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Prot’s-Sitzung 2005: Die Kölner Krisenkonferenz

Die Krise hat Köln voll im Griff. Davon lässt sich der Kölsche natürlich nicht beeindrucken und organisiert erst mal eine Karnevalssitzung. Und was dem Kölschen recht ist, ist den Protestenten schon lange billig. Zur „Kölner Krisen-Konferenz“, vormals „Prots-Sitzung“, luden evangelische „Scherzkekse“ – Pfarrerinnen, Pfarrer und Ehrenamtliche – und das Kirchenkabarett „Klüngelbeutel“ in die restlos ausverkaufte Auferstehungskirche „im herrlich verkommenen Bocklemünd“, wie Sitzungspräsident Otmar Baumberger, Pfarrer in der Dellbrücker Christuskirche , zu Beginn anmerkte. Bereits zum fünften Mal in zehn Jahren bekamen wieder Stadt- und Kirchenobere ihr Fett weg. Die Krise in Köln zeigt sich laut Baumberger aber nicht nur in den gescheiterten Bewerbungen zur Olympia- und Kulturhauptstadt. Auch der evangelischen Kirche geht es nicht besonders, wie ein unbekannter Protestant erfahren musste, der bei einer Publikumsbefragung in die „Fänge“ von Gundi Schmidt, Mitglied des Sitzungspräsidiums, geriet. „Ach, Sie sind Protestant. Na wenn das keine Krise ist. Ist Ihre Kirche schon verkauft? Wissen Sie nicht? Wohl länger nicht mehr da gewesen.“ Baumberger konnte das Publikum für den Premierenabend beruhigen: „Für heute hat der Immobilienmakler in der Auferstehungskirche keinen Besichtigungstermin vorgesehen.“


Die Vogelsang Noise Connection, Hausband der Protssitzung beim rythmischen Fegen

Die Vogelsang Noise Connection, Hausband der Protssitzung beim rhythmischen Fegen


Die Kopftuch-Diskussion geriet dem „Klüngelbeutel“-Ensemble – Jutta, Ulrike, Friedrich und Wolfram Behmenburg – zu einer kabarettistischen Betrachtung über Geschichte und Gegenwart der Kopfbedeckungen in Deutschland. Gelächter erntete der „Verfassungsrichter“ mit rotem Mützchen, der das Kopftuch in Schulen ablehnte, weil Kopfbedeckungen bei der Ausübung öffentlicher Ämter unzulässig seien. „Und was ist eigentlich, wenn der Kardinal eine Schule besucht?“
Auf der Suche nach dem Leitbild für die evangelischen Gemeinden machten sich Polly und Esther (Gundi Schmidt und Dorothee Schaper), die „Königinnen des Ehrenamtes“. Das Leitbild selbst war zwar noch strittig, aber immerhin hatten die beiden schon mal einen Rahmen von der „Leitbildstelle des Stadtkirchenverbandes“ besorgt. Das Bild „Nachtschwärmer“ von Edward Hopper, auf dem einige Menschen in einer trostlosen Kneipe zu sehen sind, wurde abgelehnt, auch wenn es Polly und Esther stark an eine Presbyteriumssitzung erinnerte. Auch die Mona Lisa, die mit ihrem unergründlichen Lächeln jeder Krise trotze, wurde verworfen. Am Ende schauten die „Königinnen des Ehrenamtes“ durch den Rahmen ins Publikum. „Das ist doch nun wirklich mal ein Leitbild!“

Sondersitzung zum Weltjugendtag
Zu einer Sondersitzung zum Weltjugendtag traf sich der Vorstand des „Diakonievereins Friedhofsgemüse“. Dabei trat jedoch der Anlass eher in den Hintergrund, da der Altersdiskriminierungsbeauftrage (Friedrich Behmenburg in einer Glanzrolle) wieder auf zahlreiche, besonders schwere Fälle „sogar in der Kirche“ hinweisen musste. So habe etwa die Gemeinde Köngsdorf im vergangenen Jahr zum „Erntedank mit Seniorenessen“ eingeladen. Ungeheuerlich. Dabei sei ja sogar der liebe Gott nicht mehr der Jüngste. Schließlich habe der auch zwei Testamente gemacht. „Ob der wohl vergessen hat, was im ersten steht?“


Geld sparen durch Kircheneintritt?
Riesenbeifall erntete auch die Nummer mit Christoph aus der „Sendung mit der Maus“, der sich sonntags in einer Kneipe betrinkt, sich anschließend an der Wand einer evangelischen Kirche erleichtert und schließlich in den Gottesdienst gerät. Dort wird er in nicht mehr ganz zurechnungsfähigem Zustand zum Eintritt in Kirche genötigt, trinkt aber den Abendmahlskelch mit Wein bis zum letzten Zug aus. Geld gespart und weiter betrunken. Doch die Freude währt nur kurz, denn das gesparte Geld muss sofort in den Klingelbeutel wandern.


Bei 450 Besucherinnen und Besuchern blieb auch bei der fünften Auflage der „Prots-Sitzung“ kein Auge trocken. Der stürmische Applaus war der gerechte Lohn für die ausgezeichneten Darbietungen. Die Eintrittskarten waren schon lange vorher restlos verkauft. Der Erlös der Sitzungen – man rechnet mit rund 20.000 Euro – gehen an die Jugendarbeit der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Bickendorf.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann