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Rechtzeitig zum Kirchentag: „Kirchen sind einzigartig“ – Erstmals werden evangelischen Kirchbauten ALLER Verbandsgemeinden in einem Buch vorgestellt

„Kirchen sind Zeichen“, schreibt Kirchentagspräsident Dr. Reinhard Höppner in seinem Grußwort für den pünktlich zum 31. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Köln erschienenen Bildband „Evangelische Kirchen in Köln und Umgebung“. Sie sind nicht nur „Wahrzeichen“ in den Städten der Region Köln, sondern auch „Wahrheitszeichen“, wie Stadtsuperintendent Ernst Fey in seinem Geleitwort betont. „Wahrheitszeichen“, die den „Konsum- und Vergnügungstempeln, die heute jede Stadt gleich machen“ Paroli bieten. Kirchen sind einzigartig, unverwechselbar und besonders. Darum scheint es mehr als angemessen, jede Kirche des Evangelischen Kirchenverbands Köln und Region einmal so liebevoll zu „porträtieren“, wie in dem vorliegenden Buch geschehen. Jedes Kirchengebäude zeigt hier sozusagen sein Gesicht, in einem „Porträtfoto“ von Celia Körber-Leupold festgehalten, die oft mehrere Tage lang testete, wie eine jede Kirche am vorteilhaftesten aussehen könnte, bei welchem Wetter, von welcher Seite fotografiert. Auch von innen zeigen sich die Kirchengebäude in all ihrer Pracht oder Kargheit, Schönheit oder Strenge, fotografisch ausgezeichnet festgehalten.


Neu: Die Stammbäume von Gemeinden
Für die Beschreibung ihres Innenlebens, ihrer Geschichte, ihrer Schätze und Eigenarten ist der Autor des Hauptteils des vorliegenden Buches zuständig: Der Kunsthistoriker und Archäologie, Autor zahlreicher Publikationen zur Bau- und Kunstgeschichte Kölns, Dr. Helmut Fußbroich. Er hat nicht nur zu fast jedem Gebäude einen Grund- und Aufriss beigesteuert, um alles sozusagen noch „plastischer“ zu machen, er hat auch jede Predigt- und Gottesdienststätte genau beschrieben: ihre Geschichte und Ausstattung, ihre architektonische Anmutung und Besonderheit, bis hin zu Glockenwerken oder der Siegelgestaltung. Besonders verdienstvoll scheint unter anderem auch seine Erstellung eines „Stammbaums“ aller Gemeinden des Evangelischen Kirchenverbands Köln und Region: Welche Gemeinde hat sich aus welcher entwickelt, von welcher wann abgespalten? Wer ist sozusagen die „Mutter“, wer die „Tochter“? Das ist spannend und neu: Wer weiß schon, dass es Gemeinden gibt, die bereits in der vierten Generation existieren wie etwa die Evangelische Kirchengemeinde Neubrück, deren „Urgroßmutter“ die Evangelische Kirchengemeinde Mülheim war?

Von „einer Kirche im Untergrund“ zum heutigen Verband
Kirchen sind einzigartig, sie sind die „anderen Orte im Stadtbild“, symbolisieren das Nicht-Alltägliche, die Möglichkeit zur spirituellen Erfahrung, zur Begegnung und Auseinandersetzung mit dem Glauben „Hier geht es um etwas anderes als allein um irdische Belange“, betont Fey. Die Herausgeber des Buches, Günter A. Menne und Christoph Nötzel, hätten kaum einen besseren Autor finden können, um dieses „Anderssein“ in Wort zu fassen als Fulbert Steffensky, Ehemann der 2003 verstorbenen Dorothee Sölle. Der ehemalige Benediktinermönch konvertierte 1969 zum evangelischen Glauben, und er macht den Auftakt einer ganzen Reihe hoch interessanter Aufsätze, die das neue evangelische Kirchenbuch auf seinen ersten 50 Seiten sozusagen flankieren. Nach Steffenskys meditativen Betrachtungen „Räume erbauen die Seele“ stellen Mit-Herausgeber Nötzel und der Archivar des Evangelischen Kirchenverbandes Köln, Christan Parow-Souchon, dar, wie sich der Protestantismus in Köln und Region von „einer Kirche im Untergrund“ zum heutigen Verband entwickelt hat – sie tun dies unter der treffenden Überschrift „Individualität und Zusammenhalt“.

„Individualität und Zusammenhalt“
Diese Überschrift könnte auch über manchem anderen der folgenden Beiträgen stehen: Etwa, wenn es um „Gemeindekirche und Kirchenordnung“, also um die presbyterial-synodale Ordnung der Evangelischen Kirche im Rheinland geht oder um die sichtbaren Glaubens-Besonderheiten einer evangelischen Kirche wie Kreuz, Kanzel, Altar, Taufbecken und Orgel oder um die Kirchenmusik im Rheinland, um die Kirche als Kunstraum. All diese Sonderaspekte rund um Kirchbauten, ihre Funktion und Spiritualität, um evangelische Kirchen als Orte des Glaubens, um Geschichte und Entwicklung der Organisationsformen dieses Glaubens – all das haben die Herausgeber sorgfältig ausgewählt und sozusagen als Ouvertüre zum Bildband komponiert: exemplarische Beispiele, Schlaglichter auf Historisches, Stationen der Spiritualität ebenso wie informative Inhalte für Kirchen-Neulinge und „alte Hasen“.

Was sind „Widmungsträger“?
Sehr verdienstvoll in dieser Hinsicht sind auch das Glossar am Ende, das Literaturverzeichnis und manche aufschlussreiche Fußnote. Ungewöhnlich in ihrer Vollständigkeit ist ganz sicher die Liste der „Widmungsträger“ im Anhang – und sie zeigt ganz deutlich eine weitere Besonderheit evangelischen Selbstverständnisses: Hier geht es um jene – in der Regel lang verstorbenen – Menschen, an die evangelische Predigtstätten mit ihrer Namensgebung erinnern. Wäre hier die Rede von katholischen Kirchen, wäre klar: Sie sind in aller Regel Heiligen gewidmet. In evangelischen Kirchennamen kommen die zwar ebenfalls vor, etwa mit Johannes oder Lukas, häufig aber wurden evangelische Kirchen Personen der Zeitgeschichte gewidmet, Paul Gerhardt etwa, Dietrich Bonhoeffer oder Johannes Bugenhagen. All diese „Widmungsträger“ haben die Pfarrer Matthias Bertenrath und Dr. Martin Bock verdienstvollerweise für das „Kirchenbuch“ mit einer Kurzbiografie aufgelistet.

„Kirche von unten“
In der Tat: Es geht nicht nur um Gebäude, sondern auch um Menschen, wie eindrucksvoll der Beitrag des bekannten Autors protestantisch-rheinischer Geschichte, Klaus Schmidt, beweist. Für ihn machen vor allem die „lebendigen Bausteine“, die protestantischen Menschen in Köln und Umgebung, das Bild erst rund. Und so schreibt er im vorliegenden Buch beispielsweise erstmals über Anna Maria Schürmann, das „Mirakel von Köln“ und viele andere bekannte und weniger bekannte Menschen evangelischen Glaubens in der Region. Wie auch der Wuppertaler Kirchenhistoriker Hellmut Zschoch in seinem Kurz-Abriss über die Kirchenordnung in der Region, kommt Schmidt mit ganz anderen Mitteln, auf anderen Wegen zu dem Schluss: Die rheinische Kirche ist eine „Kirche von unten, darin liegt die Quelle ihrer lebendigen Vielfalt“.
Das letzte Zitat stammt von den beiden Herausgebern, dem Schildgener Pfarrer Christoph Nötzel und dem Leiter des Amtes für Presse und Öffentlichkeitsarbeit, Günter A. Menne, „gelernter“ Kunsthistoriker und derzeit Vorsitzender des Kuratoriums für die Citykirchenarbeit in Köln. Genau diese Vielfalt dokumentiert das von ihnen herausgegebene Buch sozusagen im Idealfall: mit Kompetenz und Schönheit, zum Lernen und Staunen, zum Nachschlagen und Spazierengehen auf den Spuren evangelischen Glaubens, zum Meditieren in einem der beschriebenen Kirchenbauten… – das Buch ist für vieles gut!

Und es ist eine einzigartige Leistung: „Erstmals werden hier alle evangelischen Kirchen und Kapellen der rheinischen Metropole dokumentiert und erklärt“, betont der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Nikolaus Schneider, in seinem Grußwort. In der Tat: Alle, wirklich alle Kirchen und Predigtstätten des Evangelischen Kirchenverbands Köln und Region werden in dem Buch porträtiert: in Bedburg und Bergheim, Bergisch Gladbach, Brühl, Elsdorf, Erftstadt, Frechen, Hürth, Kerpen, Köln, Kürten, Lindlar, Odenthal, Pulheim, Rösrath und Wesseling.

„Evangelische Kirchen in Köln und Umgebung“
Das Buch hat 336 Seiten mit rund 560 farbigen Abbildungen
21,0 x 29,7 cm, gebunden und kostet inkl. CD-ROM 19,95 Euro, ISBN 978-3-7616-1943-8

Text: AL
Foto(s): Bachem Verlag