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Radomír Nosek

Religiosität ist ein lebensnahes Miteinander

Pfarrer Radomír Nosek unterrichtet seit Anfang des Jahres junge Erwachsene am Köln-Porzer Berufskolleg

„Ich dachte immer, Religion sei etwas für Menschen mit großen Problemen“, sagt Pfarrer Radomír Nosek. Dann aber besuchte der heute 46-Jährige als Teenager eine christliche Jugendgruppe in seiner Heimat Třinec im Nordosten Tschechiens und stellte fest: „Die Bibel ist lebensnah und praktisch. Sie hält für jeden etwas bereit, der dafür offen ist. Die Bodenständigkeit der Geschichten, die ich vor gut 30 Jahren entdeckte, fasziniert mich heute immer noch.“

Genau das möchte der Theologe auch seinen Schülerinnen und Schülern am Berufskolleg in Köln-Porz vermitteln. Dort trat er Anfang Februar dieses Jahres seine Stelle als Vollzeitlehrkraft an und steht nun im Dialog mit jungen Erwachsenen in der Ausbildung, die ganz unterschiedliche religiöse und kulturelle Hintergründe einbringen.

Bildungsarbeit

„Das finde ich ungemein spannend. Die große Diversität der religiösen Prägungen ist sehr interessant. Ich unterrichte junge Deutsche aus Köln, Menschen mit türkischem Hintergrund, auch einige mit Migrationshintergrund, und alle bringen ihre Besonderheiten in den Unterricht mit ein“, erklärt der Meckenheimer. Im Bildungswesen mit jungen Leuten zu arbeiten, habe ihn immer gereizt. Denn es sei ihm stets wichtig gewesen, zu vermitteln, dass Religiosität kein Gegeneinander sei, sondern ein Miteinander.

„Wir alle sind füreinander eine Bereicherung. Wir brauchen den Dialog, um nicht sprachlos nebeneinander zu leben und uns so fremd zu bleiben“, ist Radomír Nosek überzeugt. Die Antworten auf die Fragen „Wer ist das eigentlich da neben mir? Wie tickt dieser Mensch, und was hat ihn geprägt?“, die im Unterricht erörtert würden, setzten oft nicht nur seine Schülerinnen und Schüler, sondern auch ihn in Erstaunen, sagt er voller Begeisterung.

Studium

Theologie studierte der Pfarrer nach dem Abitur in Tschechien ab dem Wintersemester 1992 zunächst in Prag, später in Straßburg. Um seine Studien in Frankreich fortsetzen zu können, lernte er Französisch und sicherte sich so ein Alleinstellungsmerkmal, das ihm den Weg zum Stipendium erleichterte. „Eine neue Sprache zu lernen, fällt mir relativ leicht“, verrät er schmunzelnd.

Ein Schwerpunkt seiner Studien war die böhmische und tschechische Kirchengeschichte, die sehr besonders und fesselnd sei, wie der Pfarrer betont. Schon Straßburg erfüllte ihm den Wunsch, in die Welt zu gucken, den er seit seiner Jugend hegte: „Wir hatten damals als Jugendliche kaum eine Möglichkeit, zu reisen. Darum war das immer meine Sehnsucht.“

Das Vikariat führte ihn dann nach Deutschland, denn seine Frau, ebenfalls Pfarrerin und Lehrerin an einem Gymnasium, ist Deutsche. In Essen-Kray prägte er als Vikar das Gemeindeleben, den Probedienst absolvierte er an der Kirchlichen Hochschule in Wuppertal und schließlich in der Erlöser-Kirchengemeinde Bad Godesberg.

Pfarrstellen

2011 wechselte er nach Meckenheim in der Voreifel, um sich dort ab 2015 mit Pfarrerin Ingeborg Dahl eine Stelle zu teilen. „Das war eine sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit. Die Vielfalt innerhalb der Gemeinde habe ich sehr genossen, aber auch in dieser Zeit immer am liebsten mit Jugendlichen gearbeitet und Gedanken ausgetauscht“, blickt er zurück.

Zu seinen Aufgaben gehören heute auch gelegentliche Predigtdienste, doch aktuell startet er in eine Fortbildung innerhalb der Pädagogik und konzentriert sich darauf, den Schülerinnen und Schülern des Porzer Berufskollegs zu zeigen, wie gut die biblischen Geschichten – auch an ganz unerwarteten Stellen – in ihr Leben passen.

Text: Katja Pohl
Foto(s): Radomir Nosek