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Rettung für die Innenstadt? Zur Zeit wird der „Masterplan Köln“ erstellt – der Evangelische Kirchenverband Köln und Region mischt sich ein

Bausünden, Planungsfehler, unterschiedlicher Geschmack – über das Erscheinungsbild der Innenstadt diskutieren und streiten Kölnerinnen und Kölner schon seit vielen Jahren. Ein neuer Versuch, die komplexe Stadtentwicklung in einem Plan zusammenzufassen, Handlungsansätze aufzuzeigen und Visionen für die Zukunft der City zu entwickeln ist der „Masterplan Köln“ der zurzeit erstellt wird. Mit Beschluss des Vorstandes des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region steuert und moderiert die Melanchthon-Akademie die „evangelische Beteiligung“ an dem Stadtentwicklungs-Prozess. In der zum Auftakt terminierten öffentliche Informations- und Diskussionsveranstaltung im Gemeindesaal der evangelischen AntoniterCityKirche wurde das Projekt jetzt vorgestellt und diskutiert, moderiert von Walter Fuchs-Stratmann, dem stellvertretenden Leiter der Melanchthon-Akademie.

Stadtentwicklung hat Folgen für das Gemeinwohl
Ausgehend vom Jeremia-Wort „Suchet der Stadt Bestes“, das auch in den Grundstein des vor sechs Jahren errichteten Citypavillons eingemeißelt ist, betonte Citypfarrer Dr. Bertold Höcker, dass jede Form von Stadtentwicklung Folgen für das Gemeinwohl habe – gute wie schlechte. „Aufgabe der Kirche ist es, in dem Prozess die Stimmen laut werden zu lassen, die sonst nicht gehört werden“, betonte der Citykirchen-Pfarrer.

Durchschnittliche Architektur
„Es gibt keinen verbindlichen Bebauungsplan für die Stadt Köln“, stellte Dr. Ulrich S. Soénius, stellvertretender Vorsitzender der „Unternehmer für die Region Köln“ fest. Die City sei ein beliebter Wohnstandort, „mehr als in vielen anderen deutschen Innenstädten“, aber auch ein attraktiver Wirtschaftsstandort. Trotzdem gebe es als Kriegsfolgen immer noch Baulücken, eine durchschnittliche Architektur, es fehlten ansehnliche Plätze, und mit der Sauberkeit sei es auch nicht so gut bestellt.

Ordnende Elemente gewünscht
Was also tun? Geschäftsleute aus Köln haben sich im vergangenen Jahr zu der Initiative „Unternehmer für die Region Köln zusammengeschlossen“ und mit eigenem Geld das Planungsbüro Albert Speer und Partner in Frankfurt beauftragt, den „Masterplan Köln“ zu entwickeln. „Wir wollen nicht alles, was an Stadtentwicklung in den vergangenen Jahren passiert ist, über den Haufen werfen, aber wir wollen ordnende Elemente für die zukünftige Gestaltung und einige Problempunkte, wie etwa die Verkehrsführung, kritisch hinterfragen“, stellte Soénius klar. Gleichzeitig betonte er, dass der Masterplan kein „Gefälligkeitsplan für die Interessen der Wirtschaft“ sein soll, sondern dass sich möglichst viele Menschen und Gruppierungen in dem Ergebnis wiederfinden. Gleichwohl wollen sich auch die Unternehmer in den Entstehungsprozess kräftig einmischen und mitreden.

Stadt will Prozess steuern
Das will auch die Stadt Köln, die sich keineswegs mit der Rolle eines Beifahrers begnügt. „Wir wollen den Prozess steuern und öffentlich machen“, erklärte Anne Luise Müller, Leiterin des Stadtplanungsamtes der Stadt Köln, „wir wollen den Moderationsprozess transparent machen und zeigen, wer was macht und wer dahinter steht.“. Sie stellte den knapp 20 Zuhörern zunächst einmal vor, was das eigentlich ist, der „Masterplan Köln“.

Interventionsräume wurden definiert
Die Innenstadt wurde zunächst einmal räumlich eingegrenzt durch den Eisenbahnring, den linksrheinischen Grüngürtel und die Deutzer Innenstadt, ist also nahezu deckungsgleich mit dem kommunalen Stadtbezirk Innenstadt. Als „Zacken“ am Rande kommen das Universitätsgebiet und das Großmarktgelände hinzu. In einer ersten Erkundungsphase, „die gerade abgeschlossen ist“, haben sich die Stadtplaner aus Frankfurt zunächst einmal mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut gemacht, unzählige Daten und Fakten gesammelt und das derzeitige Erscheinungsbild unter verschiedenen Gesichtspunkten analysiert. „In einer Vertiefungsphase, die weitere sechs Monate dauert, werden diese Ergebnisse sortiert und künftige Handlungsschwerpunkte ermittelt. Dabei geht es um die Bereiche Siedlung, Freiraum und Infrastruktur“, erläuterte Anne Luise Müller. In der abschließenden Ergebnisphase soll dann der konkrete Masterplan entwickelt werden, der im Herbst präsentiert wird. Als mögliche Interventionsräume haben sich laut Müller bereits der Stadtraum am Rhein, die Ringe, der innere Grüngürtel, die Kernzone der City, die rechte Rheinseite, die Nord-Süd-Fahrt und die Ost-West-Achse herauskristallisiert.

Gespräche auf drei Ebenen
Keine neuen Problemfelder, das musste auch die Stadtplanerin eingestehen. Aber von dem „Masterplan Köln“ erwarten sie und Soénius sich ein Regiebuch für die künftige Entwicklung. Und die soll sich nicht hinter verschlossenen Türen, sondern in einem Prozess mit vielen Beteiligten entwickeln. Regelmäßig finden Gespräche und Konferenzen auf drei verschiedenen Ebenen statt: Auf der Fachebene mit Vertretern der Stadtverwaltung, auf der Institutionenebene mit Vertretern von 30 bis 40 gesellschaftlich relevanten Gruppen, darunter auch die betroffenen evangelischen Gemeinden, und auf der öffentlichen Ebene mit Bürgerforen, bei denen die Bürgerinnen und Bürger aufgerufen sind, ihre Vorstellungen und Wünsche zu artikulieren. „Alle Punkte werden aufgenommen und verarbeitet“, versprach Ulrich S. Soénius. Was damit gemacht wird und wie der „Masterplan Köln“ am Ende aussieht, das entscheide aber allein das Frankfurter Planungsbüro. Auf jeden Fall habe sich der Rat bereits verpflichtet, den Plan anzuerkennen, ihn als Grundlage für die weitere Entwicklung und Gestaltung der Innenstadt anzusehen und daraus einen verbindlichen Planungsentwurf abzuleiten.

Keine Antworten auf aktuelle Probleme
Da noch keine konkreten Ergebnisse vorliegen, fiel es Müller und Soénius teilweise schwer, den Masterplan anschaulich zu vermitteln. Vor allem, als aus dem Publikum konkrete Probleme wie gefällte Bäume auf dem Alter Markt, Telekom-Verteilerkästen, die Radwege am Neumarkt oder ähnliches angesprochen wurden, fehlten die Antworten. Für viele dieser Detailfragen, so Müller, werde der Masterplan auch keine Lösung bieten. Statt dessen solle er ein „Katalysator für viele Dinge“ sein, sagte Soénius. „Die Leute sollen sich um ihre Stadt kümmern, und an der bisherigen Resonanz und Beteiligung sehen wir, dass da unheimlich viel passiert“, machte er schon fast eine Art Aufbruchsstimmung aus. Die war im Publikum weniger stark ausgeprägt, dafür war eine gewisse Skepsis zu spüren. Einige befürchteten, dass bei der zukünftigen Gestaltung der Innenstadt ein eher zahlungskräftiges Publikum im Fokus stehe und dass vorhandene Bevölkerungsgruppen an den Rand gedrängt werden könnten.

„Inhaltlich starke Größe, aber finanziell schwach“
Dass es bei der Zukunft der Innenstadt auch um Geld geht, das wusste auch Pfarrer Höcker. „Wir haben schon seit langem den Plan, die freie Seite an unserem Grundstück durch ein Wohnprojekt für Stadtrückkehrer zu schließen. Da stellte sich natürlich für uns auch die Frage, ob es ein soziales Projekt werden könnte. Doch dafür ist einfach das Geld nicht da“, musste er eingestehen, dass auch die Kirche sich manchmal den Gesetzen des Marktes beugen muss. „Wir sind eine inhaltlich starke Größe, aber finanziell schwach“, definierte er zum Abschluss den Raum, in dem sich die Evangelische Gemeinde Köln bei den Diskussionen um den Masterplan bewegen kann.

Text: Jörg Fleischer
Foto(s): Fleischer