You are currently viewing Protestanten engagieren sich in der Willkommensinitiative „Willkommen in Brück“

Protestanten engagieren sich in der Willkommensinitiative „Willkommen in Brück“

„Als wir 2014 erfuhren, dass die Stadt eine Flüchtlingsunterkunft für 80 Flüchtlinge in unserem Stadtteil plant, haben wir zusammen mit der katholischen Gemeinde schnell reagiert und die Bürgerinnen und Bürger von Brück und Neubrück zu einem Treffen eingeladen. Denn allen war klar, dass jetzt auch unser Engagement gefragt ist“, erinnert sich die Pfarrerin der Evangelischen Kirchengemeinde Brück-Merheim, Wilma Falk-van-Rees.

Es folgte ein zweites Treffen, und inzwischen ist aus einer E-Mail-Liste, die zum gegenseitigem Austausch von Informationen dienen sollte, die Willkommensinitiative „Willkommen in Brück“ mit aktuell rund 180 Personen geworden. Dazu gehören Anwohner und Anwohnerinnen der Stadteile Brück, Neubrück und Merheim sowie interessierte Kölner und Kölnerinnen, die sich aktiv engagieren oder einfach über den Fortschritt des Projektes auf dem Laufenden gehalten werden wollen.

Direkte Hilfe durch gute Vernetzung möglich
„Es gibt einen Koordinationskreis, dem wir auch angehören“, erzählt die Pfarrerin, denn die vielen Aktivitäten der Initiative sowie die Kommunikation nach innen und außen müssten organisiert werden. Damit dies gut funktioniert, haben sich mehrere Untergruppen mit unterschiedlichen Schwerpunkten wie Öffentlichkeitsarbeit, Spenden, Begleitung zu Ämtern, Freizeit, Lernen, medizinische und psychologische Versorgung gebildet. Die Vernetzung untereinander sei sehr gut, man kenne sich und wisse sofort, wen man zu welchem Anliegen ansprechen könne, so dass eine direkte Hilfe möglich sei, so Falk-van-Rees.

Evangelische Gemeinde richtete Spendenkonto ein
Die Protestanten in Köln-Brück und Köln-Merheim bringen sich in vielen Bereichen ein, wenn es darum geht, den neuen Bewohnerinnen und Bewohnern ihres Stadtteils zu helfen, in ihrer neuen Umgebung Fuß zu fassen. Viele Gemeindeglieder arbeiten ehrenamtlich in unterschiedlichen Arbeitsgruppen mit. „Wir unterstützen, wo wir können. Zum Beispiel hat unsere Gemeinde ein Spendenkonto eingerichtet, weil die Willkommensinitiative nicht als gemeinnützig gilt und deshalb keine Geldspenden entgegennehmen darf“, sagt die Pfarrerin. Aber auch Gemeinderäume würden für Gruppen zur Verfügung gestellt und Sachspenden an die entsprechenden Verteilstellen wie Kleiderkammern oder Möbellager vermittelt, bzw. direkt an die Flüchtlinge weitergeleitet.

Große Akzeptanz, aber auch Ängste
Natürlich gebe es neben dem großen Engagement und der Willkommenskultur auch viele Gegenstimmen und Ängste in der Bevölkerung. „Wir sind da ständig im Gespräch. Wenn 85 alleinstehende Männer direkt neben einem Neubaugebiet mit Familien mit Kindern einziehen, gibt es auch kritische Stimmen, obwohl bis jetzt nichts passiert ist“, schildert Falk-van-Rees die Reaktionen auf die Unterbringung von Flüchtlingen in einem ehemaligen Sporthotel in der Flehburg. Aber bei den meisten erlebe sie eine große Akzeptanz und Unterstützungsbereitschaft, den neuen Nachbarn vor allem bei ihren Alltagsproblemen wie Behördengänge oder Arztbesuche zu helfen und mit ihnen in Kontakt zu kommen. So sei es mittlerweile schon zu einer “kleinen Tradition” geworden, dass sich die Heimbewohner, Initiativemitglieder sowie interessierte Mitbürger und -bürgerinnen jeden Sonntag zum “Tag der offenen Tür” im Gemeinschaftsraum des Wohnheims in der Flehburg treffen, wo neben vielen Gesprächen und Austausch auch gemeinsam Musik gemacht wird, oder, wie kürzlich mit Gästen des ESN (Erasmus Student Network), Fußball gespielt wird. Für den Sommer ist bereits ein großes Willkommensfest auf dem Brücker Marktplatz geplant.

Drittes Flüchtlingsheim in Brück geplant
„Die Stadt Köln tut was sie kann, um den Menschen zu helfen. Aber oft reicht das nicht. In der Flehburg arbeitet eine junge Sozialarbeiterin zwei Stunden pro Woche. Das ist natürlich viel zu wenig“, schildert Falk-van-Rees die Situation vor Ort. Noch in diesem Jahr werde wohl die Zahl der Flüchtlinge in Brück von 80 auf 300 steigen, wenn ein von der Stadt Köln geplantes drittes Flüchtlingshaus in Brück bezogen werden sollte, berichtet Falk-van-Rees. Da sei es gut zu wissen, dass sich viele Menschen in Brück Gedanken machen, wie man die Bewohnerinnen und Bewohner in den Flüchtlingsunterkünften noch besser integrieren könne. So bot kürzlich ein örtlicher Verein vier Plätze im Tischtennis-Sport an. Weitere Unterstützung ist erwünscht und kann über die Homepage von „Willkommen in Brück“ vermittelt werden.

Text: Susanne Hermanns
Foto(s): Irene Fischer