diesem Angebot gemeinschaftlichen Glaubens gemacht. Gottesdienst feiern bedeute, „sich zu verschenken", sagt die Pfarrerin – und auch mal Tango in der Kirche zu tanzen. Lesen Sie selbst:

Betend, musizierend und verkündigend
„Die rheinische Kirche zeichnet sich durch eine enorme Vielfalt an Gottesdiensten aus – vom Krabbelgottesdienst bis zum Requiem, von der Hausandacht bis zum Open-Air-Event, von hochliturgischen Feiern bis zu Improvisationsgottesdiensten. Ihnen allen ist gemeinsam, dass Menschen zusammenkommen, um sich der Gegenwart Gottes zu vergewissern, mit ihm in Beziehung zu treten und daraus neue Lebensimpulse zu gewinnen. In der Regel geschieht das betend, musizierend und verkündigend. Die 2009 verabschiedete landeskirchliche Handreichung '… zu schauen die schönen Gottesdienste des Herrn …' (Psalm 27,4) zur Qualitätsentwicklung von Gottesdienst und Kirchenmusik hat dazu umfassende Anmerkungen gemacht.

Wer dient hier wem?
Voller Freude stelle ich immer wieder fest, wie viel Sorgfalt auf den Dienst am Menschen verwandt wird, wenn bei der Vorbereitung und Feier eines Gottesdienstes die zusammenkommende Gemeinde differenziert in den Blick genommen wird. Es ist ein großer Unterschied, ob ich im Pflegeheim einen Demenzgottesdienst feiere oder in der Hochschulgemeinde Theologiestudierende um mich habe. Es ist gut und notwendig, diese horizontale Ebene von Mensch zu Mensch angemessen zu berücksichtigen. Doch wer dient hier wem? Dient nur der Mensch seinem Gott, oder dient dem Menschen auch der Gottesdienst, ja dient uns gar Gott?

Nicht nur innergemeindlichen Kommunikation
Und wie steht es mit der vertikalen Beziehung? Gottesdienst ist nicht nur innergemeindliche Kommunikation, sondern ein Sich-ausstrecken nach Gott. Wird die Beziehung zu Gott ebenso liebevoll gesucht wie die passenden Worte zur Gemeinde? Mein Eindruck ist, dass diese Dimension wieder stärker ins Bewusstsein zu rücken ist. In der gemeinsamen Feier ist doch zu allererst Gott die Ehre zu geben, sein Lob anzustimmen und sein Wort zu erwarten. Ein Dienst an Gott, der nicht für den Menschen verzweckt wird, sondern in dem ich mich verschenke, anvertraue, überlasse. Und je mehr ich dabei von mir absehen kann und mich ganz auf Gott hin ausrichte, desto mehr werde ich erleben, wie diese Offenheit für das Wirken Gottes mir zum Leben dient.

Das Wirken Gottes ereignet sich
Das kann ich auch durch beste Predigten nicht herstellen, sondern es ereignet sich, weil sich Gott nicht in Huldigungen sonnt, sondern dem menschlichen Ruf antwortet und in Jesus Christus ausdrücklich betont, gekommen zu sein, um zu dienen – unserer Menschwerdung, Erlösung und Versöhnung.

Tango in der Kirche
Dann ist die Phantasie, mit der immer neue Gottesdienstformen gesucht werden, nur zu begrüßen. Dann darf in der Kirche auch Tango getanzt werden, dann kann ein Gottesdienst mal ganz schlicht und leise sein und ein anderes Mal laut und bunt, mal nüchtern, mal barock. Sein Stellenwert in der Gemeinde kann nicht hoch genug sein, denn ohne die Bindung an Gott und die Sehnsucht nach der Begegnung mit ihm, werden wir aufhören Kirche zu sein."

Die Handreichung zur Qualitätsentwicklung von Gottesdienst und Kirchenmusik ist im Internet abrufbar.

Für Menschen, die in ihrem Leben die Gottesbeziehung wieder intensiver in den Blick nehmen wollen, sind noch Plätze frei in einer Schweigewoche im Kloster Bursfelde (bei Göttingen) vom 26. bis 31. Oktober 2014. Hier ist Zeit und Raum in der Stille wahrzunehmen, was das eigene Herz bewegt, wohin die Sehnsucht geht und welche Spuren Gott hinterlassen hat, anbietet und schenkt. Ein tägliches Einzelgespräch, Impulse am Morgen und eine Abendmahlsfeier am Abend geben dem Tag den Rahmen. Nähere Infos bei Carolin Reichart unter der E-Mail-Adresse carolin.reichart@ekir.de

Carolin Reichart ist Pfarrerin der Evangelischen Kirchengemeinde Walsum-Vierlinden (Kirchenkreis Dinslaken), Geistliche Begleiterin, Exerzitien-Leiterin und Mitglied im landeskirchlichen Ausschuss für Gottesdienst und Kirchenmusik.

Auf unserer Seite www.kirche-koeln.de finden Sie alle regelmäßigen Gottesdienste-Termine, „andere Gottesdienste" und „besondere Gottesdienste".

Text: Carolin Reichart/EKiR/knap
Foto(s): ekir.de/Christian Melzer