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Protestantisches Leben am Königsforst: „50 Jahre Versöhnungskirche“ wurden in einem dreitägigen Fest in Köln-Rath gefeiert

Idyllisch in einer ruhigen Wohnsiedlung gelegen steht seit 50 Jahren die evangelische Versöhnungskirche, ein schlichter, zeltartiger Bau mit Glockenturm, Gemeindezentrum und Kindertagesstätte. Am 16. Mai 1959 wurde der Grundstein gelegt, acht Monate später, am 31. Januar wurde das neue Gotteshaus eingeweiht. Mit einem dreitägigen Fest feierten die protestantischen Christinnen und Christen in Rath-Heumar das Jubiläum ihrer Kirche.

Kleiner Betsaal war der Anfang
Am Rande Kölns, direkt neben dem mächtigen Königsforst, verlief das protestantische Leben in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts eher bescheiden. „In meiner Zeit in der Volksschule waren wir drei protestantische Kinder in der Klasse“, erinnert sich der 1934 geborene Klaus Weißhaar. Die Evangelen in Köln-Rath gehörten damals zur Evangelischen Gemeinde Kalk, die aus Heumar wurden von der Evangelischen Gemeinde Porz betreut. Für die Rather stand an der Wodanstraße 47 ein Betsaal in einem Wohnhaus zur Verfügung. 90 bis 100 Personen fanden hier Platz. Bei größeren Veranstaltungen, wie zum Beispiel Konfirmationen, wurde oft auch ins Gustav-Adolf-Haus in Humboldt-Gremberg ausgewichen. „Wir waren 1948 die letzten, die im Gustav-Adolf-Haus konfirmiert worden sind“, so Weißhaar. Danach wurde nur noch der Betsaal genutzt, der aber schon bald den Bedürfnissen der wachsenden Gemeinde nicht mehr gerecht wurde.

Seit 1957 eigenständige Gemeinde
1950 kam der Gemeindebezirk aus Heumar zurück zur Kalker Gemeinde. Die Gemeindeglieder wurden von Rath aus betreut. Dazu kamen ein großer Zuzug von Flüchtlingen aus den früheren deutschen Ostgebieten sowie viele Menschen, die Arbeit suchten. Die Zahl der Protestantinnen und Protestanten im Stadtteil wuchs schnell auf 3000 und mehr an. Ähnlich verlief die Entwicklung in den anderen Bezirken der Gemeinde Kalk. Hinzu kamen Spannungen und Auseinandersetzungen in der Frage der Abendmahlspraxis, die Kluft zwischen unierten und reformierten Protestantinnen und Protestanten wurde immer größer. Am 1. Oktober 1957 wurden dann aus der großen Evangelischen Gemeinde Kalk die vier eigenständigen Kirchengemeinden Köln-Kalk, Köln-Kalk-Humboldt, Köln-Höhenberg-Vingst und Köln-Rath-Ostheim. Die evangelischen Christinnen und Christen am Königsforst waren jetzt eigenständig.

Fehlende Gelder bremsten den Elan immer wieder aus
Der Ruf nach einer eigenen Kirche, der schon vorher zu vernehmen war, wurde jetzt natürlich noch lauter. Pfarrer Herbert Noelle unternahm mehrere Vorstöße, das Kirchbauprojekt voranzutreiben, doch der Elan der Gemeinde wurde durch fehlende Gelder immer wieder ausgebremst. Klaus Weißhaupt war zu der Zeit schon Mitglied im Presbyterium. „Es war nicht leicht, das Geld für eine neue Kirche zusammenzubekommen.“ Es dauerte bis Februar 1958, bevor vom Landeskirchenamt eine Zusage für eine Beihilfe in Höhe von 30.000 DM kam. 8500 DM brachte die Gemeinde selbst auf, 13.500 DM sammelte der Kirchbauverein, und ein Darlehen über 171.500 DM komplettierte dann den Finanzbedarf von 223,500 DM für den Neubau. Das Grundstück für den Neubau lag an der Erlöserkirchstraße, nur einen Steinwurf von der wenige Jahre zuvor errichteten katholischen Kirche Zum göttlichen Erlöser entfernt. Nach der Einweihung im Januar 1960 waren Klaus und Helga Weißhaar das zweite Brautpaar, das sich in der Versöhnungskirche trauen ließ. 1970 errichtete die Gemeinde den Kindergarten, und 1979 wurde mit dem Anbau eines Gemeindezentrums das bauliche Ensemble der Gemeinde am Königsforst vollendet.

Ökumene ist fest etabliert
Die neue Kirche brachte natürlich einen „Schub für das Gemeindeleben“, so Klaus Weißhaar. 2250 Protestantinnen und Protestanten leben heute im Bezirk Rath-Heumar, rund 3800 Gemeindeglieder sind es in der Gesamtgemeinde Köln-Rath-Ostheim, so Pfarrer Gerhard Wenzel. Nicht nur aufgrund der räumlichen Nähe waren die Kontakte zwischen der evangelischen und der katholischen Gemeinde schon immer sehr ausgeprägt. Wenzel, seit sieben Jahren Pfarrer in Rath-Heumar, hat sie noch einmal intensiviert. So gibt es seit einigen Jahren einen ökumenischen Gottesdienst zum Auftakt des Musikfestes Rath-Heumar, den Wenzel zusammen mit seinem katholischen Kollegen Klaus Hold hält. „Da haben wir jedes Mal einen großen Zuspruch“, freut sich der Pfarrer über das starke Interesse. Auch einen ökumenischen Tauerinnerungsgottesdienst oder ökumenische Gottesdienste zu Epiphanias und am Buß- und Bettag sind mittlerweile fest etabliert. Die räumliche Nähe führte allerdings auch schon zu einigen Verwirrungen: „Bei einer Hochzeit vor einiger Zeit war alles da und wartete, lediglich der Blumenschmuck am Altar fehlte. Nach einigen Telefonaten erfuhr ich dann, dass der in die katholische Kirche geliefert worden war, wo zur selben Zeit eine taufe stattfand“, schmunzelte Pfarrer Wenzel.

Kabarett, Lagerfeuer und viel Musik
Drei Tage lang feierte die Gemeinde das Jubiläum der Versöhnungskirche. Zum Auftakt fand im Gemeindezentrum eine große Party statt, einen Tagt später begeisterte der Kabarettist Martin Funda die Zuhörerinnen und Zuhörer mit seinem Programm „Unglaublich“. Danach versammelte sich Jung und Alt am Lagerfeuer und sang gemeinsam Lieder. Der abschließende Festtag begann mit einem Festgottesdienst, anschließend verfolgten mehrere hundert Besucherinnen und Besucher ein abwechslungsreiches Programm mit Bildvorträgen zur Geschichte der Versöhnungskirche und der Gemeinde, es gab jede Menge Spiele für Kinder und eine Führung durch den Kindergarten. Für musikalische Unterhaltung sorgten mehrere Chöre, Christian Collum an der Orgel, die Sängerin Charlotte Rettig sowie die Afghanische Hindu-Gemeinde und die afrikanische „Christian Church Outreach Mission“.

Text: Jörg Fleischer
Foto(s): Jörg Fleischer