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„Rettung ohne Untergang“ – Studierende der Kunsthochschule für Medien Köln stellen zum Kirchentag Arbeiten in der Deutzer Brücke aus

Anlässlich des Kirchentages stellen Studierende und Absolventen der Kunsthochschule für Medien Köln in der Deutzer Brücke aus. Ursprünglich, so Dozent Matthias Müller, sei die Schau auf dem Messegelände geplant gewesen. Doch mit dem erst spät gefundenen Ausweichort ist er sehr glücklich. Das kann er auch sein: Das Innere der Rheinquerung verfügt mit seinem diffusen (Nicht)Licht und seinen Geräuschen über einen ganz besonderen Charakter – dem Thema angemessen.

Zwei Semester lang haben rund zwanzig Studierende unter den Professoren Marie-Luise Angerer, Marcel Odenbach und Müller sich mit dem Thema Glauben beschäftigt. In alle Richtungen, wie Arcadio Ciccarese betont. Auf die Theorie, bei der allgemein Fragen des Glaubens behandelt wurden, folgte die Praxis.

Fotografie, Film, Video, Hologramm
Die vielfältigen Ergebnisse sind nun zu sehen: Fotografie, Film, Video, Hologramm und anderes. Mit „The next best superstars“ gibt Ciccarese einen ironische Antwort auf die wachsende mediale Inszenierung. Seine Monitore zeigen jeweils unscharfe Standbilder von scheinbar maskierten Fundamentalisten vor dem Hintergrund des Signet der RTL-Sow „DSDS“. Tatsächlich hat der Künstler täuschend echt Puppen mit Sturmhauben versehen, und ihnen Kopfbänder mit unleserlichen Schriftzeichen verpasst. Mediale Inszenierung ist ein nicht einzulösendes Heilsversprechen, formuliert diese Arbeit. Und sie ist eine temporäre. Wenn die Monitore ausgeschaltet werden, endet der Spuk. Im Seminar sei Glaube im weitesten Sinne diskutiert worden. Seltsamerweise hätten aber die meisten in ihren Arbeiten letztlich doch religiöse oder kirchliche Bezüge hergestellt.

Film
Eli Cortinas-Hidalgo präsentiert ihren über dreiminütigen Film „Loving – Alle gleich vor Gott“. Als Endlosband zeigt er ein küssendes Frauen-Paar. Ein Lichtblitz und Türgeräusche unterbrechen nur kurz die gleichgeschlechtliche Intimität. Aber diese störenden Einschübe sind wesentlich für das Werk der Spaniererin. Selbst wenn man nicht Kirchgänger sei oder sich als ungläubig bezeichne, die katholische Erziehung und der in der Kindheit vermittelte Glaube blieben präsent, meint Hidalgo. Auch als eine Art Gewissen. Nach dem Motto: Es gibt da eine Allmächtigkeit, die sieht was ich tue. Auch mich erwartet das Jüngste Gericht.

Telefonbuch
In dezentem Spotlicht liegt auf einem Podest das Telefonbuch von Bogota. Paula Nino-Ramirez hat einige Namen angestrichen, eingekreist. „Heilige Namen“ lautet eine der handschriftliche Ergänzung. Die Installation „Guide“ (Führer) bezieht sich auf die Tatsache, das mehr als fünfzig Prozent der Namen der Einwohner ihres Heimatlandes Kolumbien von der katholischen Kirche geprägt sind. „Der Glaube prägt dort Kultur und Gesellschaft“, sagt Nina-Ramirez, die zudem, aus dem Off, die Namen vorliest. Nach einer Weile mutet das an wie eine Litanei, ein Gebet.

Hologramm
Mit einem Wortspiel ist Gulliermo Heinze vertreten. Je nach Position liest man in seinem Hologramm „God is now here“ oder „God ist nowhere“. Die Vereinigung der letzten beiden Worte macht feinen Unterschied: Gott ist hier oder nirgends.

Video
Mit Thorsten Hallscheidts schwarz-weißem Video „Winter“ streift der Besuchende durch einen winterlichen Wald, bei dem immer wieder die Sonne durch die Bäume hereinbricht. Das Gegenlicht fast blendet. Hallscheid formuliert ein altes Bild neu, einen seit der Romantik typisch deutschen Topos. In diese digitalisierte Form spricht er wissenschaftliche Texte über physiologische Reaktionen, die sich bei einem solchen Spaziergang einstellen können.

Öffnungszeiten
Geöffnet ist die Ausstellung in der Deutzer Brücke, Eingang nur rechtsrheinisch (Kennedy-Ufer), vom 6. bis 10. Juni 15 bis 23 Uhr.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Broich