Reges Gemeindeleben mit vielen unterschiedlichen Aktivitäten: 40 Jahre Andreaskirche Schildgen

40 Jahre alt wurde die evangelische Andreaskirche, und den runden Geburtstag feierte die Gemeinde passenderweise am Andreastag. Viel zu erzählen gab es, denn in den vier Jahrzehnten, und natürlich auch schon davor, ist einiges passiert in der kleinen Gemeinde zwischen Köln und Leverkusen, die kirchenrechtlich ein Bezirk der Evangelischen Kirchengemeinde Altenberg-Schildgen ist.

Kirche als Scheune angelegt
Von außen betrachtet, strahlt das Gotteshaus an der Voiswinkeler Straße jene protestantsiche Nüchternheit aus, die typisch war für evangelische Sakralbauten der 60er Jahre. Als markante Ortsmarke wirkt allerdings der hoch aufragende, schlanke Glockenturm. Wer sich allerdings mit dem geschärften Blick für Symbolik auf die Suche macht, der kann einiges entdecken. „Das Grundprinzip der Kirche war eine Scheune“, erzählt Christoph Nötzel, der seit 1989 Pfarrer im Bezirk Andreaskirche der Evangelischen Kirchengemeinde Altenberg/Schildgen ist. Die Scheunenkonstruktion wurde an den Pfeilern mit Beton ausgegossen und die Zwischenwände wurden zugemauert. „Das greift das Bild auf, dass Jesus in einem Stall geboren worden ist“, erläutert Nötzel. Eine profane Interpretation verweist auf die ländliche Struktur mit vielen Bauernhöfen und eben auch Scheunen, das ländlich geprägte Schildgen des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Auf dem Gelände des heutigen Gemeindezentrums befand sich früher auch der Schüllenhof, dessen Geschichte bis Mitte des 15. Jahrhunderts zurückverfolgt werden kann.

Namensgeber ist Apostel der Ostkirche
Weitere Symbole lassen sich im Innern des Gotteshauses finden und gehen maßgeblich auf Gerhard Hage zurück, zur Zeit des Kirchbaus evangelischer Pfarrer in Altenberg. Der war Präses der Michaels-Bruderschaft, die unter anderem ein besonderes Interesse an der Liturgie der orthodoxen Kirche hatte. So finden sich in den Fenstern der Andreaskirche orthodoxe Ikonografien, und das Kreuz über dem Altar besteht nicht, wie sonst üblich, aus einem längeren und einem kürzeren Flügel, sondern aus zwei gleich großen Flügeln. Ebenfalls ein deutlicher Verweis auf die orthodoxe Kirche. Und nicht zuletzt ist auch Andreas, Namensgeber der Kirche, der Apostel der Ostkirchen, im Gegensatz zu Petrus als Apostel der Westkirche.

„Das wird hier nichts mit einer eigenen Kirche“
Bis die evangelischen Christen in Schildgen aber eine eigene Kirche hatten, mussten sie teilweise massive Widerstände überwinden. „Bis 1945 gab es nur ein paar vereinzelte protestantsiche Familien“, berichtet Nötzel. Mit dem Zuzug von Flüchtlingen und Vertriebenen sowie dem Ausbau der Bayerwerke in Leverkusen stieg aber nach und nach der Anteil der Protestanten in Schildgen. Ab 1958 feierten sie in einer Grundschule ihre Gottesdienste. Als die Pläne zum Bau einer Kirche handfest wurden, gab es zunächst aber ein Problem. „Es konnte einfach kein Grundstück gefunden werden“, so Pfarrer Nötzel. Einige Flächen schienen geeignet, doch durch Intervention der Katholischen Gemeinde oder einiger Bürger wurde der Verkauf verhindert. Ökumene war damals noch ein Fremdwort, und der katholische Pfarrer soll sich sogar diejenigen seiner Schäfchen vorgeknöpft haben, die öffentlich einen Protestanten gegrüßt hatten. Es gab sogar einen verzweifelten Brief der Gemeinde an die Landeskirche in Düsseldorf mit dem durchaus ernst gemeinten Fazit: „Das wird hier nichts mit einer eigenen Kirche!“
Ökumenische Ausprägung unter Paul Adenauer
Zwei Faktoren waren es dann, die die Lage der Gemeinde schlagartig verbesserten. Zum einen fanden sich mit der Familie Franke sozial engagierte und tolerante Menschen, die bereit waren, trotz aller Anfeindungen der Evangelischen Gemeinde ein großes Grundstück an der heutigen Voiswinkeler Straße zu verkaufen. Zum anderen wurde einige Jahre zuvor Paul Adenauer, Sohn des Ex-Bundeskanzlers Konrad Adenauer, katholischer Pfarrer in Schildgen. Mit seiner ebenso pragmatischen wie charismatischen Art sorgte er dafür, dass sich das Verhältnis der Konfessionen im Ort deutlich entspannte. „Die Gemeinde ist sehr ökumenisch ausgerichtet“, erzählt Christoph Nötzel nicht ohne Stolz und verweist auf 14 ökumenische Veranstaltungen im Jahr. Dazu gibt es seit gut 30 Jahren einen gemeinsamen Pfarrbrief, und Presbyterium und Pfarrgemeinderat treffen sich regelmäßig, um Dinge zu besprechen und zu planen, die sowohl die katholische als auch die evangelische Gemeinde betreffen.

Reges Gemeindeleben
Die evangelische Gemeinde in Schildgen bekam 1972 eine eigene Pfarrstelle. Rudolf Jakobs war der erste Pfarrer, der hier wirkte. Auch er, wie Gerhard Hage, ein Michaelsbruder. In den Siebziger Jahren erlebte die Gemeinde ihre Blütezeit. Bis zu 4000 Menschen gehörten ihr damals an. Heute sind es um die 2800, etwa so viel wie vor 40 Jahren, als die Andreaskirche gebaut wurde. Mit einem Schmunzeln verweist Nötzel auf die Sinus-Studie zur demografischen Entwicklung, die für Schildgen einen Anteil von 33 Prozent so genannter „Post Materieller“ ausweist: Gebildete Menschen, finanziell abgesichert und auf der Suche nach immateriellen Werten und Lebensinhalten. „Das ist natürlich ein Milieu, in dem der Protestantismus baden kann“, sagt Nötzel und zählt zum Beweis die zahlreichen Aktivitäten innerhalb der Gemeinde auf: die integrative Kindertagesstätte, eine Gemeindebücherei, Gruppen für Kinder, Jugendliche und Familien, Gesprächkreise zu unterschiedlichen Themen, eine kontunierliche Bildungsarbeit „und viel, viel Musik“. Ein Posaunen- und ein Kinderchor, eine Jazz- und eine Rockgruppe treten regelmäßig in der Kirche auf. Außerdem ist die Gemeinde Trägerin der Offenen Ganztagsschule. Darüber hinaus hat sich ein Förderverein gegründet, der sich um die Instandhaltung der Gebäude der Gemeinde kümmert, und der hat immerhin schon 250 000 Euro gesammelt.

Andreasplakette für ehrenamtliche Mitarbeiter
Das alles und noch viel mehr wurde natürlich auch bei der Geburtstagsparty besprochen. Musik gab es vom Posaunenchor und der Band „Djodea“, und Pfarrer Christoph Nötzel zeichnete Friedel Biebeler, Anne Akkerman, Gerhard Heywang, Fritz Hammer, Karin Kreisfeld und Herta Behmke mit der Andreasplakette aus. Seit 25 Jahren sind die sechs ehrenamtlich in der Gemeinde engagiert. Die Plakette verleiht die Gemeinde seit einigen Jahren an ihre ehrenamtlichen Mitarbeiter.

Text: Jörg Fleischer
Foto(s): Fleischer