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Rasen mähen, Hunde ausführen und vieles mehr: Bickendorfer Konfis unterstützen mit Nachbarschaftshilfe Kinder in bolivianischen Silberminen

Yvonne, 13, will einkaufen gehen, Conny, 12, zieht Hunde ausführen vor. „Ich glaube, in Vogelsang wohnen viele alte Leute die das nicht mehr so gut können“ hofft die zukünftige Konfirmandin der evangelischen Kirchengemeinde Bickendorf. Oona denkt eher daran, Autos zu waschen, Daniel könnte sich vorstellen, Rasen zu mähen. Der Tatendrang der „Konfis“ der Evangelischen Kirchengemeinde Bickendorf kommt nicht von ungefähr: Fünf Euro pro Stunde kostet ihre Mithilfe bei allen Arbeiten, die altersgemäß sind und möglichst in einer Stunde erledigt werden können. Auf die Frage, warum sie das tun, antwortet Daniel, 13, zwar lässig „man hat ja sowieso nichts zu tun“ aber die Jugendlichen wissen, dass sie das verdiente Geld nicht in die eigene Tasche stecken werden sondern bei Pfarrerin Sybille Noack-Mündermann abliefern, die es weiterleitet auf das Spendenkonto der Aktion „Action! Kidz!“ der Kindernothilfe. Und das wollen die Konfis auch gar nicht anders haben.

Familienoberhaupt mit 14
Bericht vom anderen Ende der Erdkugel und aus einer anderen Welt: Basilio, 14, ist kaum älter als seine deutschen Altersgenossen, aber sein Leben könnte unterschiedlicher nicht sein. Yvonne hat zwar bereits ihr Taschengeld mit Hunde ausführen ausgebessert und ihre Freundin trägt Zeitungen aus, aber für ihren Lebensunterhalt arbeiten mussten die beiden noch nie. Basilio ist seit dem Tod des Vaters der Ernährer für seine Mutter und die jüngeren Geschwister. Das Geld zum Leben und das Schulgeld verdienen er und sein jüngerer Bruder in den Silberminen des „Cerro Rico“, des „reichen Bergs“ im bolivianischen Potosi. Sie sind, wie rund 6.500 Kinder und Jugendliche dort, Minenarbeiter in den jahrhundertealten Silberminen.
Basilio und seine Familie sind Protagonisten in dem Dokumentarfilm „Berg des Teufels“ („The Devil´s Miner“) von Kief Davidson und Richard Ladkani. Der 2005 fertig gestellte Film folgt Basilio und Bernardino mit der Kamera in die Minen, die Unterwelt – wo nach altem Aberglauben der Teufel regiert. Was die Kamera nicht zeigen kann: Die Einsturzgefahr in den kaum gesicherten Stollen, Temperaturen von über 40 Grad, Hunger und Müdigkeit, die mit dem Kauen von Coca-Blättern bekämpft werden. Nach einem Schnitt folgt eine vertrautere Szenerie: Basilio geht mit der Familie auf dem Markt einkaufen: Hemd, Hosen, Schuhe und Krawatte, denn ohne anständige Kleidung wird er nicht in die Schule gelassen. Basilios Vater starb mit 35 Jahren an der Bergarbeiterkrankheit Staublunge, Basilio versucht trotz harter Arbeit, zur Schule zu gehen um später mal aus den Minen herauszukommen.

Jobben für Kinderarbeiter
Noack-Mündermann will ihre Konfirmandinnen und Konfirmanden für die Themen „Armut“ und „Gerechtigkeit“ sensibilisieren. Den Jugendlichen, die sich an „Action! Kidz!“ beteiligen, zeigt sie den Dokumentarfilm zur Einstimmung, damit sie sehen, wo ihr verdientes Geld ankommt. In Potosi unterstützt die Kindernothilfe e.V. gemeinsam mit einer bolivianischen Partnerorganisation ein Hilfsprojekt in den Bergarbeitersiedlungen. Im Projektzentrum bekommen die Kinder Hausaufgabenhilfe, Unterstützung beim Schulbesuch und warme Mahlzeiten. Langfristig sollen Kleinkredite den Jugendlichen bei der Existzenzgründung helfen, damit sie sich wie Basilio den Wunsch erfüllen können, die Minen zu verlassen und auf andere Art ihr Geld zu verdienen. Aktuell berichtet die Kindernothilfe, dass sich die Lage der Minenarbeiter durch die Finanzkrise und die sinkenden Metallpreise dramatisch verschlechtert hat.

Tag gegen Kinderarbeit
Zur Teilnahme an „Action! Kidz!“ ruft die Kindernothilfe jährlich zum „Tag gegen Kinderarbeit“ am 12. Juni auf. Bundesweit beteiligen sich aktuell 115 Gruppen von Kindern und Jugendlichen am diesjährigen Projekt „Aktion! Kidz!“ um die Kinder in den Silberminen zu unterstützen. Die Evangelische Kirchengemeinde Bickendorf ist mit ihren künftigen Konfirmanden aus Vogelsang, Ossendorf und Bickendorf mit dabei. Wer in diesen Stadtgebieten im Oktober und November Jobs zu vergeben hat, kann sich bei Pfarrerin Sybille Noack-Mündermann unter Telefonnummer 0221/5306780 melden.
Weitere Informationen unter http://www.kindernothilfe.de/Action!Kidz

Text: Annette v. Czarnowski
Foto(s): Czarnowski