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„Protestantisch ist auch mal lustig ohne Anspruch“

Die Meldung des Tages gab’s in der Protssitzung exklusiv. Benedikt XVI. tritt zurück. Der Nachfolger ist auch schon bekannt: Krake Paul. Der achtarmige Tintenfisch hat im vergangenen Sommer acht Mal den Ausgang von WM-Spielen vorhergesagt. Er lag in acht von acht getippten Spielen richtig. Und während der Papst auf den Glauben an die unumstößliche, für alle Zeiten wahre kirchliche Lehrmeinung angewiesen ist, kommt Pauls Unfehlbarkeit ganz undogmatisch daher. Die zumindest war ja für jedermann unbezweifelbar offensichtlich. Wolfram Behmenburg und seine Frau Ulrike begeisterten mit dieser Nummer bei der an allen Abenden komplett ausverkauften Prot’s-Sitzung in der Auferstehungskirche Bocklemünd, der evangelischen Karnevalssitzung von Kölner Pfarrerinnen, Pfarrern und anderen selbst ernannten „Scherzkeksen“ aus dem kölschen Protestantismus. Paul ist laut den Behmenburgs übrigens nicht letztes Jahr gestorben. Er wurde in ein Zisterzienser-Kloster entführt und wird quicklebendig auf seine große Aufgabe vorbereitet.

Spiritualität plus Fitness gibt Spritness
Vorbereiten sollten sich die Gläubigen auf die neuen „Spritness“-Gottesdienste, die die Behmenburgs vorstellten. „Spritness“ ist eine Mischung aus Spiritualität und Fitness. Zu Beginn werden Handtücher verteilt. Dann wird die Praxisgebühr eingesammelt, denn die „Spritness“-Gottesdienste werden ja von den Krankenkassen anerkannt. Man bekommt sie auch auf Rezept. Anschließend beginnt die Step-Aerobic auf einem überdimensionalen Gesangbuch. Und beim Abendmahl gibt es statt Brot und Wein Müsli-Riegel und ein isotonisches Getränk. „Wir haben ein päpstliches Gutachten eingeholt“, wusste Behmenburg aus dem Vatikan zu berichten: „Aus deren Sicht wird ein evangelisches Abendmahl durch Riegel und isotonisches Getränk nicht ungültiger.“ Zum Ende des „Spritness“-Gottesdienstes zeigten die Gläubigen eine „figürliche Umsetzung des Schluss-Segens“ mit Anleihen aus der berühmten Laokoon-Gruppe.
Zwei kölsche Ratten freuen sich schon wie jeck auf den Fasteleer. „Dann gibt es Freibier aus all den weggeworfenen Dosen, und Essen umsonst, weil an jeder Ecke einer kotzt. Ich gehe ja immer zum Fischmarkt. Da sind nur Jugendliche. Die vertragen nichts und kotzen schneller“, erinnerte sich eine Ratte aus ihre letztjährigen Erfahrungen. Ihr Kollege freute sich über das „pfotenfreundliche Glasverbot“ an bestimmten Stellen der Stadt.

Zwei kölsche Ratten....

Die Zukunft der Zwei-Euro-Münze
Mit zwei Nummern begeisterte der Südstadtchor, der mittlerweile festes Mitglied im Prot’s-Sitzungs-Ensemble ist. Lieder über die Integration und den Schönheitswahn unter der Leitung von Kantor Thomas Frerichs wurden von den Gästen lautstark bejubelt.
Esther, normalerweise mit Polly als zwei Frauen aus einer evangelischen Gemeinde eine sichere Bank für jede Menge Lacher, stand diesmal allein auf der Bühne. Polly war nämlich schon in Berlin. Einmal jährlich treffen Esther und Polly die Kanzlerin zum Gedankenaustausch im Kanzlerinnenamt. Und da kommt dann „unter uns Pastorentöchtern“ alles auf den Tisch. Hartz IV, Afghanistan und natürlich die Zwei-Euro-Münze mit dem Dom. Die stößt bei Esther auf keinerlei Begeisterung: „Diese Kirche ist ein Symbol für die katholisch-patriarchale Männermacht: DER Dom.“ Wieviel netter wäre doch „DIE Moschee“ oder „DIE Pappnas“ als Wahrzeichen für Köln auf der Münze.

Pfarrer Wolfram Behmenburg, evangelisch, als Kardinal Meisner. Mit Jeus.

Kardinal Meisner und die wundertätige germanische Landplage
Natürlich spielte unvermeidbar Jochen Kardinal Meisner, wie immer dargestellt von Wolfram Behmenburg, wieder mit. Diesmal erschien ihm Jesus als Handpuppe, der sehr zu Meisners Freude die Protestanten als „germanische Landplage“ bezeichnete. Doch der Jubel des Kardinals wurde schnell unterbrochen. „Die germanische Landplage, die wir uns oben damals ausgedacht haben, um die römischen Katholiken zum Christentum zu bekehren. Zum Schluss hatte Jesus mal wieder das Unmögliche möglich gemacht. Meisner bekannte sich zum Protestantismus.

Reisebüro ins Jenseits
Pfarrer Heribert Rösner brillierte in einer an manchen Stellen bitterbösen Nummer. „Hallo, hier ist das freundliche Reisebüro ins Jenseits. Mein Name ist Hein. Was kann ich für Sie tun?“, flötete er seinen Anrufern entgegen. Ob der Weg ins Jenseits „schlimm“ sei, wollte ein Kunde wissen. „Nein“, wusste Rösner: „Wer den ganzen Tag mit Bier und Chips auf dem Sofa liegt und RTL 2 guckt, wird den Übergang praktisch gar nicht bemerken.“ Schwieriger waren da schon die Verhandlungen mit Osama bin Laden. Es gebe Probleme mit den 77 Jungfrauen pro Reiseteilnehmer, erklärte Rösner als Reiseveranstalter. „Sie buchen seit Jahren pro Woche ein bis zwei Reisegruppen. Da können Sie wohl nicht Bedingungen erwarten wie zu Mohammeds Zeiten“, wurde dem Terroristenchef beschieden. Nicht weniger kompliziert gestaltete sich der Kontakt zu einem Anrufer aus dem Düsseldorfer Landeskirchenamt. Dort kann man sich eigentlich die Reise nicht mehr leisten. Rösner schlug die Himmelsleiter seines Reisebüros vor. „Was das ist? So was Ähnliches wie die Takelage auf der Gorch Fock.“ Um Geld zu sparen, könnten die Protestanten in der Vorhölle untergebracht werden. Die hätten die Katholiken ja gerade aufgegeben. „Wenn alle Sparziele auf Erden umgesetzt sind, wird den Evangelischen die Vorhölle vorkommen wie das Paradies.“

Von Anfang an bei den Prot's-Sitzungen mit dabei: das Beffchen-Ballett.

Dann stand der traditionelle Höhe- und Schlusspunkt einer jeglichen Prot’s-Sitzung an. Der Tanz der „Beffchen-Funken“. In diesem Jahr zu „Hamma“ von Culcha Candela: Jubel und Trubel – protestantisch ist auch mal lustig ohne Anspruch.


Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Rahmann