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Reger Flugverkehr in Lindlar

Man könnte meinen, es sei selbstverständlich. Aber dennoch hat der Refrain des "Lego-Liedes" mit der Realität in vielen Fällen nichts gemein. "Wir bauen eine Stadt, in der jeder was zu sagen hat", sangen 32 Kinder und Jörn Ruchmann begleitete sie auf der Gitarre. Der Jugendreferent im Kirchenkreis Köln-Rechtsrheinisch hatte die ersten Lego-Bautage im Jubilate-Forum der evangelischen Gemeinde gemeinsam mit 18 Ehrenamtlichen aus Lindlar und benachbarten Gemeinden von Donnerstag bis Samstag vergangener Woche organisiert. "Unser Ziel war, dass Kinder erstmals ihre eigene Stadt bauen und ihre Wünsche für eine kindgerechte Stadt dabei im Mittelpunkt stehen", beschrieb Ruchmann die Idee.

Diese Idee hatte auch die Evangelische Kreissynode Köln-Rechtsrheinisch überzeugt, die den Lego-Kauf mit 1.500 Euro unterstützte. Und so war auch Superintendentin Andrea Vogel zugegen, als die kindgerechte Stadt der Öffentlichkeit präsentiert wurde. "Ich finde es toll, dass die Kinder befähigt werden, sich über ihre Zukunft Gedanken zu machen, diese Gedanken praktisch umzusetzen und Politik und Verwaltung damit zu konfrontieren. Kinder kommentieren die Stadt, und die Politik hört einfach mal zu. Wo gibt es das noch?", sagte die Superintendentin beim Betrachten des Lego-Modells. Sie zeigte sich beeindruckt von der Weitsicht der Sechs- bis Zwölfjährigen. Viel Grün soll die neue, kindgerechte Stadt prägen.

Zu sehen waren Solarzellen auf dem Dach, mit deren Strom Elektro-Autos gespeist wurden. Allerdings wäre das Lindlar der Zukunft, wenn man das Lego-Modell eins zu eins umsetzte, geprägt von Luftverkehr. Auf vielen Häusern könnten Hubschrauber landen, und sogar eine ausgewachsene Passagier-Maschine könnte in der bergischen Gemeinde landen. Da mag kindliches Wunschdenken am Start gewesen sein. Aber an den Einrichtungen der staatlichen wie privaten Daseinsvorsorge hat man nicht gespart. Polizei und Feuerwehr waren ebenso wie Post und Eisenbahn, Supermarkt, Pizza-Service und Bücherei an zentralen Stellen platziert. Natürlich gab es ein Kino. Und eine Tankstelle. "Die muss sein, weil sonst die Autos überall stehen bleiben würden", merkte ein Junge im Kindergartenalter an. Die Unterstützung aller Kinder fand die Inline-Skater-Bahn. Aber auch an einen "Gruselfriedhof" hatten die Kinderplaner gedacht. Sogar einen Leuchtturm konnte man entdecken. Und einen schiefen Turm von Lindlar gab es ebenfalls. Das Wichtigste für alle war aber ein "Zuhause". Das wurde ihm Stadtmodell auch gleich mit einem großen roten Blitz gekennzeichnet.

Neben der Superintendetin waren auch die örtlichen Politiker interessiert an den Plänen der Kinder für die Zukunft Lindlars. Allen voran Bürgermeister Dr. Georg Ludwig, der das Engagement der Kinder ausdrücklich lobte und darauf verwies, dass der Einsatz der Politik für eine lebenswerte Zukunft ja vor allem den Kindern gelte. Deshalb sei man für Ratschläge jederzeit dankbar. "Ich freue mich, dass auch vier Kinder aus Flüchtlingsfamilien mitgebaut haben", erklärte der oberste Bürger des Ortes. Und dann ging es zur Sache: Ludwig erhielt nämlich neben Ratschlägen fundierte Kritik aus Kindermund am Stadtbild. Plakate, die in Fetzen von Wänden hängen, überquellende Mülleimer und verwahrloste Spielplätze wurden angemahnt. Und "schlecht gelaunte Erwachsene". Der Bürgermeister versprach, sich den verwahrlosten Ecken anzunehmen. Auch die Erheiterung der Erwachsenen zählt er ab sofort zu seinen Aufgaben. Und eine Eisenbahn für Lindlar ist schon lange sein Traum.

Jörn Ruchmann hat das alles großen Spaß gemacht. "Lego ist universell. Bei diesem Projekt war es möglich, Ideen von Kindern so umzusetzen, dass Erwachsene sie verstehen." Der Jugendreferent hob das Engagement eines örtlichen Spielwarenhändlers hervor, der die Lego-Steine mit deutlichem Rabatt abgegeben habe. Nun geht die Lego-Stadt in tausenden Einzelteilen auf Reisen durch den Kirchenkreis. Drei Anfragen hat Ruchmann bereits positiv beschieden. Das nächste Städtebauprojekt ist für 2018 in der Bergisch Gladbacher Kirche zu Heilsbrunnen geplant. Ach ja, an eine Kirche im Lindlar der Zukunft hatten die Kinder auch gedacht. Die Bauausführung hatten Elena und Janluca übernommen. "Wir haben sogar an die Orgel gedacht", erklärte Elena bei der Vorstellung des Gotteshauses. Und ist das eine katholische oder eine evangelische Kirche? "Egal. Beides." Auch ein Modell für die Zukunft.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann