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Rettungspaket für die Altenpflege

„Pflege ist mehr als satt, sauber und trocken, Pflege ist Leidenschaft!“ Die Altenpflegeschülerin Lisa Berg brachte es mit ihrer spontanen Einlage auf der Bühne der Diakonie auf der Kölner Schildergasse auf den Punkt. Viel Applaus erhielt sie von rund 200 Interessierten, die der öffentlichen Diskussion am „Tag der Internationalen Pflege“ eine Stunde lang zugehört hatten.

Schulterschluss der Träger
Bundesweit hatte die Diakonie für den 12. Mai zu Aktionen unter dem Motto „Ein Rettungspaket für die Altenpflege!“ aufgerufen. In Köln übten sechs Träger unter dem Dach der Diakonie AG Köln den Schulterschluss: Mitarbeitende, Bewohner und Auszubildende der Diakonie Michaelshoven, der Johanniter Seniorenhäuser, des Clarenbachwerks und Clarenbachstifts/Benderstifts, der Evangelischen Altenhilfe Merheim-Brück und des Clara-Elisen-Stifts versammelten sich vor der AntoniterCityKirche.

Gerechte Finanzierung, Entlastung der Angehörigen, attraktive Ausbildung
Sie stapelten symbolisch "Rettungspakete" und verkündeten ihre Forderungen: bessere Rahmenbedingungen für würdevolle Pflege, gerechtere Finanzierung, Entlastung der pflegenden Angehörigen und eine attraktivere Ausbildung. Journalist und Moderator Geert Müller-Gerbes interviewte dazu Pflegebedürftige, Angehörige und Pflegekräfte auf dem "Blauen Sofa", das erstmals mitten in der Stadt zum Einsatz kam, um auf soziale Missstände hinzuweisen.

"Wir können Angehörige nicht vertrösten"
„Wir brauchen mehr Personal“, sagte Ludmilla Fassbender, Pflegedienstleiterin im Clarenbachwerk im Gespräch. „Es ist egal, wieviele bei uns krank sind, wir müssen unsere Arbeit schaffen.“ Dies sei etwas anderes als bei einer Behörde, die immer wieder vertröste, wenn ein Antrag noch nicht bearbeitet sei. „Wir können unsere Bewohner und deren Angehörige nicht vertrösten. Wir können nicht sagen, wir haben es nicht geschafft, ihre Mutter zu waschen, weil die Kollegin krank war. Wir müssen dann eben schneller arbeiten.“

„Gute Pflege kostet Zeit!“
Der Personalschlüssel müsse endlich an den tatsächlichen Zeitaufwand angepasst werden, forderte auch Bernd Zeller, Leiter des Clara-Elisen-Stifts in der Südstadt. "Gute Pflege kostet Zeit!" Seit 20 Jahren sei der Personalschlüssel derselbe, trotz steigendem Pflegeaufwand und wachsender Anforderungen auch an die Dokumentation der Pflege. "Wir machen derzeit das unmögliche möglich“, so Zeller, „aber auf Dauer geht das nicht.“ Barbara Bölling-Müller, selbst pflegebedürftig wegen Multipler Sklerose, hat sich im Frida Kahlo Haus mittlerweile soweit erholt, dass sie dem Personal beim Anreichen der Mahlzeiten zur Hand geht. "Pflege hat mit Respekt zu tun – auch beim Essenanreichen muss Zeit für ein Tischgespräch sein", sagt sie.

„Die Grenze der Belastbarkeit ist erreicht.“
Eine weitere Forderung war die sofortige Neuregelung des Pflegebedarfs, die Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe erst für 2016 plant. „Die Grenze der Belastbarkeit ist erreicht. Herr Minister, stehen Sie zu Ihren Worten und lassen Sie Taten folgen", forderte Georg Hammann von den Johanniter Seniorenhäusern. Um auch zukünftig ausreichend Fachpersonal zu finden, müssten die ausbildenden Fachseminare finanziell unterstützt werden. Je nach persönlicher Eignung müssten verschiedene Ausbildungswege möglich sein. Die Auszubildende Lisa Berg wünscht sich, „dass sich mehr Jugendliche für den Pflegeberuf interessieren und auch an ihre Eltern denken und daran, dass sie schließlich selbst mal alt werden.“
Die Diakonie in Köln AG ist mit rund 20 Pflegeeinrichtungen, 10 ambulanten Pflegediensten, Seniorenberatungen und SeniorenNetzwerken eine Fachgröße in der Kölner Seniorenarbeit. Insgesamt umfasst die Diakonie Köln AG fast 100 verschiedene Träger mit rund 5000 Mitarbeitenden in allen sozialen Arbeitsfeldern. Die nächste Aktion mit dem „Blauen Sofa“ ist am Reformationstag, 31. Oktober, geplant.

Text: Martina Schönhals
Foto(s): © Wilfried Stoye