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Rege Beteiligung am 24. Frauentag im Kirchenkreis Köln-Süd

Zu den älteren Teilnehmerinnen gehört Sieghild Penzel mit Sicherheit. Ihre 81 Jahre hindern sie nicht daran, mit Begeisterung Congas und Klangschalen auszuprobieren. Auch der Weg von Chorweiler in den Kölner Süden schreckte sie nicht ab. „Ich habe die Ankündigung gelesen und dachte 'Das ist was für dich', berichtet sie. Die Atmosphäre tat ein Übriges: „Man fühlt sich hier sofort aufgenommen“. Auch Anne Meyderhoff-Bready ist von der Atmosphäre überrascht und will den Frauentag auch im kommenden Jahr wieder besuchen. Isabella Schulmeister aus Brühl und ihre aus Brandenburg zugezogene Freundin freuen sich über das lebensbejahende Programm und wollen beim nächsten Frauentag wieder dabei sein.

Diese Auszeit vom Alltag ist ein Aspekt des Frauentags im Kirchenkreis Köln-Süd, den viele Besucherinnen schätzen. Im Untergeschoss des Berufsförderungswerks Michaelshoven gibt es Bewegung im Ruheraum, wo Gudrun Peters den Tanzworkshop leitet. Klänge von Johann Sebastian Bach begleiten den Sonnentanz.

„Kann ich nicht oder will ich nicht?“
In den übrigen Workshops geht es nicht weniger lebhaft zu. Pfarrerin Andrea Döhrer berichtet vom Lebensweg der Vikarin Katharina Staritz und der Lehrerin Elisabeth Schmitz, zwei Theologinnen, die sich in der Zeit des Nationalsozialismus für die verfolgte jüdische Bevölkerung einsetzten. Mottobezug hat der Workshop-Titel „Kann ich nicht oder will ich nicht?“ bei der Psychologin Alexandra Geißler-Wölfle zur Frage, welcher Teil der Persönlichkeit ererbt, welcher erlernt ist. Bei Museumspädagogin Suyin Scheid-Hennig geht es unter dem Titel „.. ich kann auch anders!“ um das kreative Erkunden der Frage, was stark oder schwach macht.

Motto kreativ umgesetzt
„Beim Motto „Hier stehe ich, ich kann will nicht anders!“ war es uns wichtig, das Wollen zu betonen“, erläutert auch Almuth Koch-Torjuul, Pfarrerin und Mitorganisatorin des Frauentages, die Abwandlung des Lutherwortes. Immerhin, so Koch-Torjuul, stünde in der Reformationsdekade auch das Thema „Freiheit“ im Mittelpunkt. Diese ist unvermeidlich gekoppelt an die Möglichkeit, den Standpunkt selbst zu bestimmen. „Es war spürbar, dass das Thema, den eigenen Standpunkt einzunehmen und zu vertreten, gerade gegenüber Erwartungen und Zwängen, die Frauen sehr beschäftigt.“ Die alte Zwickmühle zwischen Familie und Beruf, gekoppelt an den Wunsch nach Perfektion in beidem,sei, so Koch-Torjuul, immer noch aktuell. „Es ist immer noch nicht selbstverständlich, dass Frauen beides tun“.

Klänge von Johann Sebastian Bach begleiten den Sonnentanz
Kinderbetreuung als Angebot für die Jüngeren
Dass die Kinderbetreuung zum Frauentag in Anspruch genommen wurde, war für Koch-Torjuul nicht nur vor diesem Hintergrund erfreulich. „Es zeigt, dass auch Jüngere dabei sind. Aber die älteren Teilnehmerinnen sprühen vor Energie und sind an allem interessiert“, konnte sie im Laufe der Jahre auch feststellen.

Winzig und standfest
Eine winzige menschliche Figur, stark abstrahiert, steht auf einer Schieferscheibe, die wiederum auf ein Buch montiert ist. Eine andere Figur befindet sich in einem metallenen Kessel, geformt wie eine Halb-, eher Dreiviertelkugel. Sie wirken in ihrer Anlage monumental, sind aber winzig, stehen aufrecht, aber wirken durch hängende Arme und halb gesenkte Köpfe dennoch unentschlossen. Standpunkte nehmen auch die sieben Figuren der Bildhauerin Rose Schreiber ein, die in einem Kursraum zu bewundern waren. Diese Kombination mit einer Kunstausstellung war neu im Programm. Zum ersten Mal mit dabei war auch Dorothee Schaper, die sich als neue Frauenbeauftragte des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region, den Teilnehmerinnen vorstellte.

Altes Lied und neuer Kanon
Zum Abschlussgottesdienst erklang, wie schon zur Einführung, der Kanon, den Barbara Bannasch zum Motto komponiert hatte. Gemeinsam sangen die 136 Teilnehmerinnen des Frauentages auch das erste, von einer Frau verfasste Lied des Evangelischen Gesangbuchs „Herr Christ, der einig Gottes Sohn“, verfasst von Elisabeth Cruciger (1500-1535), einer Zeitgenossin und Freundin des Ehepaares Luther und späteren Schwiegermutter von Martin Luthers Sohn Hans.

Mittelalterliche Frauenmystik und neue Lehre
„Der Text verbindet mittelalterliche Frauenmystik und neue evangelische Lehre“, meinte Bannasch. Die Melodie stamm bereits aus dem vierten Jahrhundert. Der Verweis auf die Bibel, „gleich wie geschrieben steht“ im ersten Vers des Liedes zeige reformatorisches Gedankengut, die sinnlichen Vokabeln „dürsten“ und „schmecken“ des dritten Verses erinnerten dagegen an die Mystik mit ihrer Betonung einer unmittelbaren Gotteserfahrung.

Kollekte zum Schutz von Migrantinnen
Die Kollekte des Gottesdienstes ging an den Verein „Arbeitsgemeinschaft gegen internationale sexuelle und rassistische Ausbeutung“ (agisra e.V.), der sich für rechtliche Verbesserungen für Migrantinnen und ihren Schutz vor Gewalt einsetzt.

Text: Annette von Czarnowski
Foto(s): Annette von Czarnowski