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Preisträger der Georg-Fritze-Gedächtnisgabe in Köln angekommen: Besuch aus Honduras sicher gelandet!

„Als ich erfahren habe, dass ich nach Deutschland eingeladen bin, haben mein Mann und mein Sohn zweimal gebetet. Das erste Gebet: Lieber Gott, hoffentlich fährt sie nicht. Das zweite Gebet: Herr, wir folgen Deinem Willen.“ – Das erste Gebet wurde nicht erhört. Sie ist gefahren und „sehr glücklich, dieses schöne Land besuchen zu können“. Karla Rosario Erazo Vasquez wird stellvertretend für ihre Organisation am Freitag im Haus der Evangelischen Kirche die Georg-Fritze-Gedächtnisgabe entgegen nehmen. Vorab zog sie bei ihrem Kurzvortrag im Tersteegenhaus die Zuhörerinnen und Zuhörer am Dienstagabend sofort in ihren Bann. Die Frau aus Honduras ist erst kurz vorher in Deutschland eingetroffen.

In ihrer mittelamerikanischen Heimat verantwortet sie in der „Comision de Accion Social Menonita“ (CASM), einer Entwicklungshilfeorganisation, nachhaltige Projekte in Landwirtschaft und Mikrounternehmen. Der Evangelische Kirchenkreis Köln-Mitte unterhält seit Ende 2015 eine Partnerschaft mit der CASM, einer Dachorganisition verschiedener Initiativen, die sich für die Verbesserung der Lebensumstände in Honduras einsetzen.

Karla Rosario Erazo Vasquez ist nicht alleine gekommen! Auf Einladung des Kirchenkreises Köln-Mitte ist sie derzeit mit Merly Clereth Eguigure Borjas, Cristina del Carmen Alvarado Lara und Ana Raquel Lopez Paz zu Besuch in Köln. Merly Clereth Eguigure Borjas und Cristina del Carmen Alvarado Lara arbeiten in Honduras für die Frauenorganisation „Visitación Padilla“, die sich für Menschenrechte im Allgemeinen und für die Rechte der Frauen im Besonderen einsetzt. Genau für diese Arbeit werden sie ausgezeichnet!

Seit 1982 verleiht der Evangelische Kirchenkreis Köln-Mitte alle zwei Jahre die mit 10.000 Euro dotierte Pfarrer-Georg-Fritze-Gedächtnisgabe an Personen und Gruppen, die sich für Menschen einsetzen, denen Gewalt und Unrecht widerfährt. Georg Fritze (1874-1939) war in Köln Pfarrer an der Kartäuserkirche und ein entschiedener Gegner des Nationalsozialismus. „Visitación Padilla“ macht aufmerksam auf die hohe Zahl der Frauenmorde in Honduras. Die Mitarbeitenden erstellen unabhängige Statistiken über Gewalttaten und Morden an Frauen. Sie setzen sich ein für die Aufklärung von Verbrechen. Dies geschieht oft gegen den Widerstand der Regierung. Honduras ist ein Land mit einer der höchsten Mordraten weltweit. Der Name „Visitación Padilla“ erinnert an die honduranische Frauenrechtlerin gleichen Namens, die von 1884 bis 1960 lebte und Pionierin der feministischen Bewegung in Honduras war.

„Die Regierung unseres Landeskümmert sich nicht um die alltägliche Gewalt gegen Frauen. Wir setzen uns ein für die Rechte der Frauen. Wir rufen auf zu Demonstration, um die Regierung aufzufordern, Gesetze zum Schutz der Frauen zu erlassen“, berichtet  Merly Clereth Eguigure Borjas vom alltäglichen Kampf von „Visitación Padilla“ für die Verbesserung der Lebensumstände in dem mittelamerikanischen Land. Bildungsprogramme von „Visitación Padilla“ sollen Frauen in die Lage versetzen, selbst ihre Menschenrechte einzufordern.

„Die Einladung nach Deutschland hilft uns sehr. Wir können jede Form von Hoffnung und Respekt für unsere Arbeit gebrauchen“, sagte Cristina del Carmen Alvarado Lara. „Wir versuchen, das Leben der Frauen in Honduras zu verändern.“ Aus Sicht der Frauen muss die Gewalt endlich ein Ende haben.

„Viele Frauen haben Krankheitssymptome, die auf Gewalt zurück zu führen sind. Beispielsweise Infektionen. Die Regierung kümmert sich nicht. Da heißt es, gegen Traumata geben wir eine Pille. Dann ist es gut.‘ Aber das reicht natürlich nicht.“ „Visitación Padilla“ unterstützt die Frauen bei ihrem Kampf um ihre Rechte auch bei Gerichtsverfahren und Behördengängen. „Es geht einfach um Respekt gegenüber Frauen und der Menschlichkeit“, fasst  Cristina del Carmen Alvarado Lara am Dienstagabend zusammen. Die vier Frauen sind bei der Klettenberger Familie Rieger-Wettengl und der Familie von Pfarrer Jost Mazuch untergebracht. Sie haben in den kommenden Tagen ein umfangreiches Programm vor sich. Die Gäste besuchen zum Beispiel die Justizvollzugsanstalt in Ossendorf und sprechen mit der Gefängnisseelsorgerin Claudia Malzahn über das Thema „Frauen und Gewalt“. Sie sind zu Gast bei Medica Mondiale und im Weltladen am Mauritiussteinweg.

Aber neben all den ernsten Themen, die es zu besprechen gibt, kommt auch das „Kölsche“ nicht zu kurz. Am Donnerstag geht es zum Konzert der „Bläck Fööss“ in der Nippeser Kulturkirche. Am Freitagabend um 18 Uhr wird Pfarrer Rolf Domning in seiner Funktion als Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Mitte die Pfarrer-Georg-Fritze-Gedächtnisgabe an die Frauenrechts- und Friedensbewegung „Visitación Padilla“ verleihen. Die Laudatio hält Heidemarie Wieczorek-Zeul, ehemalige Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Andreas Wolter, Bürgermeister der Stadt Köln, wird ein Grußwort sprechen. Die musikalische Gestaltung übernimmt der Chor des Vereins Colombina Colonia e.V. „CC Voices“.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann