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Studio ECK - das aktuelle Studio in der Melanchthonakademie mit Hartmut Leyendecker.

Radio für Bürger von Bürgern – 30 Jahre „Studio ECK“

Seit 1992 gibt es den Förderverein Studio ECK e.V., das Studio Evangelischer Christen Kölns. Aufgabe ist es, evangelischen Gemeinden und Initiativen, gleichwie anderen interessierten Gruppen bei Planung und Fertigstellung von Radiosendungen für den Bürgerfunk mit Fachkräften und guter technischer Ausstattung tatkräftig auf den Sender zu helfen. 25 evangelische Gemeinden und Einrichtungen in und um Köln sind Mitglied beim Studio ECK e.V., das seinen Sitz mit eigenem Hörfunkstudio in der Melanchthon-Akademie in der Kölner Südstadt hat. Ein Stamm von 20 freien Radiojournalisten und -journalistinnen unterstützt interessierte Gruppen und Personen bei der Produktion. Ein Interview mit Armin Beuscher, Pfarrer Evangelische Kirchengemeinde Köln-Lindenthal, der von Anfang an dabei ist:

30 Jahre „Studio ECK“ – wie waren die Anfänge?

Armin Beuscher: Dem Lokalfunk in NRW wurde keine große Zukunft zugedacht und den Bürgerfunk hielten auch viele Medienleute für eine mutige, aber kaum langfristig umsetzbare Idee: Wie soll das gehen: Jede Bürgerin darf mit Ton und Stimme ins Radio? Zugegeben eine geniale Idee, wenn das Ziel ist Demokratie wirklich bis zu den Menschen hin durchzubuchstabieren. Alle können selbst Mitgestaltende werden. Doch wer bezahlt das Ganze? Das Zwei-Säulenmodell – so nur umgesetzt in NRW – war der Versuch: ein breit getragenes Radioprogramm und private Geldgeber unter einen Hut zu bekommen und dazu als Päckchen noch die Aufgabe, den Bürgerfunk zu integrieren. Aber wer bezahlt, will auch bestellen? Doch die gesellschaftlich relevanten Gruppen sind immer ein starkes Gegenüber gewesen, das hießt es ging und geht um eine gute Balance von Wirtschaftlichkeit und Qualität der Sender und wir als Bürgerfunker gehören mit dazu. Es war klar: das geht nur mit professioneller Begleitung. Wenn wir als Kirche mit auf Sendung gehen wollen, muss das Hand und Fuß haben. So wurde 1988 der „Ausschuss für Lokalfunk“ unter der Leitung des damaligen Stadtsuperintendenten Pfarrer Aubel gegründet. Seitdem bin ich dabei.

Armin Beuscher.

Was bedeutet das, 30 Jahre „Studio ECK“?

Armin Beuscher: Hörbarkeit, Nähe zu den Menschen und dezidiert Themen, die uns als Evangelische Christen und Christen beschäftigen, waren unsere Anliegen. Seit 1992 sind wir ein Förderverein mit Mitgliedern aus Gemeinden, Kirchenkreisen, dem Verband und Einzelmitgliedern und sind wir auf Sendung. Nach sieben Jahren haben wir eine CD produziert „7 Jahre unter Prokös“, ein Überblick über die ersten Jahre humorvoll moderiert vom Kirchenkabarett Klüngelbeutel. Es galt und gilt immer wieder die Gemeinde vor allem auf uns aufmerksam zu machen. Nach dem Motto: Hier könnt ihr von eurer tollen Arbeit und Projekten erzählen, hier gibt es professionelle Unterstützung und ihr kommt ins Radio, das heißt euer Anliegen wird hörbar und eure Mitarbeitenden und eure Arbeit gewürdigt.

Von wo aus haben Sie gesendet?

Armin Beuscher: Für viele Jahre hatte Studio ECK auch einen genialen Standort gefunden. Gemeinsam mit anderen Medienschaffenden wie Viva und Eins Live waren wir Mieter im MediaPark in den Räumen des KOMED. Kometenhaft waren auch die Anfänge, doch Medienwelten ändern sich schnell und Mietpreise auch, so dass wir nach Jahren wieder mit Studio und Büroraum dankbar zur Kartause zurückgekehrt sind. Mit dem Jugendprojekt „unerhört“ haben wir zusammen mit dem Jugendpfarramt und mit dem Schulreferat junge Menschen ans Radio gebracht. Es war Radioarbeit und pädagogische Arbeit, die uns bei der Gestaltung der Sendungen wichtig waren. Einige Jahre gab es den „Schwarzen Rohling“, den Oskar des Evangelischen Jugendradios. Mit immer neuen Ideen haben wir junge Menschen für das Radio und die Kirche interessiert und auch geschult. Auch in der Konfirmanden- und Konfirmandinnen-Arbeit waren über Zeiten hinweg Radioprojekte angesagt. Auf dem Kirchentag 2007 in Köln waren wir mit einem „gläsernen“ Studio im Messegelände präsent. Seit 2013 ist unser Büro in den Räumen der Melanchthonakademie, das Studio kam 2017 nach. Das erspart Wege und hohe Mietkosten.

Was hat sich im Laufe der Jahre verändert?

Armin Beuscher: Flexibel mussten wir sein – durch ständig neue oder wieder gestrichene Fördermaßnahmen. Auch der Lokalfunk an sich und mit ihm der Bürgerfunk waren immer wieder Spielball politischer Interessen. Es bedurfte immer größerer Anstrengungen auch auf Ebene der Veranstaltergemeinschaften – hier waren wir als Kirchen gut vertreten in die Politik hinein, um die Möglichkeiten des Lokalfunks zu kämpfen und dazu beizutragen, dass der Lokalfunk nicht abgesägt wird. Über einige Jahre haben wir auch geistliche Impulse-Kurzandachten mit Lokalbezug produziert und damit im Sendebereich von Radio Köln und Erft einen besonderen Akzent gesetzt. Leider hat sich aufgrund der Verschiebung von Sendeplätzen und fehlender Mittragender diese Sendeform nach Jahren nicht mehr gehalten. Umso mehr haben wir uns gefreut, dass wir ab Mitte 2012 abwechselnd mit der katholischen Kirche Beiträge für „Himmel und Erde“ mit lokalen Beiträgen aus dem Verband senden können. Hier sind die Kirchengemeinden und die Verbandspfarrstellen und ihre wunderbaren Angebote besonders im Fokus.

Wer ist im Team mit dabei?

Armin Beuscher: Über die Jahre waren es vor allem Leonore Kampe, Joachim Ziefle als Hauptamtliche und Hartmut Leyendecker als Ehrenamtlicher, die die Alltagsarbeit neben den engagierten Damen im Büro wie Frau Solbach, die sowohl von den Ideen her als auch mit dem Einsatz für die Technik uns immer wieder Impulse gegeben haben und Herz der Arbeit waren. Der ehrenamtlich immer qualifiziert besetzte Vorstand gibt den Rahmen und ein großes Team von freien Journalisten und Journalistinnen sorgen dafür, dass Sendezeiten und gute Inhalte umgesetzt werden. Und die Melanchthonakademie und der Verband vertreten durch Superintendent Markus Zimmermann geben den haltenden Rahmen.

Seit 1998 werden bei Studio ECK regelmäßig Projekte durchgeführt. Sie sind neben den laufenden Bürgerfunksendungen ein wesentlicher Bestandteil der pädagogischen und redaktionellen Arbeit. Welche Projekte sind Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben?

Armin Beuscher: Was uns lange sehr erfreut und die Arbeit geprägt hat, sind die Projekte mit jungen Menschen. Diese pädagogische Arbeit wurde über Jahre über Fördermittel der Landesrundfunkanstalt und über EU-Mittel ermöglicht. Unsere Radiowerkstatt hat bei vielen landesweiten Wettbewerben gerade mit den Jugendprojekten Preise gewonnen. In guten Jahren kamen jedes Jahr Anfragen von 40 neuen Jugendgruppen. Die jungen Menschen mit Medienkompetenz und ersten Erfahrungen im Bereich Journalismus auszustatten, war sehr erfolgreich. Berichte über das evangelische Köln und soziale Themen plus die pädagogische Arbeit, das waren goldene Jahre unserer Arbeit. Leider wurden die Fördermittel radikal gestrichen und es sind nur noch begrenzt Projekte mit Jugendgruppen und Schulklassen möglich, die sehr zeitintensiv sind und neben journalistischen Gaben auch pädagogische Kompetenzen erfordert.

Was hat sich in den 30 Jahren technisch verändert?

Armin Beuscher: Die Technik wurde immer in mehreren Wellen modernisiert. Gestartet sind wir mit einem gebrauchten Mischpult einer Rundfunkanstalt im Keller des alten Verbandsgebäudes und bekamen dann ein neues Mischpult nach Umzug in den Media Park. Der Einzug der Digitaltechnik war 1996 mit einem ersten Schnittsystem. Insbesondere die Reportage-Geräte haben sich von semiprofessionellen Kassettenrecordern über MD Recorder zu voll digitalen und leicht transportablen Geräten weiterentwickelt. Früher wurden diese Geräte von Studio ECK an die Autoren und Autorinnen und Gruppen verliehen. Heute haben fast alle Autoren und Autorinnen ein eigenes Gerät. 2012 wurde das stark beanspruchte Mischpult durch ein neues, immer noch analoges und einfacher zu bedienendes Gerät ersetzt. Gleichzeitig wurden Bandmaschine und Plattenspieler pensioniert. Alle Produktionen wurden nun auf CD statt auf Band an die Sender geliefert. Heute erfolgt die Übermittlung per Download. Im Jahr 2017 – mit dem Umzug in die Melanchthon-Akademie – wurde eine geeignete Akustik-Kabine aufgebaut, dadurch gab es keine Trennung von Sprecherraum und Technik. Während der Corona-Einschränkungen wurden Beiträge, Moderation und teilweise die Technik in die Wohnungen verlagert, um sich nicht zu begegnen.

Und die Hörgewohnheiten?

Armin Beuscher: Die Freude am Radio und am kreativen Gestalten ist auch bei der jungen Generation noch da. Die Hörgewohnheiten haben sich sicher verändert. Wir haben seit langer Zeit schon das Angebot, über Podcast die Sendungen sendeunabhängig zu hören. Die Einschaltquoten unserer Sendungen werden von den großen Umfragen zum Radioverhalten (z.B. die EMA-Elektronische Medien Analyse) nur bedingt erfasst. Verändert haben sich die Fördertöpfe mehr als die Vorhersagen, das Radio werde bald ein Ladenhüter werden.

Sie haben Podcasts u.a. zu den Themen Ehrenamt, Kölner Veedel, Dialog der Generationen, Corona, Nachhaltigkeit und Umwelt, Ruhestand, Barrierefreiheit und Geflüchtete. Ein Schwerpunkt bei Ihren Podcasts war „Kirchbau im Wandel der Zeit“. Was macht gerade dieses Thema so aktuell?

Armin Beuscher: Auf unserer Homepage sind eine Vielzahl von Podcasts zu finden und zu hören. Dass in diesem Jahr das Thema Kirchbau in den Vordergrund gerückt ist, ist dem Kirchbautag im September in Köln geschuldet. Für einige Tage war Köln das Zentrum für alle, die sich mit den Themen Kirchen und Bauen, Architektur und Kunst, Nutzungen und Veränderungen beschäftigen. Hier sind dann die Kirchen in unserem Kirchenverband in den Fokus gekommen, die neue Wege gegangen sind und gar den Mut zu Neubauten hatten. So kamen die Stephanuskirche in Riehl oder die Christuskirche im Belgischen Viertel und nicht zuletzt der Neubau eines Gemeindezentrums in Köln-Weidenpesch in den Blick. Auch der Kirchneubau in Overath oder das Antoniterquartier sind hier zu nennen. All diesen Projekten ist gemeinsam, dass sie einen Schritt in die Zukunft wagen und ein Zeichen setzen für die sich verändernde zugleich bleibende Präsenz von Kirche unter den Menschen. Daneben gibt es weiterhin die Notwendigkeit Kirchen umzuwandeln oder aufzugeben oder gemeinsam mit anderen zu nutzen. Mit den Beispielen machen wir deutlich: Kirche verändert sich und setzt Akzente für einen Weg in die Zukunft.

Bürgerfunk

Seit es den Lokalen Rundfunk in NRW gibt (1990) bietet sich auch Bürgerinnen und Bürgern ein Forum für die Verbreitung von Neuigkeiten und die Diskussion von Ideen: der „Bürgerfunk“. Hier haben, so will es das Gesetz, die „gesellschaftlich relevanten Gruppen“ das Wort – Radio als unterhaltendes und informatives Medium, um Erfahrungen mit anderen Menschen zu teilen.

45 lokale Radiostationen strahlen derzeit in Nordrhein-Westfalen ihre Programme aus. Jede dieser Stationen ist laut Landesmediengesetz dazu verpflichtet, Sendezeit als freie Sendefläche für selbstproduzierte Programmbeiträge von Bürgergruppen bereitzustellen. Die Gruppen sind für Form und Inhalt ihrer Sendungen selbst verantwortlich. Mit der Integration eines offenen und zugangsfreien Programms in ein professionelles Medium wie dem Lokalradio ist der Bürgerfunk ein einzigartiges Modell für die Bürgerbeteiligung an Medien in der Bundesrepublik.

Da Einzelpersonen und kleine Gruppen nur eine geringe Chance haben, selbst eine Sendung zu produzieren und auf den Sender zu bringen, gibt es Fördervereine bzw. Radiowerkstätten, die dabei helfen. Zu ihnen gehört Studio ECK e. V.

Studio ECK ist seit 2017 Mitglied im Landesverband Bürgermedien (damals noch Landesverband Bürgerfunk) NRW.

www.studioeck.de

Direkter Link zu den Podcasts mit u.a. „Kirchbau im Wandel der Zeit“

www.studioeck.de/index.php/podcast

Text: Frauke Komander/APK
Foto(s): Daniel Storck/Studio Eck