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Professorin Dr. Ute Gause sprach über Leben, Wirken und Rezeption der „Lutherin“

Einen 40-Personen-Haushalt versorgen, ein Kloster zum Wohnhaus umbauen, ein Internat betreiben, Bier brauen, dabei alles selbst organisieren und finanzieren: Das waren nur einige der vielen Aufgaben von Katharina Luther, über deren außergewöhnliche Lebensgeschichte kürzlich in der Kölner Antoniterkirche berichtet und diskutiert wurde. Zu dem Vortrag hatte der „Arbeitskreis Evangelischer Unternehmer“ eingeladen.

Mit großem Fleiß und Geschick führte Katharina über 20 Jahre lang den Haushalt des großen Reformators und wurde so zum Vorbild für Generationen von Ehefrauen. Doch kann man sie wirklich als „die erste evangelische Unternehmerin“ bezeichnen? Ganz so weit will Ute Gause, Inhaberin des Lehrstuhls für Kirchengeschichte (Reformationsgeschichte und Neuere Kirchengeschichte) an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum, nicht gehen. Jedoch: Innerhalb der Grenzen, die Frauen im 16. Jahrhundert gesetzt waren (sie waren im Geschäftsleben stets abhängig von einem männlichen Vormund), nutzte sie ihre Spielräume geschickt und sehr erfolgreich aus.

Das mittelständische Familienunternehmen Luther
Und das musste sie auch: Neben sechs eigenen Kindern hatte sie eine ganze Rasselbande von Neffen und Nichten zu versorgen, dazu Angestellte, Internatsstudenten und Luthers zahlreiche ranghohe Tischgäste. Und was die Finanzierung anging, war auf Martin nicht hoffen, so Gause. Der veröffentlichte, ganz Idealist, ohne Honorar, und wurde lediglich für seine Universitätsprofessur in Geld und Naturalien entlohnt. Doch die „Familienunternehmerin“ investierte in Ländereien, verkaufte Bier aus eigener Herstellung und vermietete die ehemaligen Mönchszellen des ehemaligen Augistinerklosters, das die Luthers nunmehr als Familie bewohnten, an Studenten, die in der Universitätsstadt Wittenberg gern im Hause des berühmten Theologen wohnten. Durch Küchengärten, Brauerei und Tierhaltung sicherte sie sich ihre Unabhängigkeit von den Marktverhältnissen und pflegte, das zeigen erhaltene Haushaltsbücher, einen hohen Lebensstandard.

Zwölf Nonnen auf der Flucht
Dabei hätte im Leben der Katharina von Bora eigentlich alles ganz anders kommen sollen: 1499 in der Nähe von Leipzig geboren, wird sie schon als Kind nach dem frühen Tod der Mutter in die Isolation eines Zisterzienserklosters geschickt, wo sie 1415 ihre Gelübde ablegt. Doch die Unruhen der Reformation dringen auch durch die dicken Klostermauern, die Begeisterung für die Lehren Luthers wächst, und in der Osternacht 1523 lässt sich Katharina mit elf weiteren Nonnen aus dem Kloster schmuggeln – ein Unterfangen, das für die Frauen wie auch ihren Helfer mit dem Tod bestraft werden konnte. Schließlich bei Luther in Wittenberg angekommen, erweist sich die Adelige als „schwer vermittelbar“: Um ihrer Versorgung willen soll sie heiraten, doch sowohl ihr Status als geflüchtete Nonne als auch ihr eigener Anspruch an die Heiratskandidaten verhindern die Eheschließung. Schließlich macht Luther aus der Not eine Tugend und heiratet die letzte seiner Klosterflüchtlinge im Jahr 1525.

„KKK – Kinder, Küche, Kirche“
Die Heirat war inzwischen zu einem häufigen Bekenntnis evangelischer Pastoren zu ihrem neuen Glauben geworden, dennoch kritisiert Luthers enger Freund Philipp Melanchthon dessen Ehe, aus deren anfangs reinem Pragmatismus über die Jahre eine innige Zuneigung erwuchs, als „Resultat weiblicher Verführungskünste“. Luther jedoch dient das Familienleben als Inspiration und Mittler zwischen Theologie und Weltlichkeit. Es entsteht das für Jahrhunderte prägende Bild der protestantischen Idealfamilie, dessen Zentrum Luthers Verständnis der Ehe als Form des Gottesdienstes bildet. Ein Bild, das in Zeiten wachsender Frauenemanzipation immer stärkeren Gegenwind bekam und Luther den Vorwurf der Domestizierung der Frau durch ihre Beschränkung auf „Kinder, Küche, Kirche“ einbringt. Auch Katharina Luther lebte mitnichten als theologische Mitarbeiterin, sondern als Haushälterin ihres Mannes – das allerdings mit großem Erfolg, der ihr Luthers Lob und eine bis heute andauernde Bekanntheit erwarb.

Der Arbeitskreis Evangelischer Unternehmer
Diese Erfolgsgeschichte war das passende Sujet für die Regionale Arbeitsgruppe Köln-Bonn-Leverkusen des Arbeitskreises Evangelischer Unternehmer. Einmal im Monat treffen sich hier, besser gesagt: im angegliederten Café Stanton, Mitglieder und Freunde des Netzwerks protestantischer Unternehmer, Manager und Führungskräfte. Dabei versteht sich die Initiative als Verbindung zwischen Unternehmern, die christlich-verantwortlich wirtschaften wollen, aber auch als institutioneller Gesprächspartner der Kirchen. Zum kommenden Tischgespräch am Mittwoch, dem 6. Mai 2015, 18 Uhr, sind alle Interessierten herzlich willkommen.

Text: Kristina Pott
Foto(s): Kristina Pott