Die Auswahl des Werkes und der Anlass passten perfekt zusammen: Auch Georg Friedrich Händel, der große Meister von einst, hatte für seine Mitmenschen in Not schon etwas übrig gehabt. „Der Messias ist ja als karitatives Stück geschrieben worden. Es ist eine der Kompositionen, für die Händel kein Geld haben wollte. Seine Uraufführung in Dublin (13. April 1742, die Red.) fand in einem Armen- und Waisenhaus statt“, klärte Chorleiter Wolf-Rüdiger Spieler vor Konzertbeginn auf.
Echter Musikgenuss
Bereits zum 9. Mal trat der „reger chor“ in der Kölner Trinitatiskirche zu einem Benefizkonzert zugunsten des Vereins „LebensWert“ und dessen Hilfsprojekt „Kinder krebskranker Eltern“ auf. Gemeinsam mit dem Kammerensemble „spielWerk“ und den vier Solisten Melanie Spitau (Sopran), Daniela Jungblut (Alt), Wolfgang Klose (Tenor) und Sebastian Seitz (Bass) brachte der Chor in einer über zweistündigen Vorstellung den dreiteiligen „Messias“ in englischer Originalfassung zur Aufführung. Unter der Gesamtleitung von Spieler geriet der Auftritt von Sängern und Musikern zu einem echten Musikgenuss, den die über 300 Konzertbesucher am Ende mit stehenden Ovationen goutierten. Mit großem Ausdruck, Inbrunst und Leidenschaft füllten die überragenden Solisten ihre Rollen äußerst klangvoll aus, während der „reger chor köln“ nicht erst beim kraftvollen „Halleluja“ gegen Ende des zweiten Teils zur Hochform auflief.
Unbürokratische Hilfe
Der Verein „LebensWert“ ist ein spendenfinanzierter, gemeinnütziger Verein, der an die Kölner Uniklinik angeschlossen ist. Er bietet krebserkrankten Menschen direkt und unbürokratisch psychoonkologische Hilfe an. Zu diesem Zweck unterhält der Verein ein eigenes Zentrum, das „Haus LebensWert“ in der Kerpener Straße. Neben ambulanten und stationären Patientenbegleitungen stellt der Verein dort unter anderem Räume für Gesprächs-, Bewegungs-, Kunst- und Musiktherapie bereit, mit dem Ziel Krebspatienten so zu stärken, dass sie die Krankheit besser annehmen und bewältigen können.
Sängerin stellte Kontakt her
„Der Verein deckt einen großen Bedarf, weil jemand, der an Krebs erkrankt, nach einer solchen Diagnose erst einmal in ein tiefes seelisches Loch fällt und es ihm durch die Krankheit buchstäblich die Stimme verschlägt“, betonte Organisatorin Elisabeth Albrecht, Mitglied im Verein „LebensWert“ und Sängerin im „reger chor köln“, die einst den Kontakt zwischen beiden hergestellt hatte.
Erklärungen in der Konzertpause
Professor Michael Hallek, Direktor der Klinik I für Innere Medizin und Vorsitzender von „LebensWert“ nutzte die Konzertpause, um allen Mitwirkenden und Gästen für ihr Engagement und ihre jahrelange Treue zu danken. Über die Arbeit im Projekt „Kinder krebskranker Eltern“ informierte Psychotherapeutin Regine Dülks das Publikum. „Seit 2006 bis heute konnten wir 500 Kindern und Jugendlichen therapeutische Hilfe und andere Angebote zur Verfügung stellen. Die Therapeuten des Programms haben in den vergangenen Jahren festgestellt, dass die Belastung, die die Kinder tragen, in der Öffentlichkeit und zuhause oft unterschätzt wird. Denn der Blick geht zunächst in Richtung des erkrankten Partners und der andere gerät oft schnell in eine überfordernde Lebenssituation“, führte Dülks aus.
Angebot von „LebensWert“
Genau an diesem Punkt setze das Angebot von „LebensWert“ an, das die Versorgungslücke im sozialen Sicherungssystem zwischen klinischer Behandlung und der familiären Situation zuhause zu schließen versucht. Denn häufig, so Dülks, scheuten sich die Kinder, sich über den Gesundheitszustand des erkrankten Elternteils zu erkundigen, hätten Schuldgefühle oder reagierten manchmal sogar zornig. „Wir können dann schnell außerfamiliäre Hilfe zur Verfügung stellen, die die Familie entlastet und den Kindern und Jugendlichen einen Raum gibt, diese Lebenskrise zu überwinden“, machte die Familientherapeutin deutlich.
Foto(s): Markus Frey